Sonntag, 23. Juni 2013

Detlefs Bericht vom Folk Club 38 im Juni 2013


Folk Club im Juni 2013 – Ein Sommernachtsmärchen

Bestes Biergartenwetter und musikalische Konkurrenz ohne Ende in Bonn – dennoch zog es wieder viele Begeisterte zum Folk Club in den Müllestumpe. Schon die angekündigten Special Guests waren eine Attraktion. Die Stammbesucher wissen aber, dass auch unangekündigt viele Edelsteine auftauchen. Und sie wurden nicht enttäuscht. Ein wahres Feuerwerk von erwarteten und unerwarteten Glanzlichtern schlug alle in den Bann. 

John Harrison eröffnete wie üblich mit seinem Schlachtruf die Session und stimmte dann mit dem Highland-Klassiker (oder ist es doch ein irisches Lied – die Experten streiten sich) „Wild Mountain Thyme“ die Gemeinde auf den Abend ein. „The Fox Must Die“ lautet der Titel eines Gedichts von John Clare, das John Harrison selbst vertont hat. Dazu passend spielte er anschließend auf der Mundharmonika den „Fox Chase“, ein spektakuläres Instrumental mit eingestreutem Heulen des gejagten Fuchses.

Gut warmgelaufen erhielt das Publikum eine Kostprobe der Musik von Janero del Rosario von den Philippinen. „Amie“ heißt der Titel des Liedes von Damien Rice, das schön gefühlvoll daherkommt. „Even Just a Little“ heißt übersetzt das ein Lied in philippinischer Sprache, das von den unerledigten Dingen handelt. Zum Schluss präsentierte uns Janero ein patriotisches Lied, da ein paar Tage später am 12. Juni der Nationalfeiertag der Philippinen anstand.

Cynthia Nickschas und ihre fünf Mitstreiter waren die Überraschung, die John Harrison dem Publikum präsentierte und die sich als ein wahrer Knüller entpuppte. John hatte Cynthia am Vortage mit ihrer Gitarre in der Godesberger Fußgängerzone gesehen und gehört. Ihre „noch ein paar Leute“, die sie bei ihrer spontanen Zusage für den Folk Club am anderen Tage ankündigte, entpuppten sich als eine professionelle  sechsköpfige Truppe von exzellenten Sängern und Instrumentalisten. Interessanterweise war mit „Doktor“ Stefan Janzik auch ein hervorragender Musiker dabei, der bereits 2010 im Duo „Mike und der Doktor“ im Folk Club mit großem Erfolg aufgetreten war. Cynthia legte jedenfalls ohne große Umschweife mit ihren selbstkomponierten frechen Liedern los, die zum Nachdenken animieren. Mit „Es läuft immer wie du dich fühlst“ ging es los, einem Lied, mit dem sie und ihre Freunde gleich alle in ihren Bann zogen. „Egal wie viel Geld es regnet, wachsen wirst du nicht. Und wenn’s dir mal richtig sch... geht – guck mal nach dem Licht“ lautete der Refrain, der Mut macht. „Set Myself Free“ in englischer Sprache sang sie mit ihrer voluminösen und intonationssicheren Stimme, die wahrlich keinen Verstärker benötigt und die einigen Besuchern gleich Entzückensbemerkungen entlockte. „Die deutsche Zaz!“ war die Bemerkung aus der frankophilen Ecke, und „wie Janis Joplin!“ kam von der anderen Seite. Der Chronist meint: Cynthia ist Cynthia! Im Duett mit Ihrer Freundin Sabrina sang sie ihr nach eigenem Bekunden ältestes Lied mit dem Titel „Kleines bisschen Schicksal“ – eine schöne Ballade, und das Publikum war restlos begeistert. Natürlich durften Cynthia und ihre Freunde nicht ohne eine Zugabe gehen – „Generation Blöd“ lautet der Titel des Liedes, das sich mit der selbstgerechten Kritik der älteren Generation an der angeblichen mangelnden Bildung der jungen Leute auseinandersetzt. „Uns wird vorgeworfen, dass wir nichts auf die Reihe kriegen, aber unsere Ideen werden auch nicht umgesetzt“ kommentierte Cynthias einleitend – Hoffentlich kommt ihr bald wieder zum Folk Club ist der Kommentar des Chronisten!

