Sonntag, 27. August 2017
Donnerstag, 24. August 2017
Marios Bericht vom Folk Club Nr. 82 im Juli 2017
Bonnef Diaf........
so
wurde das altbekannte Laaaddieees and Gentlemen beim 82. Folclub Bonn
erweitert. Vielleicht ein bisschen leiser als sonst, vielleicht aber sogar
etwas lauter – nur leiser wahrgenommen, denn der Folkclub fand wegen einer Terminkollision in seinem Stammdomizil
diesmal nicht im Dotty's, sondern im Club Galicia statt – war doch die
Präsidentin des Clubs beim ersten Folkclub schon mit ihren galizischen Pipes
für einen genauso schönen, wie fulminanten Start verantwortlich. Diese alte
Verbundenheit fand nun ihren Ausdruck in eben der Beheimatung des 82.
Folkclubs. Um es vorweg zu nehmen, so schön es war mit vielen lieben Menschen
und durch den Club Galizia auch neuen Gesichtern zusammen zu sein – die
Räumlichkeiten eignen sich nur bedingt für eine Konzertveranstaltung –
insbesondere für eine unverstärkte und mit leisen Tönen gespickte
Veranstaltung. Der geflieste Raum in Verbindung mit Holzstühlen hat einen
rustikalen aber weniger musischen Charme.
Trotzdem
oder gerade deshalb. Echte Folkies lassen sich durch solche „nebensächlichen“
Widrigkeiten natürlich nicht schrecken – hat doch Orpheus, als einer der ersten
Singer- und Songwriter sogar Steine zum Weinen gebracht und es mit Furien
aufgenommen – nur die Liebe hat mal wieder dazwischen gefunkt (war sie doch
eigentlich erst der Anlass). Aber die Liebe spielte beim letzten Folkclub nur
eine untergeordnete Rolle (außer der zur Musik natürlich). Additionslieder und
Rundgesänge waren das Thema und hierzu hatten sich viele der Künstler in warmen
Juni und Julinächten ebenso viele Gedanken gemacht. Additions- und Rundgesänge
sind traditionell solche Lieder, die immer weitergehen und in der Regel keinen
höheren (oder war das tieferen) Sinn
haben – also nach dem Motto „singing makes the world go round“. Es wird eine nichts oder wenig aussagende Textzeile
durch weitere Strophe erweitert zu einem ebenso nichts aussagenden Höhepunkt
getrieben und durch einen Kreisschluss wieder an der Anfang zurückgeführt.
Dies
demonstrierte Steve Perry (nach einer spanischen Ansage) mit dem Lied
„Jan Jansen“ (auch unter Yon Yonson bekannt): „My name is Jan Jansen, I
live in Wisconsin. I work in a lumber yard there. The young girls I meet as I
walk down the street says "Hello!" I say "Hello!" They say "What's your name." I
say: My name is Jan Jansen... (repeated again and again).
Den
Räumlichkeiten angemessen betrat nun ein aus verschiedenen Musikformationen
bekanntes Gesicht die Bühne. John Hay hatte diesmal wieder die
Flamencogitarre mitgebracht und wollte deshalb auch gerne, dem Ambiente
entsprechend, als Juan angesprochen werden. Musikalisch unterstrich er den
spanischen Anspruch mit zwei instrumentellen spanischen Musikstücken, die von
seinem Kollegen Jelin auf dem Cajon begleitet wurden. Eine langsame „Solea“
wurde durch das folgende „Bulerias“ gesteigert. Juan hat wieder einmal
den Beweis erbracht, dass Musik in den unterschiedlichsten Stilrichtungen immer
in den Folkclub Bonn passt – solange sie rein akustisch ist und mit Liebe,
Freude und Gefühl vorgetragen wird. Liebe, Freude und Gefühl waren auch in dem
nächsten Stück reichlich vertreten. Ergänzt wurde nämlich das Duo Juan und
Jelin durch eine neue Hauptperson – Juju aus Brasilien. Ein klein wenig
schüchtern, ja ängstlich kam sie daher, was sich allerdings sehr schnell als
grundlos erweisen sollte., Mit dem Lied „Adios min e Grito“ sang sie
sich mit einer tollen Stimme und einem gefühlvollen Vortrag direkt in die
Herzen der Zuhörerschaft.
