Mittwoch, 19. Februar 2020

Marios Bericht vom Jubiläums-Folk-Club (10 Jahre) am 7.2.2020


Erst mal tief Luft holen – ein Anschlag auf die Gelassenheit

Normalerweise fahre ich zum Folkclub immer mit dem Gefühl, einen schönen Abend mit einem gemischten Programm unterschiedlicher Stilrichtungen und unterschiedlicher Künstlerqualitäten zu erleben. Einen Abend also, an dem sich Spannung und Erholung, Konzentration und Zurücklehnen sowie tiefer Genuss und „jeder braucht seinen Platz, um sich auszuprobieren“ abwechseln.

Anders ist dies an den Jubiläumsabenden. Schon beim 50ten und beim 100ten Folkclub erlebten wir eine geballte Ladung aus Qualität, Emotionen und Engagement, einen Dauerbeschuss an „wir gehören zusammen und machen tolle Musik“. Kaum zu glauben aber wahr, das 10 jährige Jubiläum des Folkclubs Bonn schaffte es, dies alles zu toppen. Es gab keine Sekunde zum Luftholen, selbst die Umbau- bzw. Wechselpausen waren gefüllt mit einer greifbaren Spannung. Der Saal vibrierte geradezu vor Erwartung und da dieser sehr gefüllt war – ich schätze es waren mindestens 130 Personen anwesend – versetzten diese Vibrationen jeden Einzelnen in Schwingungen, die an jeder möglichen Stelle in begeistertes Mitmachen, Mitsingen und Applaudieren mündeten.

Aber der Reihe nach. Wie immer eröffnete John Harrison den Reigen mit seinem Ruf „Laaaddddiiiiees and Gentlemeeeen...“, doch griff er danach nicht sofort zu seiner Gitarre, sondern brachte ein Poem zum Abend. „It Couldn‘t Be Done“ erzählt die Geschichte des Unglaubens vor 10 Jahren (und auch immer wieder dazwischen), dass es wirklich gelingen könne, eine Veranstaltung ohne jede Verstärkung, ohne Beschränkung des musikalischen Genres und trotzdem immer ausgebucht und mit regionalen, nationalen und internationalen Künstlern besetzt, zu schaffen – und über diese lange Zeit zu halten. Nicht genug, dass es geschafft wurde – der Folkclub Bonn hat sich inzwischen bei vielen Künstlern und Künstlerinnen als „der Ort wo Musik lebt“ etabliert – ein Ort wo Musik und nicht das Drumherum wichtig ist, nicht eine gute Anlage, die alles sich toll anhören lässt, nicht eine gute Bühne mit Lightshow, die den eigenen Charakter überdeckt, sondern ein Ort an dem Musik gemacht wird, ehrlich und unversteckt, ein Ort, an dem eine Konzentration herrscht, die nicht nur eine fallende Stecknadel hören lässt, sondern die diese Stecknadel erst gar nicht zum Fallen bringt.

Ihr merkt, meine Gefühle zum Folkclub sind durch die vergangene Veranstaltung noch so intensiv, dass ich schon wieder abschweife. Zurück zur Veranstaltung. Natürlich griff John nach dem Gedicht zur Gitarre und begeisterte uns, begleitet von Eva Henneken, mit den Liedern „Old Paint“ und „The Folker“

Vorher aber war die Bühne noch einem besonderen Gast reserviert – Frau Susanne König, ihres Zeichens Kulturamtsleiterin der Stadt Bonn, überbrachte einen offiziellen Gruß und wurde nach eigenen Aussagen schon durch die Masse an Publikum, das sofort gespürte Gefühl „hier ist ein Familientreffen“ und dem Wechsel an Fröhlichkeit und Konzentration überwältigt. Ja, oft ist es gut nicht nur etwas zu wissen, sondern es zu erleben. Wir hoffen alle, dass das Versprechen, den Folkclub in Zukunft auch ohne offiziellen Anlass zu besuchen, wahr gemacht wird.