Noch voll mit den zuvor gehörten fetzigen Liedern stimmten nun Monica, Sabine und Bernd aus Bad Godesberg die Gemeinde zunächst auf dreistimmigen a capella Gesang ein. „Versuch’s mal mit Gemütlichkeit“ – beim bekannten Lied aus dem Dschungelbuch brillierten die drei mit gekonnter Stimmbeherrschung und viel Witz und Charme, ein wahrer Ohrenschmaus. Begleitet von Bernd am Klavier begeisterten die beiden Frauen danach das Publikum mit Rossinis „Katzenduett“, witzig vorgetragen und mit toller Stimmkunst. „Das Kazoo Concerto“ von Mary Donelly war danach der ebenfalls witzige Schlusspunkt eines gelungenen Vortrags. Sabine und Monica, erneut von Bernd am Klavier begleitet, sorgten mit ihren schönen Stimmen und mit den Kazoo-Einlagen für viel Spaß.

Ja, die Special Guests des Abends mussten lange auf ihren Auftritt warten. Das war eigentlich nicht ganz so geplant. Aber bei Folk Club Abenden muss man mit Überraschungen rechnen, und die sind wie auch diesmal fast immer positiv. Irische und schottische Folk Musik ist die Spezialität des Quartetts Currach. Uwe Beyer (Bodhrán, die irische Trommel), Ellen Jeikner (Gitarre, Mandoline und Tin Whistle), Marie-Luise Hartmann (Geige) und Ralf Wackers (Gitarre, irische Bouzuki und Mundharmonika) waren nicht zum ersten Mal im Folk Club zu Gast. Sie haben ein umfangreiches Programm an Gesangs- und Instrumentalstücken, mit dem sie sofort für das richtige Kelten-Feeling sorgen. 

Zum Aufwärmen spielten sie das Kinderlied "Beidh Aonach Amárach (Morgen ist Jahrmarkt)" über einen Dialog  zwischen Mutter und Tochter, das Ellen in irischer Sprache vortrug. Das Mädchen möchte gern zum Jahrmarkt, aber die Mutter lässt es nicht, die Arme!. Nach einem schwungvollen Instrumentalabschnitt mit drei Jigs („Working in the Mill“, „Slieve Russell“ und „Lost and Found“) sang das Quartett das traurige Lied „Cragie Hill“, das davon handelt, dass jemand das Gespräch eines Paares auf der Parkbank belauscht, das sich verabschiedet, weil der Mann aus wirtschaftlicher Not nach Amerika gehen will. Ein weiteres Lied in irischer Sprache („Caide Sin“) sang Ellen danach mit ihrer schönen warmen Stimme. Dass die Musik von Currach auch zum Tanzen geeignet ist, bewiesen die vier mit sogenannten Adros, Tänzen aus der Bretagne, zu denen sich fast der gesamte Saal im Kreis bewegte. Bei einem weiteren Instrumental-Set mit drei Jigs mit den Titeln „Lilting Banshee“ „The Barney Pilgrim“ und "Connaughtman’s Rambles“ kam auch die Tin Whistle zu ihrem Recht. Weniger fröhlich ging es bei einem Lied über den Osteraufstand von 1916 zu („The Foggy Dew“), der ein Meilenstein auf dem Weg zur irischen Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahre 1921 war. 

Als Zugabe bekam das Publikum einen besonderen Ohrwurm mit dem Seemannslied „Farewell to Nova Scotia“ zu hören. Nova Scotia (Neuschottland) liegt zwar als kanadische Provinz in der neuen Welt, war aber anfangs überwiegend – wie der Name schon andeutet – von schottischen Auswanderern besiedelt. In dem Seemannslied verbindet sich das Lebensgefühl der Menschen aus Ländern, in denen der Abschied von der Heimat – oftmals für immer – nicht selten ist, und dazu gehört auch Irland. Interessanterweise gehört das Lied zum Repertoire der kanadischen Band „The Irish Rovers“. Riesenapplaus für Currach, die mit ihren schönen Liedern, ihrem Gesang und  ihren professionell gespielten Instrumenten begeisterten.

Was wäre ein Folk Club ohne die Mitwirkung des Publikums? Unser alter Gefolgsmann Günter Peters hatte ein selbstgeschriebenes Lied auf die Melodie von Beethovens Ode an die Freude mitgebracht, das die Freude über die Musik besingt.  Zusammen mit  Günters Begleitung am Klavier war das ein großer Spaß für alle .

