Dienstag, 15. April 2025

Marios Bericht vom Folk Club Nr. 156 am 4. April 2025

 Wenn die Elisabeth…………

Frauen an sich, aber speziell Frauennamen sind seit jeher ein Quell der Liedschöpfung – so auch im Folk Club Bonn, denn das Thema des 156sten Abends war – Frauennamen. Nun konnte man davon ausgehen, dass etwa 50% des Publikums ihren eigenen Namen zu diesem Thema beitragen konnten, aber ganz so lang war der Abend denn doch nicht. Ob die englische Bezeichnung für Frauen auch schon als Name gilt? Ich weiß es nicht, aber unser Zeremonienmeister John Harrison eröffnete den Reigen wie immer mit einem erwarteten Ruf „Laaaadiieees an Gentlemen, Mesdames et Messieurs……“. Nach Einkehren der nötigen Ruhe beließ er es aber nicht bei den Ladies, sondern widmete sich einer ganz besonderen Lady – nämlich „Alberta, Alberta“. So der Titel des Blues über eine Frau, die zwar angesungen wird, jedoch gar nicht da ist, oder war? Der Text erklärt das nicht genau, aber, wie beim Blues üblich, freut sich der Sänger nicht, sondern ist traurig – also gehe ich davon aus, dass Alberta immer noch nicht wieder da ist. Auch traurig gewesen ist „Zeppelina“, die als brütende Ente vor dem Krawall einer Rhein-in-Flammen-Nacht geflohen ist und auf Johns Balkon Zuflucht gesucht hat. Dort legte sie ein Ei nach dem anderen und sorgte – hoffentlich wieder fröhlich – für neue Enten. Mit dem „Green Man“ beendete John seinen Eröffnungsgig und wies damit gleichzeitig darauf hin, dass der Frühling die Natur fest im Griff hat und der Green Man alles aus dem Winterschlaf weckt. Bliebe noch zu erwähnen, dass John sehr professionell von Christoph Thiebes auf der Mundharmonika begleitet wurde und auch die zweite Hälfte des Abends eröffnete – leider etwas gezwungenermaßen, denn unser Hauspoet Wolfgang Schriefer war leider erkrankt. John bot sich an, dessen Gedicht „Ode an Brigitte“ vorzutragen. Und weil er das gut kann, schob John direkt noch ein Gedicht von Lord George Gordon Noel Byron über den Drachenfels hinterher - „The Castled Crag Of Drachenfels“. Wahrscheinlich war es ein weiblicher Drachen – wegen der Frauennamen:-)

Aber zurück in die erste Hälfte, wo jetzt das à capella Quintett Pentarmony aus dem Westerwald die Bühne erklomm. In wunderbar anzuhörendem, mehrstimmigem Gesang brachten sie dem Publikum zuerst den Song “Can’t Help Falling In Love With You“ zu Gemüte. Der Applaus zeigte dem Chor, wie gut sie es gemacht haben. Und dass der erste Song immer auch noch ein Einsingen ist, bewiesen die Pentarmonies, indem das zweite Lied „Ebony and Ivory“ noch schöner wurde. (Ebony und Ivory sind übrigens Frauennamen). Abwechselnd stellten sich in diesem Lied die Stimmen mit kurzen Solopassagen vor, um dann wieder in die Gemeinschaft der Mehrstimmigkeit einzutauchen. Ja hier wurde gezeigt, dass Katrin Waldraff, Alex Haag, Sonja Daniels, Jutta Spielmann und Edgar Kind nicht nur wissen was sie tun, sondern dies auch können. Den Abschluss ihres fulminanten Auftrittes machten sie mit dem Lied „Words“ von der Real Group. Muss ich noch viel darüber sagen? Wer sich an ein doch recht schwieriges Stück wagt und tosenden Applaus bekommt – nun der hat seine Sache gut gemacht.

