Sonntag, 21. Februar 2016

Detlefs Bilder vom Folk Club Nr. 66 am 5. Februar 2016

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Gestrenger Blick von Master John

Paolio Pacifico und John Harrison - Rambling

 

John - Rudyard Kiplings "If"

John Hurd - Heroes

Janero del Rosario

musikalisches Experiment mit dem Publikum
Gerd Schinkel - Anleihe bei Janis Joplin


Denis Ledermann




Uwe und Max Gillert - Musik von Vater und Sohn

 

kritischer Expertenblick

Jessica Alossery aus Kanada



Jessica Alossery und David Blair



 


Zaiten-Pfeiffer aus Windeck an der Sieg
 
Christoph Nigg

Sängerin Monika Pleschka

Richard Wegmann

Willi Fichtel

Frank Christgen

Norbert Schuster


Christoph Nigg


Willi Fichtel
Philip Ossen


Sascha Gündel und ...

... Janine Schneider-Gündel alias Second Movement

Jock Stewart der Rausschmeißer




Montag, 1. Februar 2016

Detlefs Bericht vom Folk Club Nr. 65 am 1. Januar 2016


Folk Club am 1. Januar 2016 – Die Zeit vergeht

„Zeit“ – welch ein sinniges Thema für einen Folk Club am Anfang des Jahres und zumal am ersten Tag des Jahres, wenn es den Menschen vorkommt, als hätte man noch alle Zeit der Welt, um die guten Vorsätze für das neue Jahr umzusetzen. Aber wie schnell ist ein Monat vergangen, und es steht schon wieder ein neuer Folk Club vor der Tür. Das muss auch euer Chronist immer wieder erleben, wenn er nicht sofort mit den Berichten beginnt. Es bleibt der Trost, dass manche Dinge eben reifen müssen.
Das sich mit der Zeit auch interessante Erkenntnisse einstellen, hatte auch Eva Salgado erfahren, die zusammen mit Steve Perry und unserem Master John Harrison die Szene eines sogenannten „First Footing“ spielte. Bei diesem Brauch, der in Nordengland und Schottland beheimatet ist und der ungefähr übersetzt „der Erste, der im neuen Jahr über die Schwelle schreitet“ heißt, soll dieser Erste dem Haus Glück und bei seinem Eintritt ein Geschenk mitbringen. Eines dieser traditionellen Geschenke ist ein Stück Kohle, das Eva und Steve bei ihrer Ankunft dem „Hausherrn“ John überreichten. Die Kohle steht für Wärme, aber es gibt noch weitere rituelle Geschenke, die der „First Footer“ normalerweise mitbringt, darunter eine Münze (für Glück und Wohlstand), Brot (für Nahrung), Salz (für Geschmack) und Whisky (für Spaß und Freude).
Eva brachte dem Folk Club stattdessen eine Melodie auf ihrem galizischen Dudelsack mit – und nun kommt die interessante Erkenntnis – die sie als Jugendliche in Spanien immer in der Kirche gesungen habe, ohne zu wissen, dass es von einem Komponisten aus Bonn, ihrer späteren Heimat stammt. Es geht um die Beethovens Melodie zur Ode an die Freude – wie schön. Eva rundete ihren Auftritt mit einem rhythmischen galizischen Tanz ab.
John Harrison startete danach sein warm up mit einem selbstgeschiebenen Lied über einen ehemaligen Klassenkameraden namens Kieran Patrick Flannery, der mit 15 Jahren erhängt aufgefunden wurde – sehr traurig. Etwas, aber nur etwas, heiterer ging es zu beim Blues aus der guten alten Zeit „I’ll Turn Your Money Green“ (von Furry Lewis aus dem Jahr 1928), der von einem Mann handelt, der seine Frau überredet, bei ihm zu bleiben, denn er verspricht, aus ihrem Geld mehr zu machen. Aber leider, leider hat er auch einen gewissen Hang zum Alkohol. Bei der Eigenkomposition „Lemon Street Blues“ bezog sich John, ganz in seinem Element, dem traditionellen Blues, auf eine Situation, bei der man erst durch Verlust, oder Beinahe-Verlust, den Wert von etwas richtig schätzen lernt.
Gerd Schinkel und GW Spiller behandelten das Thema des heutigen Tages ganz im Sinne reifer Herren, nämlich mit einem Lied übers Älterwerden oder wie Gerd sich ausdrückt mit einer „Bilanz auf der Zielgeraden des Lebens“. „Manche Tage“ lautet der Titel einer von Gerds Eigenkompositionen, die wunderbar poetisch und humorvoll die Situation im fortgeschrittenen Lebensabschnitt schildert. Letztlich endet das Lied aber mit der sarkastischen Bemerkung „es bleibt auch sinnlos, wenn ich vor mir selbst weit fliehe, denn schließlich kommt ja doch am Ende jeder dran“ – wie wahr!
Die ähnliche Materie ist Gegenstand des Liedes „Brillejestell“, bei der Gerd in schönstem rheinischen Platt die zerstreute Suche nach der verlegten Brille schildert, die sich dann doch – oh Wunder – bereits op de Nas befindet – immer wieder köstlich und von Gerd und GW wunderbar vorgetragen.