Nach John und Eva offenbarte sich ein weiteres Highlight des Abends. Es war geplant (und hat geklappt), dass der Abend mit mindestens 10 Geigen begleitet würde. Die erste war ja schon durch Eva dargebracht. Die zweite erklang nun durch den jüngsten Künstler des Folkclubs.

Tim, Evas Sohn, brachte uns mit dem sehr sauber gespieltem Lied „Nach dem Winterschlaf“ ein erstes Frühlingsgefühl (obwohl bei dem momentanen Wetter der Frühling ja direkt nach dem Sommer gekommen zu sein scheint). Tim bekam für diese Leistung eine Ehrenmitgliedschaft im Folkclub, manifestiert in einer Urkunde, die auch zu lebenslangem freien Eintritt berechtigt :-).

Die Begründerin eines Folkclub-Formates (einer Annette), nämlich Annette, war zum Jubiläum auch erschienen und spielte das gleiche Lied, welches dem Format zugrunde lag, noch einmal. „Das Loch in der Banane“ war vor fast 10 Jahren das Lied, das zwischen das Programm geschoben wurde. Seitdem heißt ein dazwischen geschobenes Lied, ein Act, der nur ein Lied umfasst, eine Annette.

Weiter ging es mit Geschenken - Regine Perry-Mertens überbrachte mit einigen Gleichgesinnten dem Folkclub eine Jubiläumstorte und zeigte damit auf, dass Folkies des Folkclubs nicht nur Musikgenießer sind, sondern sich halt zu einer Familie entwickelt haben. Als Teil der Folkclub-Allstars blieb sie dann gleich auf der Bühne und half dem Lied People Are Crazy, welches der Allstars-Leiter Barry Roshto getreu dem Folkclub-Motto „folk is great, beer is good and people are crazy“ arrangiert hat, mit dem gesamten Chor zum Erfolg.

Auch Lothar Prünte alias ELPI erklomm wieder die Bühne und brachte in der unverkennbaren Art mit seiner besonderen Stimme das Lied vom „Simple Man“. Ich hoffe es wird mir von allen verziehen, wenn ich nicht jedes Mal in Lobeshymnen ausbreche, aber ich habe ja schon eingangs gesagt und im Titel des Berichts geschrieben, es war insgesamt einfach eine geballte Ladung an Qualität und Professionalität, die unterschiedlich ausgeprägt immer den Charakter des Folkclub unterstützte.

„Ich brauche eigentlich immer drei Stücke bis ich drin bin. Hier habe ich nur zwei – das wird schwer“, so kündigte sich Cynthia Nickschas mit ihrer Band an. Mag sein, dass es schwer war, es hat auf alle Fälle geklappt. In meinen Ohren war sie vom ersten Ton an drin und voll da., was sich auch darin äußerte, dass sie nicht nur die Lieder „Reise ins Blau“ und „Write It Down“ brachte, sondern trotz der knappen Zeit erst von der Bühne gelassen wurde, nachdem sie noch eins mit „Egoschwein“ draufpackte.

Dann kamen wieder Geigen. Die Four Fiddlers als Featured Artists spielten nicht nur super professionelle Geigen, sondern heizten dem Publikum mit ihren Lieder so sehr ein, dass der Druck, der wie beschrieben ohnehin schon hoch war, weiter stieg. Aber hier zeigt sich der Unterschied zwischen technischen und menschlichen Systemen. Der Kessel (FCB) ist nicht geplatzt, sondern steigerte sich einfach immer weiter zu einem der schönsten Abende, sie ich bisher mit Musik erlebt habe. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht die einzelnen Lieder aufzählen (kauft euch die CD der Four Fiddles, dort sind die meisten drauf und es lohnt sich), nur so viel: Es muss nicht immer irisch sein, um stillsitzen zu vermeiden. Mit Polka, schwedischer Folklore, österreichischen Jodlern und amerikanisch, mexikanischem Country schafften es die Four Fiddlers vor und nach der Pause, dass kein Bein ruhig blieb, kein Finger sich dem Taktklopfen entziehen konnte und keine Stimme im Raum an den passsenden Passagen verstummte.

