Samstag, 10. November 2012

Detlefs Bericht über den Folk Club Nr. 31


Folk Club (Nr. 31) im November 2012 – Beste Stimmung mit hochklassiger Musik
Wie immer ist der Chronist beim Bericht erstaunt darüber, wie viele Menschen sich vom Konzept des Folk Clubs begeistern und anlocken lassen. Es ist zu hoffen, dass seine kindliche Begeisterungsfähigkeit für das nicht Alltägliche ungebrochen bleibt und dass er sich vielleicht auch noch nach dem 60. oder wer-weiß-wievielten Folk Club fasziniert über den Erfolg des doch so einfachen Konzepts freut. Immerhin, auch ein Allerheiligen-Brückentag bot kein Hindernis: Die Bude war brechend voll, noch voller war die Erwartung  des Publikums und sie wurde nicht enttäuscht.

Master John Harrison, diesmal ganz elegant mit Sakko und hellem Hut, sorgte wie immer für den nötigen Warm up mit einigen Schmankerln aus der Blues-Szene  selbst begleitet auf seiner tonmächtigen Dobro-Gitarre. „Troubled in Mind“ lautete der Titel des leicht melancholischen Liedes von Richard Marigny Jones aus dem Jahr 1924. Das ursprünglich für Pianobegleitung komponierte Lied hat unzählige Interpreten zu außerordentlich unterschiedlichen Interpretationen inspiriert und Johns Version gefiel uns sehr. Immerhin hat das Lied auch einen tröstlichen Aspekt: „Cause I know the sun's gonna shine in my back door some day“ lautet eine Zeile. Beim „32-20 Blues“ vom Altmeister Robert Johnson aus dem Jahre 1936 wurde es eher gefährlich. John erläuterte – ein bisschen Weiterbildung gehört ja bekanntlich zum Konzept des Folk Clubs – dass beim Blues per se ein Revolver oder ein Gewehr im Hintergrund lauere. Aber bei diesem Lied sei gleich ein ganzes Arsenal angesprochen. Wie so oft geht es um enttäuschte Liebe, und das Problem geht man – ganz amerikanisch – mit der Waffe an. Wie dem auch sei und solle, das Stück ist einfach gut und speziell, wenn es von einem Kenner und Könner wie John vorgetragen wird. Etwas glatter kam danach der „St Louis Blues“ daher, ein Stück, das im Zweiten Weltkrieg Glenn Miller als Vorlage für seinen berühmten St. Louis Blues March diente. John erläuterte, dass dieses Stück zahlreiche dem Blues fremde Stilelemente enthalte, aber erstmals den Begriff „Blues“ in seinem Titel geführt habe.
Eher in die Welt des Jazz entführten uns danach Faber & Feels, Anderen auch bekannt als Jenny M. und Volker S.. Gleich mit dem ersten Stück „Mad World“ trumpften sie mit ihren ganze Klasse auf – Jenny mit ihrer schönen, tragenden und variablen Stimme und Volker brillant am Klavier und als kongenialer Begleitsänger. Jenny war Vielen bereits vom vorigen Folk Club bekannt. Im Oktober hatte sie mit ihren Gesangskolleginnen Elena und Ulrike Begeisterungsstürme mit ihren A Capella-Stücken ausgelöst. Die nächsten Lieder waren die den Meisten sicherlich weniger bekannt: Auf „Every Day“ von Eva Jagun folgte „Be Still my Heart, my Heart be Still“ von Silje Nergaard. Mit „Get Here“ von Brenda Russel, auch bekannt in der Interpretation von Oleta Adams, präsentierten die beiden mit Bravour ein weiteres Lied aus der Szene des gesungenen Jazz. Ja, und dann gab es als Zugabe noch einen Klassiker des Folk von Joni Mitchell, nämlich „Both Sides Now“. Das schöne Lied mit dem verwirrenden Text (“Bows and flows of angel hair, and icecream castles in the air, and feather canyons everywhere, I've looked at clouds that way”) hatten wir bereits beim vorigen Folk Club von Alvaro Arango gehört. Aber Jennys Bedenken wegen der Dublette waren völlig unbegründet. Das Publikum schenkte ihr und Volker für ihre schönen Interpretationen der Lieder einen begeisterten Applaus.
