Donnerstag, 31. Dezember 2015

Detlefs Bericht vom Folk Club Nr. 64 am 4. Dezember 2015


Folk Club Nr. 64 am 4. Dezember 2015 – Scheiden und Trennung

Ja, Scheiden und Trennung, das ist ein gutes Thema für einen Folk Club Abend, sind doch die schmerzlichen Erfahrungen ohnehin die besten und ergiebigsten Initialzündungen für Musikstücke. Lieder in Moll gehen nun einmal tiefer unter die Haut als die in zackigen Durtonarten.
Um uns das Scheiden aus dem alten Jahr zu versüßen, hatte sich ferner erneut Simon Kempston aus Edinburgh angesagt – mittlerweile schon eine sehr schöne Tradition.
John Harrison startete den Abend mit einem Klassiker, den er a capella vortrug: „Close the Coalhouse Door“ von Alex Glasgow besingt den heftigsten aller Abschiede, den Tod. In dem Lied geht es um die Gefahren und die vielen Blutopfer, die mit dem Bergbau verbunden sind. Das Lied erinnert unter anderem an das Unglück von Aberfan in Wales im Jahre 1966, als eine Abraumhalde eines Kohlebergwerks durch heftigen Regen ins Rutschen geriet und eine Grundschule unter sich begrub. 116 Kinder und 28 Erwachsene fanden den Tod.
Hierzulande wenig bekannt ist eine Begebenheit aus dem englischen Bürgerkrieg im Jahre 1649, die mit dem Lied „The World Turned Upside Down“ von Leon Rosselson. Dabei ging es um die „Levellers and Diggers“, eine vordemokratische Bewegung in England, die Land besetzten und in allgemeine Nutzung nahmen. Oliver Cromwell machte dieser anarchistischen Bewegung 1649 den Garaus.
Noch einmal um Abschied geht es bei dem Lied „Goodnight Irene“ von Huddy William Ledbetter, besser bekannt als „Leadbelly“. Das Lied wurde von zahllosen Berühmtheiten gesungen und gespielt. John befindet sich in sehr guter Gesellschaft.
Etwas Außergewöhnliches präsentierte uns Gert Müller (extra mit „t“ geschrieben, also nicht der Bomber der Nation und auch nicht unser Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Gert ist schlicht e bönnsche Jung und Kollege von Steven Perry in der Crew, die die tolle Rock’n’Rollator Show aufführt. Die Geburtsgeschichte des Herrn mal anders vorgetragen, nämlich in witziger Reimform („dat schöne Marie un dä Zimmermann Jupp“) un op Bönnsch Plaat, das begeisterte das Publikum. Bravo Gert, dat häste super vüürjedrage!
Gerd Schinkel und GW Spiller holten uns danach gleich wieder in die Aktualität zurück (die irgendwie ja auch mit dem Gedicht von zuvor zu tun hat). Das Thema ihres Liedes waren die schrecklichen Ereignisse von Paris. Das Lied war Musik als Ausdruck machtloser Wut aber auch Musik, die trösten soll.
Emi und Noah kommen aus dem Dunstkreis von Ursel Quint, die an der Bonner Musikschule Klavier unterrichtet (und ganz nebenbei zusammen mit unserem Gefolgsmann Barry Roshto abgefahrene Klangprojekte konzipiert und aufführt). Zu Noahs Klavierbegleitung ließ Emi ihre tolle Singstimme hören und präsentierte drei Lieder von Birdy (bzw. Lieder, die durch Birdys Interpretation bekannt geworden sind): „Shelter“, „People, Help the People“ und „Skinny Love“. Die Lieder von Birdy scheinen offenbar viel jüngere Sängerinnen zu inspirieren, denn im Folk Club waren sie nicht zum ersten Mal zu hören. Emis Interpretation sorgte aber für begeisterten Applaus. Vielleicht hat das Folk Club Publikum ja einmal wieder das Vergnügen.