Nun, ganz unüblich, wurde vor der Pause das Patronatslied „Jock Stewart“ angestimmt. Diesmal versammelten sich nicht alle KünstlerInnen des Abends auf der Bühne, sondern 10 Geigen, die das Lied begleiteten. Geigen sind laut, 10 Geigen sind lauter, aber die Begeisterung des Publikums beim Mitsingen schaffte es auch, diese 10 Geigen zu überstimmen – ein erhabenes Erlebnis war es allemal.

Nach der Pause ging es erst mal hektisch weiter. Viele Künstler, aber knappe Zeit bedingen Lösungen, die beim Jubliäums Folkclub so aussahen, dass ein Teil der KünstlerInnen sich bereit erklärt hatten, eine Vignette von max. zwei Minuten zu spielen – um es vorweg zu nehmen – hat nicht ganz geklappt, aber die Zeitbeschränkung schaffte es trotzdem, dass alle die wollteN auf die Bühne kamen.

Steve und Regine hatten ein Lied von Ian Tysoen mit einem neuen Text versehen. „Ten Year Ago“, 10 Jahre Folkclub und keiner hat es geglaubt.

Holger mit Band brachte noch einmal den Schrankenblues (oder, worauf Holger Wert legt, das Lied „Und wir warten“) zum Besten. Ihr alle kennt die Schranke, die zwischen B9 und dem Folkclub stundenlang den Weg zum Ziel versperrt.

Larissa Laë verzauberte uns mal wieder mit ihrer eigenen Sprache und dem in selbiger dargebrachten Lied.

Jutta Mensing und Begleitung zauberte das alte Lied „Vullmachts Öllste“ aus dem Repertoire-Hut. Und

Martha verwirrte ihre Geigensaiten mit dem Song „Drowsie Maggie“.

Den Abschluss des Kurzreigens machte Volker Lindner (vielen eher als Teil der Folkscheuchen bekannt) mit „Iron Man“ - schließlich ist Hardrock auch Folk.

Eva Salgado, langjährige Begleiterin des FCB zeigte uns mit einer „Maturka“, der „Maneo de Mataika“ und der „Muenda del Peciedo“, dass es auch in anderen Ländern und Kulturen als den uns meist Gegenwärtigen (hier galizisch) eine unerschöpfliche Vielzahl von musikalischen Schönheiten gibt.

Dennis Ledermann, sozusagen ein Folkclub-Kind, hat er hier doch seinen ersten Auftritt gehabt, seinen Mut zur musikalischen Karriere geschöpft und selbst seine Freundin kennengelernt (alles seine eigenen Aussagen) überraschte uns mit einem Lied, dass er seiner Freundin gewidmet hat. Der Inhalt des Liedes war so sehr auf die 10 Jahre Folkclub gemünzt, dass der Eindruck entstand, der Folkclub sei seine Freundin (was in gewisser Weise sicherlich stimmt, aber selbige aus Fleisch und Blut war auch anwesend).

Wie überraschungsaufnahmefähig ist der Mensch? Der Jubiläumsfolkclub war auch hier ein empirischer Selbstversuch. Makeda, langjährige Nachbarin von John Harrison, hat es endlich geschafft der Einladung von John zu folgen. Weder John noch sie selbst wussten, als sie noch Nachbarn waren, dass Makeda so wunderbar singen und Lieder schreiben kann. Uns bewies sie es mit dem Lied, dass sie im vergangenem Jahr für den Eurovision Song Contest geschrieben hat (sie ist damit Zweite in der deutschen Endauswahl geworden – mit nur vier Punkten Abstand zum Gewinnertitel, wäre Sie Erste geworden, hätte Deutschland sicher besser abgeschnitten :-) ) und um noch einen oben drauf zu setzen, verließ sie sich auf die Erzählung, dass im Folkclub Bonn das Publikum sich vollständig auf seine KünstlerInnen konzentrieren kann und sang den Song „The Day I Loved You Most“ à capella. Ich hoffe sie wird beim FCB zum Thema à capella wieder dabei sein.