Dem nächsten Künstler scheint sein Rentnerdasein gut zu tun, denn, nach meiner unmaßgeblichen Meinung, wird er von Mal zu Mal besser – und das soll etwas heißen, startete er doch bereits mit einem hohen musikalischen Niveau in eben diesen Lebensabschnitt. Hans Ihnen brachte viele Frauennamen mit auf die Bühne. „Annie’s Song“ von John Denver beschreibt die Sehnsucht eben jenes Mannes nach seiner Annie, an die er mit allen Sinnen denkt, sie mit allen Sinnen fühlt und mit der er auf ewig zusammen bleiben will. Auch „Suzanne“ beschreibt eine eigene Art der Sehnsucht, die gleichzeitig in die Ferne ruft und doch an einem Platz auf die verschiedenen, vorbeieilenden Elemente der Natur lauscht. Nun bei Leonard Cohen Songs kann bekanntlich jeder seinen eigenen Sinn hineininterpretieren, und Hans hat es sehr schön geschafft das Publikum eben hierzu aufzufordern. Nun wurden die sechs Saiten zur Seite gelegt und viele Tasten (schwarze und weiße) hervorgeholt – also durch Öffnen des Klavierdeckels. „Hey Jude“ erklang nun nicht nur von Hans, sondern porte pedes vom gesamten Publikum. Gott sei Dank hat sich Hans trotz der tollen Interpretation nicht in die vielen Frauen(namen) verloren, sondern kehrte mit gehörig gefülltem Applaus Säckel zu seiner Birgit zurück.

Und nun stand ein jugendlich wirkender, immer fröhlicher Mann auf der Bühne, der, wie er selbst erzählte, schon vor seinem Auftritt vom Publikum „geschimpft“ worden war. Johannes Epremian – angekündigt als Featured Artist, der auch mal seine gitarren-begleitete Musik vorstellen wollte, hatte tatsächlich keine Geige dabei. Was einige schon in die Nähe von Blasphemie brachten, freute mich, denn ich kannte bereits einige Stücke, die er auf der Gitarre begleitete und finde diese Art der Interpretation herrlich – insbesondere in einem akustischen Umfeld wie dem Folk Club. Und Johannes erfüllte nicht nur meine Erwartungen, sondern übertraf diese. Ob bekannte Le Clou Songs wie „Corsaires Du Soleil“, „De France En Amérique“ oder „Petite Etoile“, Stücke von seinem Trio Austin, Weller, Epremian wie „Vers Le Ciel“ oder Cover Songs von Tom Paxton „Leaving London“, von Jackson C. Franck „Blues Run The Game“ und von Don McLean „Vincent“ oder allseits bekannte, schon als Traditional geltende Stücke wie „Lisa Jane“ und „Jambalaya“ – Johannes schaffte es, etwas Neues, etwas Eigenes daraus zu machen. Mit klarer Intonation der Stimme, mit einfachen, aber enorm wirkungsvollen Begleitriffs führt er das Publikum in eine Welt, die den Alltag vergessen lässt. Und selbst wenn der Text plötzlich nicht mehr da ist, schafft Johannes es, dies mit extrem freundlichen Kommentaren so zu überspielen, dass jeder denkt, es gehöre dazu. Für mich war Johannes an diesem Abend wieder ein Hochgenuss.

Nun bin ich mit Johannes schon wieder in die zweite Hälfte gesprungen und diesmal bleibe ich auch dort. Wie bereits geschrieben, wurde eben diese von John Harrison und zwei Gedichten eröffnet. Danach stellte John uns Evgeniy Nesterenko vor, der zwei sehr schöne Lieder aus der Ukraine zum Besten brachte – und zum Besten darf wörtlich genommen werden. Evgeny hat nach eigenen Aussagen seit 10 Jahren nicht mehr gesungen – aber dafür im Folk Club Bonn umso schöner. Leider kann ich euch die Namen der Lieder nicht mitgeben, da sie entweder nicht genannt wurden oder mein Ukrainisch nicht ausgereicht hat, sie zu verstehen. Ich war auf alle Fälle gerührt ob der den Liedern innewohnenden Melancholie – leider denken wir in diesen Zeiten bei ukrainischen Lieder immer auch an den schrecklichen Krieg in diesem Land. Ich bin sehr froh, dass durch solche Auftritte immer wieder gezeigt wird, dass es nicht ein anonymer Krieg ist, sondern dass Menschen betroffen sind, die genauso wie wir der Musik und dem Schönen verbunden sind. Hoffen wir gemeinsam, dass bald endlich Schluss ist mit diesem Irrsinn.