Ein alter Bekannter im Folk Club ist Christian Schuster, der uns schon oft unter anderem mit rumänischen Liedern begeistert hat. Seine Wahl für sein erstes Lied an diesen Abend fiel aber auf das Lied „The Thrill is Gone“ von Altmeister B.B. King. Mit gekonnter Gitarrenbegleitung sang Christian diesen Bluesklassiker (mit zum Thema des Abends passendem Text). Christians Stimme ist zwar nicht sehr laut, aber er singt und spielt wunderbar stimmig. Das Publikum dankt ihm mit dafür mit aufmerksamer Stille – eine wunderbare Atmosphäre! Weitere Lieder von Christian waren „Home“ von Michael Bublé und „Let her Go“ von Passenger nicht minder passend zum Thema und ebenso herrlich vorgetragen.
Simon Kempston aus Edinburgh hält dem Folk Club seit Jahren die Treue und stellt alljährlich seine neuesten Kompositionen vor. An diesem Tage war gerade in direkter Autofahrt durch die Nacht aus Sheffield in England angereist. Von den Strapazen der Reise war ihm allerdings nichts anzumerken. Sein erstes Lied hieß „Tell Me What True Love Is“ Simon hatte ganz gegen seine Gewohnheit hierfür die normale Gitarrenstimmung gewählt. Aus seinem neuen Album „The Last Car“ präsentierte er das Lied „The Consequences of a Kiss“, dem er ein instrumental gespieltes Gitarrenstück, einen „Jam“ vorangehen ließ. „Flotterstone Jam“ heißt das Stück, nach dem Pub außerhalb von Edinburgh, in dem das Stück entstanden ist.
Auf Simons Frage nach der hässlichsten Stadt Deutschlands nannte das Publikum viele Orte, Cottbus war allerdings nicht dabei. Vielleicht war von den Zuhörern noch nie jemand in dieser Stadt gewesen. Offenbar hatte Simon hier die Kulmination hässlicher deutscher Städte lokalisiert. Somit nannte er seine Heimatstadt Dundee das Cottbus von Schottland. In Dundee war aber nicht der Krieg und hässliche Nachkriegsarchitektur sondern ein chaotisch verlaufendes Stadtentwicklungsprojekt ohne Kriegseinfluss schuld an einer nun verkorksten Stadt. „A City Beautiful“ ist Simons satirisch, wehmütiger musikalischer Beitrag zu dieser Entwicklung. Mit einer sphärisch schwebenden Melodie begleitet Simon seine Ballade über den gescheiterten Stadtentwicklungsplan.
„Hot Lady in My Bedroom, I Need a Whisky“ – welcher Mann wünschte sich das nicht – ist der Titel eines zarten Instrumentalstückes, dessen Melodie Simon mit dem Ringfinger spielt und mit der übrigen Hand kunstvoll begleitet – berückend! „Down From the Dock“ besingt das Schicksal zweier Krimineller aus Edinburg, die wegen der Feigheit des Einen letztendlich gefasst werden.
Ebenfalls eine Geschichte über das Scheitern erzählt das Lied „She Saw it Coming“ über einen berühmten französischen Rugbyspieler, der sich nicht mit dem Leben in Berühmtheit einrichten konnte und letztendlich unter Alkoholeinfluss seine Frau erschoss. „You And I Must Remember Them“, ebenfalls aus dem jüngsten Album, erzählt über die Trauer der Hinterbliebenen der Opfer einer Explosion auf einer Ölbohrinsel. Die Stimmung wird wunderbar durch die immer wiederkehrenden Tonartwechsel wiedergegeben. Weitere Stücke waren „Underdog Soldier“ und „Ladies Lookout“. Zum Schluss seines Auftritts wartete Simon noch mit zwei wunderbar gespielten und gesungenen Coversongs auf: „I Can’t Turn Back the Years“ von Phil Collins und „Caledonia“ von Dougie McLean – Riesenapplaus für eine beeindruckende und bewegende Darbietung.