Astatine in unterschiedlichen Besetzungen schon mehrfach im Folkclub, stellte auch beim Jubiläumsabend wie immer einen besonderen Leckerbissen dar. Nur von Thomas Neuhalfen am Bass begleitet sang Ana Maria die Jazz Stücke „Whisper Not“ und „Caravan“. Wie jeder weiß ist Astatine ein radioaktives chemisches Element – und ja, sie brachte uns zum Strahlen.

Wer durfte natürlich an dem Abend nicht fehlen? Die ihrem Namen getreu immer gut gelaunten 2Sunny. Bei ihrer Interpretation des Hildegard-Knef-Liedes „Ich möchte am Montag mal Sonntag haben“ begeisterten sie nicht nur das Publikum, sondern bezogen es intensiv mit ein.  Mit dem Lied „So We Dance“ wandten sie sich ein wenig von ihrem ureigenen Stil ab und beschworen die Freiheit zu tanzen und aus dem Alltagstrott auszubrechen.

Die abschließende Darbietung des zweiten Teils vom Features Artist Auftritt der Four Fiddlers habe ich schon weiter oben berichtet. Bliebe also nur noch zu sagen, dass selbstverständlich der Patron sich nicht mit dem vor der Pause gesungenen Lied zufrieden gab und alle noch einmal „Jock Stewart“ schmetterten. Auch wenn ich immer noch an diesen wunderschönen Abend denke, so darf ich doch darauf hinweisen, dass nach dem Folkclub vor dem Folkclub ist. Sehen wir uns wieder am 6. März 2020.
Out of the Bedroom, come and sing along
Mario

Montag, 10. Februar 2020

Folk Club Bonn #110 from 07.02.2020 10 year anniversary edition with the Four Fiddlers 3SongsBonn Report from John Hurd

https://3songsbonn.com/2020/02/10/folk-club-bonn-10th-anniversary-is-a-piece-of-cake/

Once upon a time Barry L. Roshto, our in house musical maestro and media artist extraordinaire set up this blog for the folk club on which I am currently writing on the 05.03.2010 (that is why this date is upon the banner on top of the blog Detlef- in answer to your puzzling question!) and soon afterwards John Hurd established 3SongsBonn as a remarkable new English language musical website based in Bonn.

Barry very astutely named the site "Folk Club Bonn" rather than the slightly more correct rendition, from an English language point of view, of "Bonn folk club". When such English language problems arise, Steve Perry and I do arrange helpful English Conversation sessions normally in Dotty's Bar in the Bonner BHTV on Tuesday evenings which allow you to experience at first hand why the USA and the UK are actually two nations separated by the same language.

The result is, however, that anyone who googles the latter, "Bonn Folk Club" will find us quite easily, but anyone who searches for the former will also find us quite easily too, but anyone googling for "Folk Club" in the whole of Germany will find us on top of the list. There are in fact a few other "folk clubs" in Germany, but Simon Kempston rates us as the best folk club outside of Scotland, and he should know as he's played at most of them, and also played at ours with more regularity than any other touring musician.

This was a simple stroke of genius on Barry's part, but I digress, the result of all this is, the folk club in Bonn is a wonderful altruistic institution founded and furthered by so many like-minded people, working together voluntarily and providing a joy to so many, and would, under normal circumstances be a nice cosy little folk club, in what John Le Carré once described as "A Small Town In Germany", but thanks to Barry and John Hurd in particular, instead of being a mere Morris Minor of a provincial German folk club, it punches well above its weight and has a veritable Rolls-Royce of an internet presence.