Bert Kerstin und seine Freunde lautete die Ankündigung für die nächste Gruppe, die sich als kleiner Chor entpuppte. Neun Sänger unterstützt von Klavier, Gitarre, Trommel und Rassel zündeten ein wahres Tonfeuerwerk auf der Bühne. Erst einmal wurde das Publikum aus seiner passiven Rolle geholt, und mit den miteinander verbundenen Gospel-Klassikern „Rock My Soul – Go, Tell it to the Mountains – He’s Got the Whole World in His Hand“ kam Leben in die Zuhörer. „O Island in the Sun“ von Harry Belafonte klang wunderbar rund und voll, und natürlich sang auch hierbei das Publikum kräftig mit. Auch „Mein kleiner grüner Kaktus“ machte viel Freude. Hoffentlich kommen Bert und seine Freunde bald wieder.
Großartige Musik folgte mit den Beiträgen unserer heutigen Special Guests Naomi Paget und Charlie Evans aus London. Light Falls Forward nennen sie sich, und ihr Licht fiel tatsächlich bereits voraus und war sicherlich auch einer der Gründe für den ausnehmend guten Besuch. Die Hoffnung auf neue Stücke nach ihrem umjubelten Auftritt im Folk Club im April dieses Jahres wurde nicht enttäuscht. „Fallen Snow“ lautete der Titel ihres ersten Beitrages aus neuer Produktion, bei dem Naomi noch mit ein wenig verhaltener Stimme sang. „Hope“, ebenfalls ein neues, wunderbar lyrisches Lied über die Hoffnung („We Are Supposed to be Strong“), wurde von Charlie gesungen und bot berückend harmonische Passagen mit herrlichen zweistimmigen Einlagen. Mit jetzt deutlich kräftigerer und zupackenderer Stimme sang Naomi als nächstes „This is it“. Neben ihren poetischen Eigenkompositionen mit überraschenden Harmonien und ruhigen, fast sphärischen Melodieverläufen wagten die beiden sich auch an die Interpretation von Liedern anderer Folk-Größen. „Old Man“ aus dem berühmten Album „Harvest“ von Neil Young ist sicherlich ein Brocken, der nicht so einfach zu stemmen ist. Naomi und Charlie hingegen gaben dem eigenwilligen Lied mit dem vieldeutigen Text eine wunderbar persönliche Note und blieben doch nahe bei der Aufführungsweise von Neil Young, ohne sie zu plagiieren. Ganz besonders apart klang dabei Naomis Klavierbegleitung – einfach begeisternd! Ein weiteres Lied aus der aktuellen Produktion der beiden war „Weight of the World“. Charlie sang mit seiner schönen, tragenden Stimme das Lied mit der tröstlichen und ermunternden Botschaft: „Jeder Schritt, den wir auf dieser Erde machen, hinterlässt Spuren von unserer Existenz“. Etwas bedrückend war der Text des Liedes „One by One“ über die abartige Situation in der Londoner U-Bahn, wenn die Menschen morgens dichtgedrängt und geistig völlig abwesend wie Zombies zur Arbeit fahren. „Another Language“ lautet der Titel eines weiteren Cover-Liedes, das von der Kraft der Worte handelt („Words are the brush with which I paint“), Das Liebeslied „It Can’t be Easy“, und die Zugabe „Green Eyed“ sind weiter Neuproduktionen aus eigener Feder.
Aber auch die älteren Lieder kamen zu ihrem Recht: „Little Things“, „Right From the Start“, „So What“, „Here and Now“ und ganz besonders mein Lieblingslied „Weather The Storm“ sind für mich schon Klassiker und ich hoffe, dass all diejenigen, die CDs gekauft haben, die Musik der beiden recht oft hören. „Beautiful simplicity“ lautete Johns kurzer und prägnanter Kommentar zur Musik von Light Falls Forward, und er hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen.