Simons wortgewaltige Lyrik kombiniert mit genialen Kompositionen, virtuosem Gitarrenspiel und grandioser Stimmbeherrschung machen ihn zu einem wirklich großen Musiker dieser Tage. Wir können uns glücklich schätzen, ihn mittlerweile zum Freundeskreis zu zählen.
Zwischen Simons zwei Auftritten gab es aber noch Weiteres zu hören: Nach der Pause heizten John Harrison, Mario Dompke, Steve Perry und Barry Roshto der Gemeinde mit dem Klassiker „Good King Wenzeslas“ ein, bei dem Steve grandios einen Dudelsack imitierte – herrlich.
Jutta Mensing steuerte a capella ein stimmungsvolles Lied in Plattdeutscher Sprache aus Ihrer norddeutschen Heimat bei. "Ik wullt wi weern noch klein, Jehann" besingt die Sehnsucht nach einer scheinbar heilen Welt der Kindheit.
Karin Schüler und Thomas Neuhalfen interpretierten Katie Meluas trauriges Lied „It’s Only Pain“ mit viel Bravour.
Als „Mikado“ präsentierten sich Thomas Bandholz, Steve Perry, Barbara Kloep und GW Spiller und machten mit ihren Liedern dem Thema des Abends alle Ehre: „One More Cup of Coffee“ von Bob Dylan – wie könnte die Situation des Scheidens nach einer Nacht mit einer schönen Frau, die jedoch nicht liebt, stimmungsvoller besungen werden. „Bye, Bye Love“ von den Everly Brothers hätte an diesem Abend nicht fehlen dürfen, und zu Lou Reeds „Good Night Ladies“ passte GW Spillers Tuba mit ihrem sonoren Bassklang wunderbar.
Mit einigen Liedern, die zum Thema des Abends und zur aktuellen Völkerwanderung passt, gingen Mario Dompke und Uta Schäfer auf die Bühne. „Ein stolzes Schiff“ ist der Titel eines Liedes, dessen Text Heinrich Schacht Mitte des 19. Jahrhunderts im Blick auf die Auswanderer schrieb, die wegen wirtschaftlicher Not oder auch politischen Drucks in die Neue Welt emigrierten. Die Melodie stammt von Erich Schmeckenbecher, einem Mitglied der Gruppe Zupfgeigenhansel. Mario hat das Lied auf die aktuelle Situation der Flüchtlingsströme umgetextet. Nicht umgetextet, aber noch immer aktuell ist das bittere Lied mit den Worten von Theodor Kramer aus dem Jahr 1938 „Andre, die das Land sosehr nicht liebten“. Das Lied mit der Melodie von Zupfgeigenhansel beschreibt die seelische Not dessen, der um der eigenen Sicherheit willen besser ins Ausland ginge, es aber kaum fertig bringt, seine Wurzeln zu kappen. Der Auftritt der beiden endete mit Marios Kampflied aus eigener Feder „Schließt euch alle zusammen“, bei dem die Gemeinde fleißig mitsang.
Der Abend durfte natürlich nicht zuende gehen ohne das gemeinsam gesungene „Jock Stewart“.
Die letzte Ausgabe des Folk Club Bonn im Jahr 2015 war wieder eine runde Sache mit vielen Glanzlichtern und einer gehörigen Menge an Glückshormonen. Es macht Appetit auf mehr im Neuen Jahr 2016. Auf Wiedersehen am 1. Januar!