Den
Jakobsweg laufen heißt heute zu sich selbst zu finden, früher war dieser
Findungsprozess gepaart mit Buße – mag sein, dass das heute bei einigen auch
noch eine Rolle spielt. Bei Gerd Schinkel heißt den Jakobsweg gehen
natürlich mit einem Koffer voller neuer Lieder zurück nach Hause zu kommen. Und
einige dieser Lieder brachte er in angepasster, spanischer Umgebung zu Gehör.
Fast schon eine Einleitung als Begründung für die Entscheidung den
beschwerlichen Weg zu laufen, hieß sein erstes Lied „Der Weg ist das Ziel“.
Nicht lange nachdenken und sich etwas vornehmen, sondern loslaufen und das
Beste draus machen – so findest du zu dir. Auch das zweite Lied brachten tiefe
Gedanken ans Tageslicht „Bin ich eigentlich bescheuert“ war wohl jeden
Abend nach dem Ausziehen der Schuhe und jeden Morgen vor der neuen Tagesetappe
der Gedanke, den sich nicht nur Gerd gemacht hat. Die Antwort auf diese Frage
wird aber wohl jedem mit dem Glücksgefühl, das Ziel erreicht zu haben, gegeben.
Dass sich diese fundamentale Frage nach wenigen Schritten in gedankliche Luft
auflöst, beschrieb Gerd mit dem nächsten Lied „Bon Camino“, dem Gruß,
der in allen Sprachen verständlich jedem Wanderer entgegenschallt, wenn er auf
andere Jakobsbezwinger trifft. Gleichzeitig war dieser Gruß von Gerd auch die
Verabschiedung des Publikums in eine kurze Pause. Da der Geräuschpegel
inzwischen doch ziemlich angeschwollen war, wurde diese Pause zur Sammlung der
Konzentrationsfähigkeit auch benötigt.
Die
zweite Hälfte des 82. Folkclubs wurde von dem Großmeister der Tasten und des
Rhythmus eingeleutet (das Wort ist extra mit e geschrieben, denn eine
Glocke war nicht da, jedoch sollte der Song zum Mitsingen anregen). Barry
Roshto bewies sein mathematisches Talent, indem er feststellte, dass die
Subtraktion nur eine Addition mit negativem Vorzeichen ist. Was passiert, wenn
100 Flaschen Bier auf dem Regal stehen und eine nach der anderen mit dem
Kommentar „trink noch einen Schluck“ herum gereicht werden? Es werden immer
weniger Flaschen und die schbraache würd uneutlichär. So geschildert in dem „Bottle
Song“, der zur Entlastung des Publikums zwischendurch die Schilderung der
Leerung der Flaschen 80 bis 15
ausgelassen hat. Getoppt (oder vielleicht doch gedownt) wurde diese
musikalische Schilderung durch eine very British version von John, die
allerdings, da nur von 10 Flaschen die Singe war, vollständig gesungen wurde.
Als astreines Additionslied zeigte sich dann die Geschichte von dem Stöpsel in
dem Loch des Grundes eines Gewässers... Wie es ausgeht? Bitte bemüht das Internet
zu dem Text des Liedes „There's a Hole in the Bottom of the Sea“. Die
Einleitungsrunde zur zweiten Halbzeit des Folkclubs beschlossen Barry und John
gemeinsam mit dem Spaßlied „You Can't Get to Heaven“ - egal welches
Fortbewegungsmittel gewählt wurde, der Weg in den Himmel konnte nicht bewältigt
werden.
Robert Sauerwein mit Andre
Hübner brachten nun zwei Songs aus dem Album „Homegrown Projects“
zum Besten. Gewohnt an einen E- Bass musste sich Andre ein klein wenig auf den
schnell herbei gezauberten Akustik Bass einstellen (ihr wisst ja, Folkclub Bonn
ist immer rein akustisch). Dies gelang ihm aber schnell und so wurden nach den
Mitsing- und Spaßliedern zwei popig, rockig angehauchte Lieder im besten
Singer- Songwriter Manier vorgetragen. Die Stücke „Waiting for You“ und „A
Hundred Ways“ stammen beide aus der Feder von Robert Sauerwein. Ich denke,
wir werden die beiden sicher noch häufiger im Folkclub hören.