Moustafa Osh & Saico Balde haben wir bereits im Folk Club im Februar kennengelernt, und diese beiden mit Rhythmus in jeder Körperpore und unbändiger Lebensfreude ausgestatteten Musiker mussten natürlich schnell wiederkommen. Sie taten es (Wir sind wieder hier – so die Begrüßung des Publikums durch Moustafa) und brachten mit der afrikanischen Musik den Saal fast zum Kochen. Wie viele afrikanische Lieder, die vom Rhythmus leben, war auch das erste dargebrachte Lied „Kizomba“ sehr lang – aber das Publikum hat es nicht gemerkt, da Moustafa es nach eigener Aussage gekürzt hat, damit der Abend nicht zu spät beendet wird. Mit „Zambe“ lernte das Publikum ein neues Friedenslied kennen – hier hatte Moustafa sehr viele Friedenswünsche auszusprechen, so dass die gekürzte Zeit von Kizomba gut genutzt wurde. Dann wurde es sportlich. Frei nach dem Motto „Wenn die Künstler arbeiten, soll das Publikum auch etwas tun“, forderte Moustafa sie Zuhörerschaft auf, sich zu erheben und zu seinem Lied „Zimbole“ einige Turnübungen zu absolvieren. Ein immer wieder schöner Spaß, der auch hilft, einen schwierigen Refrain schnell zu erlernen.

 Gerd Schinkel brauche ich nicht vorzustellen, jeder kennt ihn, und wie es eine seiner Eigenschaften ist, erinnert er bei aktuellen Anlässen gerne und passend an verstorbene Künstler. Am 16. März ist der Musiker Jesse Colin Young verstorben, und Gerd huldigte ihm mit seinem Lied „Get Together“ für das Gerd einen deutschen Text geschrieben hat. Ich finde es gut an die Künstler zu erinnern, und oftmals finden viele Zuhörer dadurch auch neue Hörimpulse. Danke Gerd.

Einer geht noch – auch beim Folk Club und dieser Eine war Daniel Habermann. Daniel war zum ersten Mal im Folk Club und das mit einer super Ausstrahlung und schöner Musik. Mit einem eigenen Stück, welches er vor mehreren Jahren einer anwesenden Frau (Anja) geschrieben hat, begann er den Reigen. Auch wenn das Stück „Bookcovers“ heißt, erfüllte es mit eben diesem Hinweis dann auch die Einordnung in das Tagesthema Frauennamen. Mit „Masters Of War“ von Bob Dylan zeigte Daniel, dass er auch sehr gut Cover präsentieren kann. Seinen Abschluss machte Daniel wieder mit einem eigenen Lied. „Vital Questions 2“ ist, wie der Name schon vermuten lässt, eine Fortsetzung von Vital Questions. Also, die wichtigen Fragen nehmen für Daniel wohl einen inzwischen gewichtigen Zeitanteil in seinem Leben ein. Ich gebe es zu – das anfänglich sehr positive Gefühl zum Lied wurde (bei mir) durch die Länge ein klein wenig getrübt. Aber erstens ist das Geschmackssache und zweitens entschädigte der Gesamtvortrag zur Genüge.

Tja, da ich Johannes Epremians zweiten Gigteil bereits beschrieben habe, ist jetzt Schluss – oder? Natürlich nicht, denn wie immer gab es den gemeinsamen Lobgesang auf unseren Patron „Jock Stewart“. Und Schluss ist noch lange nicht – nur eine Pause – bis zum 2. Mai 2025. Dann wird es wieder heißen „Laaaaadddiieeees…………“

Out of the bedroom und rein ins Folk Club Vergnügen

Euer Mario

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