Dienstag, 29. Dezember 2015

Detlefs Bilder vom Folk Club 64 am 4. Dezember 2015

Master John Harrison
Gert Müller mit der Geburtsgeschichte Jesu op Bönnsch Plaat



GW Spiller


Gerd Schinkel
Noah
Emi



Christian Schuster
Simon Kempston aus Edinburgh


John, Mario Steve und Barry




Jutta Mensing trägt ein plattdütsches Gedicht vor
Karin Schüler und Thomas Neuhalfen
 


 Mikado alias Thomas Bandholz, Barbara Kloep, Steve Perry und GW Spiller
 

GW Spiller auch mit Tuba





Uta Schäfer und Mario Dompke

Jock Stewart zum Abschluss



Dienstag, 1. Dezember 2015

FCB 63 - through the lens of Sebastian's father

Marios FCB 63 Bericht

Halleluja, Geist und Verkündung, Plastik Jesus und Football Regeln

Frrrraaaaauäääään und Määääännnnnna – so (oder so ähnlich) die deutsche Übersetzung des Schlachtrufes zur Eröffnung eines jedes Folkclubs. Warum übersetze ich unser wohlbekanntes Laaadiies and..... - nun ein paar Stimmen haben mir zugetragen, dass es für nicht english speakende persons in the auditorium teilweise etwas schwer wird der Veranstaltung zu folgen. Aber, Musik ist ja eine universale Sprache, so dass das Wichtigste von allen verstanden wird. Ja und wichtig war das Thema des Abends schon – Gospels und Spirituals. Der Name Gospels wird übrigens bei Wikipedia aus zwei Wortstämmen (oder waren es Möglichkeiten) erklärt. Good spell im Sinne von Evangelium, welches aus dem Altgriechischen übersetzt nichts anderes heißt, als gute Nachricht also good spells :-) ). Womit wir auch schon bei dem zweiten Wortsstamm wären, nämlich dem altenglischen gōdspel, was auch nichts anderes als gute Nachricht heißt. Während ich dies schreibe (genauer gesagt aus Wikipedia abschreibe), habe ich schon ein klein wenig ein schlechtes Gewissen, denn der Aufruf für den Betrieb von Wiki zu spenden ist unübersehbar – und ich nutze es häufig, spende aber selten. Nur noch schlappe 5 Mio. € fehlen.....

Zurück zum Folkclub. Es war im Sinne der guten Nachrichten ein Folkclub der Verbrüderung – neue Musikformationen bildeten sich, jedes Talent wurde genutzt – auch spontan usw. usw. Bereits zu Beginn taten sich John Harrison und Werner Krötz-Vogel zusammen, um „Angel in disguise„ neu zu interpretieren. Zwei Stile, zwei Emotionen und zwei Nationen – das nenne ich good spell. Schon kurz danach eine weitere Vermischung unterschiedlicher Stile. John, noch an der Gitarre, begleitete Britta Bücher's hochprofessionelle Stimmführung in dem Lied „Sweet Georgia Brown„. Gänsehaut pur (ähh, bevor es falsch verstanden wird – ich meine meine Empfindung und nicht ….). Doch John brachte auch noch ein Solostück – nach ihm himself benannt, wurde „John the Revelator„ aufgeführt. Aber war es wirklich ein Solostück? Nein, das Publikum wurde einbezogen wenn es um die Frage nach dem Autor des Buches mit sieben Siegeln ging (das war natürlich John the Revelator). Ich merke, dass ich zuviel Zeit habe vergehen lassen zwischen Folkclub und dem Schreiben dieses Berichtes. Vieles muss ich mir anhand der aufgenommenen Lieder erst wieder ins Gedächtnis rufen. Deshalb seid mir bitte nicht böse, wenn ich nicht jedes Goldstück des Abends mit beschreibe – aber, wer ständig zwischen Juwelen lebt, nimmt diese oft gar nicht mehr wahr – und der Folkclub ist in diesem Sonne tatsächlich ein Juwelierladen. Deshalb, schon bevor ich jemand vergesse, ein riesiges Dankeschön an alle, die immer wieder und unermüdlich zum Gelingen der Abende beitragen.