Mit
einem Kinderlied für Vorschulkinder versuchte der Chronist selbst, also ich, Mario
Dompke, seinen Beitrag zu den Kreisliedern zu leisten. „Ich bin ein
dicker Tanzbär“ ist deshalb ein Kreislied, weil es immer wieder zum
Ursprung zurückkommt, allerdings werden die Beteiligten immer mehr (Jede(r)
muss sich nach jeder Strophe einen neuen Partner suchen – und das Lied kann
viele Strophen haben). Ich danke vor allem Ingrid für ihre mutigen und
mitreißenden Tanzeinlagen, so dass das Lied schnell die Tanzfläche füllte. Das
nächste Lied war zwar kein ausgesprochenes Additions- oder Kreislied, jedoch beschrieb
es eine mathematische Herausforderung. Was passiert wenn ein Sprichwort
wörtlich genommen wird, aber sprichwörtlich überprüft wird? „Meine Hälfte“
ist ein Viertel unsrer ganzen Zweisamkeit..... ist ein Liebeslied, das den
immer gleichen Kreislauf von verlieben über Familie gründen und versorgen hin
zur ungleichen Verteilung von Aufgaben beschreibt. Mit dem letzten Lied beschritt Mario auch sprachlich ernsten
Grund. „Fährmanns Irrtum“ beschreibt die sich vorgestellten Gefühle
eines Wachkomapatienten – wer weiß schon, was wirklich in diesen Menschen
vorgeht? Ist Hoffnung oder eher Hilflosigkeit der erste Gedanke am Morgen?
Gehen wir in unserer Gesellschaft eigentlich würdevoll mit solchen Situationen
um? Fragen, die gestellt, aber nicht beantwortet werden.
Sebastian Landwehr, ein
ehemaliger Irish Tuneist (Tune-ist; einer, der Tunes, also Melodien, zum Besten
gibt) und heute hauptsächlich ein Liedermacher, stellte mit drei Liedern seine
aktuelle CD vor. Nicht zum ersten Mal Gast im Folkclub, war ihm die
Aufmerksamkeit des Publikums sicher. „Kleine Feder“ beschreibt die
Sehnsucht, sich frei in den unterschiedlichsten Umgebungen bewegen zu können.
Frei von Zwängen gesellschaftlicher Normen. „Es ist schon ok“ beschreibt
die Realität nach der Sehnsucht und vor allem nach den Versuchen aus Normen
auszubrechen. Aber nur wenige schaffen es wirklich, werden dann aber oft in
anderen Normen gefangen. So ist das Lied, dass den Wunsch und Versuch
beschreibt von der eigenen Musik zu leben und dann doch in „geordneten“ Bahnen
zu landen, auch nur die Beleuchtung einer Seite – also kommt das Fazit
wahrscheinlich zwar ein wenig frustriert, aber doch richtig – es ist schon ok. „Die
Wogen“ ist auch ein Lied, in dessen Text jeder Hörer seine eigenen Aussagen
hineinstecken kann – also ein gutes Lied. Es beschreibt Melancholie genauso wie
Hoffnung, Faszination ebenso wie Frustration. Es ist ein Lied aus dem Stoff,
aus dem lange haltbare Begleiter des Lebens gemacht sind. Ich hoffe, dass
Sebastian nicht den Weg seines zweiten Liedes geht, sondern immer wieder zur
Gitarre greifen und neue Lieder schreiben
und vortragen wird.
Was
so alles aus einer Partneranzeige erwachsen kann – und das nicht im Sinne der
Liebeslebenkontaktbörsen – zeigt das Duo Uwe Gillert und Jakob Sodoge.
Uwe hat mal eine Anzeige zur Suche von Mitmusikern aufgegeben und als er gar nicht
mehr daran dachte, stand plötzlich Jakob mit seiner Autoharp vor der Tür. Was
dabei herausgekommen ist, durften wir mit drei Lieder hören. „Schlecht
geträumt“ ist ein in rheinischer Mundart geschriebenes Lied über
Fremdenhass und falschem Nationalstolz. Auch wenn in dem Lied nur ein Traum, so
drückt es doch die Angst aus, dass nicht etwa Flüchtlinge oder andere
Hilfesuchende uns kaputt machen, sondern die pauschalierte Ablehnung einiger
Spinner, die aber in der ganzen Welt immer mehr werden und gerade mit ihrer
Ablehnung anderen gegenüber die Probleme des Terrors und der Uneinigkeit
heraufbeschwören. Mit dem Lied „Curry Wurst“ wurde – bewusst oder
unbewusst – die Aussage des ersten Liedes noch einmal unterstrichen. Was gibt
es im Leben eines durchschnittlichen Bürgers wichtigeres als Fußball, Fritten
und Currywurst – die Reduktion auf das „Wesentliche“ blendet oft die
Möglichkeit, sich mit den Problemen anderer auseinandersetzen zu können, aus.