Steve Perry und Benedict Steilmann, der im März sein Debüt im Folk Club gegeben hatte, formten diesmal ein super harmonierendes Duo, taten einen tiefen Griff in die Country-Kiste und holten einige Knüller heraus: „Dim Lights, Thick Smoke and Loud, Loud Music“ lautet der Klassiker von Joe Maphis aus dem Jahre 1953. Es ist schon ein Wunder, dass ein Lied  mit solchem Text heute noch in geschlossenen Sälen gesungen werden darf. Wer weiß, wohin uns die Bevormundungspolitik und der politische Korrektkeitswahn noch führen wird. Aber zu früh gefreut über die gute alte Zeit: Das Lied hat einen erhobenen Zeigefinger hoch drei: Es handelt von einer liederlichen Frau, die sich nicht in ein Leben als fürsorgliche Ehefrau und Mutter einbringt, sondern sich lieber in Spelunken mit Kerlen herumtreibt. Der Schlusstext lautet: „Go on and have your fun. You think you've played it smart, I'm sorry for you and your honkytonk heart”. Auch „Sunday Morning Coming Down“ von Kris Kristofferson handelt von jemandem, der nicht wirklich nach den Vorschriften der Korrektheit lebt: “Well, I woke up Sunday morning with no way to hold my head that didn't hurt, and the beer I had for breakfast wasn't bad so I had one more for desert” lautet der Einstieg. Nach dem herrlichen Schmalzlied “Silver haired Daddy of Mine“ von Gene Autry aus dem Jahre 1931, sangen die beiden noch ein Zugabestück: „My Grandfather’s Clock“ von Henry Clay Work aus dem Jahre 1876 über die geheimnisvolle Standuhr, die das komplette Leben des Großvaters begleitet und bei seinem Tod für immer stehen bleibt. Großer Applaus für Benedict und Steve!

Gerd Schweizer hatte eigentlich bereits beim Folk Club im Mai spielen wollen und holte seinen Auftritt jetzt mit Liedern von Reinhard Mey (anstelle von Mai-Liedern) nach. „Keine ruhige Minute“ ist die Hymne an das Neugeborene, das die frischgebackenen Eltern ebenso verzaubert wie auf Trab hält. „Heute noch“ schwärmt von den Wundern des Jetzt, und das „Lied von der Spieluhr“ preist die Liebe, die die Haltbarkeit einer Spieluhr überdauert – „überliebt“. Bei Gerds schön vorgetragenen Liedern zeigte sich auch die spezielle Qualität des Folk Club Publikums: Wenn die Musik etwas leiser und delikater ist, kann man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören. Der Applaus war aber alles andere als zurückhaltend – vielen Dank an Gerd!

Nach dem obligatorischen gemeinsam gesungenen „Jock Stuart“ als Rausschmeißer war der Vorrat an Glückshormonen wieder aufgefüllt. 

Auf Wiedersehen am 5. Juli mit unserem Special Guest Simon Wahl. Auch das übrige Programm verspricht wieder viel Freude. Unter anderem sind geplant: Elena Fricke zusammen mit Steve Perry, Barry Roshto mit seiner Tochter Emily, Lothar Heinrich, Richard Limbert und ferner Thomas Bandholtz, G. W. Stiller und Freunde von den „Verstaubten Instrumenten“ (jetzt aber entstaubt) aus dem Feuerschlösschen in Bad Honnef.

Sonntag, 9. Juni 2013

Detlefs Bilder vom Folk Club 38 im Juni 2013

Eine Stärkung vor dem Auftritt

John Harrison bei den wichtigen Ankündigungen


His Excellency very relaxed

Janeiro del Rosario von den Philippinen

Cynthia und ihre Band

Stefan Janzik alias der Doktor

Sabrina
Cynthia in voller Aktion

Cynthias Band komplett




Monica, Sabine und Bernd aus Bad Godesberg

Uwe Beyer und Bernd P. Wackers

Ellen D. Jeikner

Marie-Luise Hartmann


Der Kongress tanzt


Currach komplett

Benedict Steilmann und Steve Perry

Gerd Schweizer
Steve und Barry beim Afterglow