Auch ist es immer wieder schön, wenn der Zweck der Musik Erfahrungen und Wissen weiterzugeben zum Tragen kommt. So auch beim 63ten Folkclub. Um sein Lied „Dropkick me Jesus„ einzuleiten musste Steve Perry am Waldzither erst einmal die Regeln des American Football Spiels erläutern, dort heißt der Torschuß halt Dropkick und somit das Lied etwa „Bring mich ins Ziel, Jesus„. Verwundert hat mich der Apell, mehr Jesus und weniger Rock'n Roll zu haben (We need a whole lot more of Jesus), weiß doch jeder, dass Jesus der Rock'n Roller und Hippie in einer Person war und nur deshalb kein Motarrad fuhr, weil es das noch nicht gab. Aber als Person des öffentlichen Lebens, kann er es halt auch nicht vermeiden, als Sohn Gottes ein Plastikabbild auf dem Armaturenbrett von Autos zu werden, um die Fahrt zu schützen (plastic Jesus on the dashboard of my car).

Wie ernst dieser Abend war, zeigte sich direkt danach. Während John Hurd Papiertaschentücher zum Auffangen der bald endlos rinnenden Tränen verteilte, erläuterte er, dass er nun das traurigste Lied singen werde, welches die Welt je gehört habe: „Oh Lord, how long„. Und seid mal ehrlich, wer hat sich die Frage nicht schon mal gestellt wie lange es noch dauert, bis der letzte Umzug auf ein ca 5m2 großes Grundstück mit unverbaubarem Blick (denn dieser ist ja schon durch eine Grasschicht verbaut) noch dauert.

Aber zurück ins pralle Leben. Wie heißt es, wenn drei geniale Gitarristen sich zusammenrotten, um ihre Kunst gemeinsam, aber auch in soli aufgeteilt darzubieten? Kings of strings – auch wenn dieser Titel bereits durch drei andere Gitarristen gecopyrighted ist; ich finde er drückt die richtige Stimmung aus. Werner Krotz-Vogel, Frank-Olaf Nagel und Thomas Monnerjahn präsentierten zuerst den wohl breit bekannten Song „Good Time Charlie's Got the Blues„ - für alle, die es doch nicht so gut kennen, in der Originalversion von Danny O 'Keefe hat das Lied tatsächlich mehr Text als nur diese Zeile. Aber auch ohne Text mit drei Gitarren gespielt – ein Genuss, der es alleine schon ausgereicht hätte, zum Folkclub zu kommen. Gefolgt wurde Charlie von „Lotus Feet„, in der Originalversion von John Mc'Laughlin. Ein Gitarrenstück, welches Spritualität nicht nur in sich birgt, sondern in der Interpretation der drei Gitarristen auch zum Publikum transprotierte.

Schon einmal als Walk in im Folkclub gesehen, machte Shay McVeigh sein Versprechen wahr und kam wieder. Mit melodischen Weisen vermochte er uns alle zu fesseln, zu verzaubern und ihm andächtig zu lauschen. „Into the Blue„ und „Bright Blue Roses„ waren seine ersten Stücke, wobei Shay erläuterte, dass er das Thema des Tages erst einen Tag vor der Veranstaltung erfahren hat. Sein Tribut hierzu war dann der indianische Spiritual „Golden Fever„. Und wieder zeigte sich, wie breit Themen interpretierbar sind und wie umfangreich Musik uns gefangen nehmen kann.

Helge Kirscht walkte in und erfreute uns mit seinem selbstgeschriebenen Lied „Halleluja„. Wer nun aber ein geistliches Lied erwartete, wurde schnell eines Besseren belehrt. Halleluja ist eine Anklage an Kriege, die im Namen der Religionen geführt werden – ein Thema, was gar nicht oft genug angeprangert werden kann. Ein weiterer walk in war unser Freund und Schriftsteller Bob Marabito – er begnügte sich zwar mit einem Lied, verpackte aber in dieses so ziemlich alles, was das Publikum an Gospels kennt. Ein Gopselmedley, das ist ganz unser Bob. Übrigens – ihr wusstet es bestimmt ebenso wenig wie ich – walk-in ist ein englischer Ausdruck für das religiöse Phänomen der Reinkarnation – aber wir wollten ja nicht immer Englisch sprechen :-).