Aber das Lied selbst ist sehr gut gemacht. Super Blues und mit der Harp von
John auch noch zusätzlich internationalisiert :-). Last but not least wurde
noch einmal das Thema „Terror“ mit dem gleichnamigen Lied von Jokob
Sudoke aufgenommen. Ich war anfangs etwas irritiert, weil die Melodie des
Liedes eher beschwingt daher kommt, aber wahrscheinlich ist dies genau die
richtige Art, die Mahnung auszudrücken, dass wir uns langsam aber sicher mit
Terror als Alltagsgeschehen abfinden – das darf aber niemals so sein.
Nun
folgte ein langer aber informativer Block über den Club Galizia, dem
Kulturverein und natürlich der galizischen Pipemusik. Eva Salgado Martinez,
ihres Zeichens Präsidentin des Club Galizia, beschrieb anschaulich wie wichtig
die Pflege der galizischen Kultur auch für Bonn Bad Godesberg ist und wie
bereichernd das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen sein kann. Die
Organisation regelmäßiger Kulturveranstaltungen, das Betreiben einer
Restauration mit galizischen Speisen und Getränken und der einfache,
allabendliche Austausch untereinander bilden die Säulen, dass Freundschaften
entstehen und Hass vermieden wird. Besonders emotional wurde Eva natürlich
nachdem sie, durch viele Bitten aufgefordert, zu ihrem Dudelsack griff. Da dies
sehr spontan erfolgte , durften wir nicht nur miterleben, wie ein solches Instrument
zum Spielen vorbereitet wird (Stimmen, einblasen), sondern auch die
instrumentalen und kulturellen Hintergründe der Musik erläutert bekommen. Wer
hätte gedacht, dass auf einem Instrument, welches mit seiner Lautstärke locker
jeder Feuerwehrsirene in den Schatten stellen kann, Schlaflieder für Kinder
gespielt werden. Eva zeigte uns an einigen Beispielen wie traditionelle Musik
für unterschiedliche Situationen, jeweils eigene Charaktere haben und, wenn man
sich darauf einlässt, diese Charaktere auch der Situation angemessen
erscheinen.
Den
Abschluss des Abends gestaltete wieder Gerd Schinkel, der weitere Lieder
aus seinem Jakobswegzyklus vortrug. Die Gesamtstimmung (weniger emotional
sonder phonal) hatte weiter zugenommen, so dass es bei einer anschwellenden
Lautstärke durch Unterhaltungen schwieriger wurde, Lieder mit notwendigerweise
zu verstehenden Texten vorzutragen und diesen zu folgen. Gerade in diesen
Situationen zeigt sich Gerds Professionalität und er schaffte es trotzdem die
Aufmerksamkeit zu behalten. „Dem Weg ist es egal“ wer ihn geht, ist ein
Lied welches sich an dem Abend gut in die Gesamtthematik nach Toleranz bwz.
Intoleranz einordnete. Nicht die Umgebung lehnt etwas ab, sondern höchsten die
Menschen, die sich die Umgebung unterwerfen wollen. Auch das Lied „Geh
deinen Weg“ fordert auf, sich nicht auf die Meinung anderer einzulassen,
sondern eine eigenen Meinung zu haben und diese zwar immer wieder zu
überdenken, aber dann auch zu vertreten. „Finistra“ war dann, wie der
Name schon sagt, das Lied über das Ende des Jokobsweges. Ein Lied über
zurückgelassene Wasserflaschen und anderen Müll, aber auch ein Lied über die
Frage, was hat es einem selbst gebracht den Weg und ein Stück darüber hinaus zu
laufen.
Der
schottische Patron „Jock Stewart“ durfte auch im fernen Spanien
(zumindest im Club Galizia) nicht fehlen und so bezwangen alle Folkclubbesucher
mit einem gemeinsam geschmetterten Abschiedslied noch einmal die Lautstärke der
inzwischen entstandenen Alternativgespräche und sogar -konzerte, denn eine
Kulturclub wäre keine Kulturclub, wenn nicht zur fortgeschrittenen Stunde auch
heimische Musik gemacht würde – und ganz im Sinne des Folkclubs: von Hand und
rein akustisch.
Ich
hoffe, wir sehen uns am 1. September alle bei Dotty wieder. In diesem Sinne
Out
of the bedroom
Mario
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