Der Auftritt von Barry Roshto und seiner Tochter Emily musste wegen Emilys Erkrankung auf den nächsten Folk Club verschoben werden (hoffentlich wird’s was). Aber Barry konnte sich dennoch nicht der Attacken einiger Sangesbegeisterter erwehren und so startete er u.a. zusammen mit Claudia Huismann („Meoneo“) nach der Pause eine kleine Session. „You Got a Friend” von Carol King war eine schöne Einstimmung auf den zweiten Teil des Abends.
Etwas besorgt, dass er überhaupt gehört wurde, äußerte sich Ralf Klein vor seinem Auftritt. Aber als die ersten seiner kunstvollen Gitarrenakkorde erklangen, wurde es im Saal sofort mucksmäuschenstill – eine perfekte Situation für Ralfs Intrumentalauftritt. Bei „Vals Venezolano“ von Antonio Lauro konnte Ralf seine Gitarrenkunst voll ausspielen, ein Genuss. Bekannter für Viele war das Stück „Romanza Española („Jeux Interdits“). „Cuban Dance“ lautete der Titel eines Stückes, das vermutlich von dem ukrainischen Komponisten Anatolij Beldinskij stammt und von dem auch eine außerordentlich schöne Version für zwei Gitarren existiert. Vielleicht gibt es ja mal einen Duo-Auftritt mit dieser Melodie. Den Abschluss seines umjubelten Auftritts machte Ralf mit einer Eigenbearbeitung der technisch überaus schwierigen Komposition von Isaac Albéniz „Asturias“, auch bekannt als „Leyenda“ – bitte bald mehr davon!
Nach langer Folk Club-Abstinenz gab sich auch Mario Dompke wieder die Ehre und beglückte uns in bester Liedermacher-Manier mit seinen poetischen Eigenkompositionen in deutscher Sprache. „Schau mir in die Augen, Kleines“ war keine Reminiszenz an Casablanca sondern ein gefühlvolles Lied für jemanden, der eine schwere Krankheit mit viel Willen und Zuwendung seiner Freunde überwunden hatte. „Ich möchte einmal eine Nacht mit dir weinen“ heißt der Titel eines Liebesliedes und auch ein bissig-witziges Sauflied über Selbsttäuschungsmanöver eines Alkoholikers gehörte zum Programm. Ein ganz besonderes Geschenk hatte Mario für den Folk Club in Form eines speziellen Folk Club-Refrains mit dem Titel „Wenn Freunde sich treffen“ im Gepäck. Lieber Mario, sende uns Noten und Text, damit wir den Refrain möglichst oft spielen und singen können.
Das Finale bildete wie so oft und immer wieder gern unser Rausschmeißer „Jock Stewart“, den die Gemeinde mit Inbrunst und inzwischen (fast) auswendig mitsang.

Zum Abschluss seien noch drei ganz dicke Dankeschöns verteilt: Eines an einen Freund und Gönner, der immer für die richtige "Stimmung" sorgt. Das andere Dankeschön geht an die Thekenbesatzung des Hauses Müllestumpe, die trotz der vielen Besucher und der Enge den Getränke- und Essensnachschub mit Bravour und mit bemerkenswerter akustischer Zurückhaltung absolvierte. Nummer drei gilt unserem aktuellen musikalischen Organisationschef Steven Perry, der ein tolles Programm zusammengestellt hatte und der bereits für den kommenden Folk Club am 7. Dezember Mühe hat, alle Anfragen für Auftritte unterzubringen. Wir dürfen gespannt sein. 
 Auf Wiedersehen am 7. Dezember mit unserem Special Guest Simon Kempston aus Edinburgh.

1 Kommentar:

  1. Well done Detlef... again thanks so much that you can upload it yourself... hast du schon ein Nummer das wir zusammen singen sollen?

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