Spirituale Wärme mit sich bringend kam SaHell – mit bürgerlichem Namen Sabine Hellmann – und interpretierte drei Gospels einzeln. So konnte das Publikum bei den Liedern „When Israel was in Egypt Land„, „Swing low sweet Chariot„ und „ I Owe my Soul to the Company Store„ mitsingen – auch das eine Eigenheit von Gopels und Spirituals.

Nach soviel Publiklerikalismus (Wortschöpfung von mir – soll soviel heißen wie Gospels and Spitituals) durfte ein Werbeblock für Familien Bibeln nicht fehlen. Steve blockte was das Zeug hielt. Wie bereits im Vorjahr verkaufte er zwar wenige Bibeln, verschaffte aber so manchem einen Bauchmuskelkater vom Lachen.

Bekanntschaften und Freundschaften haben die Eigenheit, dass sie durch Freunde der Freunde und Bekannte der Bekannten immer größer werden (wenn man es zulässt). Der Folkclub lässt das nicht nur zu, sondern befördert es. In diesem Sinne hat Janero seinen Freund Marcus Martin aus Bristol überzeugt auch einmal im Folkclub zu spielen. Marcus ist Johnny Cash Fan und Johnny Cash Interpret. Und die vielen Prison Songs, die Johnny Cash gesungen und gespielt hat, sind inzwischen auch Spirituells. So passte sich Marcus mit den Songs „Country Ways„, „Folsom Prison Blues„ und „Ain't No Grave„ in das Thema des Abends ein. Er erntete viel Applaus für die gelungenen Interpretationen und jeder hat den Wunsch geäußert, dass Marcus bald wieder kommt – sicher hat er es gehört und wird es berücksichtigen.

Sebastian Handke war zugegen und wie. Nicht nur, dass sein Vater spontan für unseren abwesenden Fotografen Detlef einsprang, nein, er fing mit seinen Eigenkompositionen schnell das Publikum ein. Auch wenn seine Lieder keine wirklichen Gospels und Spirituals waren, sie schafften es eine nachdenkliche, verträumte und somit spirituelle Stimmung zu schaffen. Es zeigte sich einmal mehr – eine Gitarre, zwei Hände und eine schöne Stimme, was braucht es mehr, um Musik zu machen.

Mit Riesenschritten ging es nun auf das Ende zu (natürlich das des Abends und keine Weltuntergangskatastrophen). Bendict Steilmann gospelte noch mal so richtig auf. Steigerungsfähig sang und spielte er das erste Stück „Make me down a pallet on the floor„ alleine, um dann von John auf der Mundharmonika begleitet „Mama's got a girlfriend now„ zu interpretieren. Aber nicht genug damit – das Stück „Will the circle be unbroken„ brachte plötzlich ein ganzes Orchester auf die Bühne. Bendict an der Mandoline, Janero an der Gitarre, Mario am Banjo, Steve an der viola caipira und spontan aus dem Publikum eine Besetzung an dem Waschbrett und dem Besenstielbass hatten nie vorher zusammen geprobt – noch eine Eigenheit von Gospels. Es wird gesungen und nicht geübt. Ich denke es war ein voller Erfolg, der noch mit dem Pete Seeger Friedenssong „We shall overcome„ abgerundet wurde.

Tja, da konnte unser Patron Jock Stewart nur noch mit seiner Aussage „So come fill up your glasses – whatever the cost I will pay„ die geschaffene Stimmung der Zusammengehörigkeit unterstreichen. Mit dieser Stimmung sind viele nach Hause gegangen, um mit eben mit dieser Stimmung am 4. Dezember zurück zu kommen.

Bis dahin

Euer Mario