John Hurd was fortunately at the last folk club and has documented it in his own wonderful inimitable fashion and if ever there was a style king for keen photographers and wordsmiths reviewing musical events then John Hurd would be up there in line for the appropriate "Oscar" any time soon.

I always maintain, based on many years of experience, that the next best thing that one can do, if it is physically impossible for one to attend a particular musical event in Bonn or the surrounding area, is to read John Hurd's report and admire his stealthy, "look into the eyes of one's soul" photography.

I well remember in the early days, when John Hurd would have sometimes been the only other person in the room who had actually ever attended an English folk club. So thank you once again, John, for a decade of understanding, tolerance and motivation to better things in a wonderful live music project, and for helping to make the world a slightly better place in our own local musical microcosm.

So thank you John Hurd, and a special thank you to dear Barry L. Roshto if he hadn't have nodded and broken the habit of a lifetime and been the first on the draw to buy a small 0,2 litre Kölsch in Rolf Breuer's pub in Bad Godesberg, this all could have been mere supposition and not folk club "history", and this particular blog would not even be here.


There are more photos available here:

http://johnno.jalbum.net/Folk%20Club%20%20Bonn%2010th%20Anniversary/




Donnerstag, 6. Februar 2020

Detlefs Bericht vom Folk Club Nr, 109 am 3. Januar 2020


Folk Club Nr. 109 im Januar 2020 – Winter!

Ja, Winter – schön wär’s! Dieses Jahr ist der Winter ein grauer Frühling, Schnee und Eis gibt es nicht oder kaum, und die Mücken tanzen auf der Terrasse. Tolle Aussichten für die warme Jahreszeit. Das einzig Gute: Die Heizungsrechnung bleibt einigermaßen niedrig. Aber das Motto des Abends war gewählt, und somit gab es natürlich auch das eine oder andere Lied zu hören, das sich mit dieser Jahreszeit befasste.

Den Anfang machte wie immer unser Impresario John Harrison mit den Aufwärmliedern, diesmal zusammen mit Co-Nachtwächter Christoph Thiebes, der den Mundharmonikapart beisteuerte. „The Snow They Melt The Soonest“ ist ein melancholisches Liebeslied aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und stammt aus Northumberland, einer Grafschaft im Nordosten Englands an der schottischen Grenze – wunderbar passend zum Thema des Abends.

„Nobody Knows You, When You‘re Down And Out” ist rund einhundert Jahre jünger und hat eigentlich nichts mit dem Winter zu tun, aber bei dem Text des klassischen Blues kann man schon frösteln. Johns Kommentar war: „Man sagt, dass jeder, statistisch gesehen, über sechs Ecken mit dem Präsidenten (vielleicht auch dem amerikanischen) verbunden ist (Ich kenne einen, der einen kennt, der einen …), aber ebenso ist man möglicherweise auch über sechs Ecken mit dem armen Penner im U-Bahn-Schacht verbunden. Auch im Lied „Silver City” von Mance Lipscomb geht es um das Leben der Leute am hinteren Ende der Wohlstandshierarchie. John mit seiner Resonator-Gitarre und Christoph an der Mundharmonika gaben dem Lied den richtigen Sound und ernteten viel Applaus.

Martha aus New York beglückte uns auf der Geige mit einer schönen, leicht traurigen Melodie, die ihrer Aussage zufolge auch als Filmmusik gedient habe. Sie konnte uns aber leider weder den Titel des Films noch der Melodie nennen – schade. Die Melodie gefiel aber allen, und wir hoffen, Martha bald wieder zu Gast zu haben.

Diesmal mit einem Gedicht wartete Wolfgang Schriefer auf. „Die Geburt“ von Robert Gernhardt sorgte mit dem unerwarteten und bizarren Ende (Die Geburt des Teufels) für Lachen, aber bei Einigen auch für Betretenheit.

Nicht nur für musikalisches sondern auch für optisches Spektakel stehen „Lavender Blue“: Mit drei imposanten Harfen, Hackbrett, Kontrabass und Cajon sorgten fünf Damen und ein Herr vom Start weg für Furore: Gaby Engel, Elena Landeck, Iris Maxstadt, Katrin Hahn, Sandra Wierscher und Tom Meyer starteten mit dem Instrumental „Julia Delaney“. Bei „Cruel Sisters“ gab es stimmliche Unterstützung von Gabys Tochter und Gabys Mann, Eva und Günter. Eva Engel sang das verwunschene Lied über die beiden Schwestern, deren eine die andere eines Mannes wegen umbrachte, mit ihrer fantastischen Altstimme so eindringlich, dass der buchstäbliche Schauer den Rücken hinunterlief. „Winterträumerei“ war wieder ein Instrumental, bei dem die wundervolle Klangfülle der Harfen für Gänsehaut sorgte. Beim „Glasgow Reel“ durfte Katrin auf dem Hackbrett mit einem Solo glänzen. Das Publikum entließ die Truppe nicht ohne eine Zugabe: Bei „Deck The Halls“ nahm das Publikum die Einladung zum Mitsingen gern an. Die erste Strophe sang Steve Perry in walisischer Sprache. Nun, nach alten Brauch geht die Weihnachtszeit ja erst an Mariä Lichtmess, also am 2. Februar, zu Ende. Daher passte das Lied wunderbar in die Jahreszeit und zum Thema. Das Publikum war begeistert. Bravo, Lavender Blue, bravo Eva, Günter und Steve! Bitte beglückt uns wieder im nächsten Jahr.

John Hay, der getreue Gefolgsmann des Folk Clubs, hatte ein eigenes, bezauberndes Lied mit dem Titel „A Winter Song“ mitgebracht, das eine kleine Hommage an den Folk Club enthielt. Die Fusion der Kulturen beschwor er mit dem „Buddhist Flamenco Song“, einem herrlichen Spaß. Vielen Dank John, für deine schönen Lieder, deinen wunderbaren Gesang und dein gekonntes Gitarrenspiel.

Das erste Mal im Folk Club präsentierte sich Nikola Novakovic, und das mit drei eigenen Liedern: „Not Minding That It Hurts“, „Rocky Roads To Love“ und „Canadian Skies“ lauteten die Titel. Nikolas beeindruckende, voluminöse und sehr variable Stimme und sein variantenreiches und virtuoses Gitarrenspiel verzückten das Publikum. Hoffentlich ist Nikolas Auftritt nicht sein letzter im Folk Club.

Nach der Pause aktivierte Steve Perry das Publikum mit einem a capella gesungenen Dreikönigslied aus Spanien „La viene la vieja“. Das Lied handelt von der spanischen Sitte, Weihnachtsgeschenke (aguinaldo) am Dreikönigstag zu verteilen.

Günter Peters, ebenfalls ein Folk Club Aktivist der ersten Stunde versammelte die „Oldietruppe aus Kessenich“ um sich, um ein paar bekannte Winterlieder zu seiner Begleitung am Klavier zu singen. Das Publikum war herzlich eingeladen, „Schneeflöckchen, weiß Röckchen“ „Winter Wonderland“ und den „Schneewalzer“ mitzusingen.

Karin Schüler, die für die Instrumentalbegleitung diesmal Thomas Neuhalfen mitgebracht hatte, nahm uns auf eine musikalische „Winterreise“ durch verschiedene Länder und Kontinente mit. Mit Frankreich und einem Lied, das ursprünglich von Edith Piaf bekannt gemacht wurde, startete die Reise. Auf „Dans ma rue“ folgte ein brasilianischer Bossa Nova mit dem Titel „No More Blues“ von Antonio Jobim („Chega de saudade“ lautet der Originaltitel auf Portugiesisch). Weiter ging’s zurück nach Deutschland mit Reinhard Meys bezauberndem Lied „Ich glaub‘ es war ein gutes Jahr“. Neben Karins einfühlsamer stimmlicher Interpretation der bekannten Lieder beeindruckte auch Thomas‘ Virtuosität auf der Gitarre. Thomas ist im Folk Club eigentlich eher als Bassist (Kontrabass) bekannt. Den Abschluss ihres Sets machten die beiden mit einem von Thomas selbst geschriebenen Lied mit dem Titel „Winter Song“, der gut zur aktuellen Situation passte: zu warm, die Vögel singen und statt Schneeflocken prasselt der Regen hernieder, eigentlich eher ein lausiger Frühling – Bravo Karin und Thomas für eure Beiträge.

Hans Ihnen, der mittlerweile zum festen Inventar des Folk Clubs zu gehören scheint, ist der Mann für d a s Graben nach Schätzen, die irgendwo in d e m Graben gelandet sind. Dazu gehört das Lied „Making Other Plans“ von der Mick Fleetwood Band. Die Band wurde 2008 von Mick Fleetwood, dem ehemaligen Schlagzeuger der legendären Band Fleetwood Mac ins Leben gerufen. Hans begleitete sich bei dem Lied selbst am Klavier. Mit Gitarrenbegleitung ging’s dann weiter mit einem Lied von „The Head And The Heart“ mit dem Titel „Winter Song“. Den Titel hatten wir zwar vorhin schon einmal, aber mit einem anderen Lied dahinter. Das von Hans gewählte zarte Lied drückt Bedauern über den Abschied vom Sommer aus. Ein weiteres Mal lautete der Titel „Winter Song“. Diesmal handelte es sich aber um ein Werk von John Denver, ein schwungvoller Country Song, der den wahren, kalten Winter mit viel Schnee, Kaminfeuer und dem Warten auf die wiederkehrende Sommersonne besingt – Viel Applaus für Hans.

Zum Abschluss des Abends beglückten uns 2Sunny alias Tatjana Schwarz und Ralf Haupts mir drei unsterblichen Chansons von Hildegard Knef. Tatjanas Stimme scheint wie dafür geschaffen zu sein, die Lieder der großen Altistinnen der Unterhaltungsmusik zu singen. „Ich bin zu müde, um Schlafen zu gehen“, „Du bist mein Salz in der Suppe“ und „In dieser Stadt“ lauteten die Titel der Lieder, und das Publikum wurde ganz still, um ja keine Nuance von Tatjanas und Ralfs Interpretationen zu verpassen. Großartige Musik zum Abschluss des Abends und großer Dank an die Beiden für ihren Beitrag.

Abschluss des Abends? Natürlich nur fast, denn den Abschluss bildete, wie fast immer, das gemeinsam gesungene Lied vom ollen Schotten Jock Stewart („I’m A Man You Don’t Meet Every Day“). Damit ging wieder ein Abend mit einer gehörigen Produktion an Glückshormonen zu Ende. Euer Hofberichterstatter ist schon ein wenig besorgt, dass hier womöglich noch das Betäubungsmittelgesetz zur Anwendung kommt.

Auf Wiedersehen beim nächsten Folk Club am 7. Februar 2020. Dies ist ein Jubiläums-Folk-Club, denn vor zehn Jahren, am 5. Februar 2010 startete der Folk Club mit seinem ersten Abend in eine damals noch ungewisse Zukunft. Wie sich die Veranstaltung entwickelt hat, kann man nur mit dem Wort „phänomenal“ umschreiben. Als besondere Gäste des Abends erwarten wir die Four Fiddlers aus Hückeswagen. Zudem hat sich eine Vertreterin des Kulturamtes der Stadt Bonn angesagt, um den Folk Club zu würdigen.