Treue Gefolgsleute des Folk Club sind 2Sunny alias Tajana Schwarz und Ralf Haupts. „Catch the Wind“ von Donovan besingt den vergeblichen Versuch, das Flüchtige, Immaterielle einzufangen und hat damit auch einen Bezug zur flüchtigen und nicht einzufangenden Zeit. Wunderbar die zweistimmige Melodieführung der beiden mit dem besonders reizvollen Arrangement, bei dem die Frau die „Unterstimme“ singt. Ganz auf Tatjanas berückende Altstimme zugeschnitten sind die Lieder, mit denen einst die verführerische Zarah Leander das Publikum in Deutschland verzauberte. „Kann den Liebe Sünde sein?“ gehört zu den schönsten Liedern in Tatjanas Repertoire – großer Applaus.
Mit einem kleinen Lied in polnischer Sprache und dann noch a capella wartete Gerda Konietzny auf. „Kochać to znaczy powstawać“ drückt die Hingabe an Gott aus und der Liedtitel sagt, dass die Liebe immer wieder aufs Neue entstehen müsse.
Ein besonderes Schmankerl wartete auf das Publikum mit dem Auftritt von Ana Maria Leistikow und Thomas Neuhalfen. Ana und Thomas treten normalerweise mit ihrer Gruppe Astatine auf und waren auch bereits im Folk Club. Ana verkündete jedoch geheimnisvoll, dass sie sich aktuell schwerpunktmäßig anderen Aufgaben widme. Thomas hatte sie zu einem spontanen Auftritt im Folk Club überredet, bei dem Anas Gesang lediglich von Thomas auf dem Kontrabass begleitet wurde – eine sehr ungewöhnliche Kombination aber eine außerordentlich reizvolle. Thomas hatte für die Lieder eigens die Arrangements angepasst. Und hinein ging’s in die große Kunst des Jazzgesangs. Kurz gesagt, die Beiden präsentierten dem Publikum drei kleine Edelsteine, die unter anderem zum Repertoire von Ella Fitzgerald gehörten: „Bye, Bye Blackbird“, das 90 Jahre alte Stück von Ray Henderson ist zwar melancholisch, klingt aber nicht ein bisschen altbacken. Thomas brillierte mit einem gekonnten Basssolo. Das Lied „Honeysuckle Rose“ ist da schon ein bisschen fröhlicher, und Ana zeigte ihr gesangstechnisches Können mit schönen Dynamikwechseln und wunderbarer Gestaltung vor allem in den Höhen. Bei „Whisper Not“ hatte sich Ana richtig warmgesungen und schwang ihre tolle Stimme nach Belieben die Register hinauf und hinab – schade, dass der Auftritt der beiden mit diesem Lied schon beendet war – großer Applaus für Thomas und Ana.
Die Special Guests dieses Abends waren Jan Hoffmann (Gesang und Gitarre) und Volker Lindner (Geige), die als Duo „Folkscheuchen“ mit selbstgeschriebenen Liedern und Instrumentals auftreten. Den Einstieg bildete ein schwungvolles Instrumentalstück mit Anleihen an Klezmermusik. Direkt anschließend spielten sie das Lied „Eine klapprige Gestalt“, ein Lied über eine Vogelscheuche, die als Symbol der Vergänglichkeit dient. „Wir warten schon“ beschreibt die Gefühle von Musikern, die aufgeregt und nervös auf ihren Auftritt warten, wunderbar gesungen von Jan. Eindrücke aus der Jugendzeit beschreibt das Lied „Nachtwanderung“. „Bildersturm“ besingt die Eindrücke von Bildern die sich bei Jan, der das Lied geschrieben hat, als Kind in seinem Kopf abgespielt haben – beeindruckend. Ebenfalls sehr persönliche Eindrücke schildert das Lied „Große Liebe“. Darin geht es um eine Zeit, die man abschließt, und dieser Abschied von der Vergangenheit ist mit inneren Dramen verbunden – wunderbar gesanglich und melodisch umgesetzt von den beiden. Auch in die Kategorie „Bedrückende Erfahrungen“ gehört das Lied „Urlaubsangst“, das von einer tragischen Erfahrung auf einer Reise handelt. Lieder, die sich mit eher verstörenden Empfindungen und Erfahrungen beschäftigen, scheinen die Spezialität der Folkscheuchen zu sein. Mit „Drowsy Maggie“ einem fröhlichen Instrumentalstück aus Irland verabschiedeten sich die beiden dann unter großem Applaus von Ihrem Publikum
Aber das waren beileibe nicht alle Glanzlichter des Abends. Da gab es noch Dieter Faring, den begeisternden Gedichterezitator, der uns zum Jahresbeginn ein Potpourri von Liedern und Gedichten aus seinem Repertoire, teilweise ein wenig abgewandelt präsentierte: „Glückauf, das Neujahr kommt“, „Das alte Jahr, es ist nun futsch“, „Was torkelt seitdem durch Nacht und Wind?“ „Happy Neujahr“ waren einige seiner Beiträge. Nachdenklich und hintergründig war das Januargedicht von Erich Kästner, dem scharf- und hintersinnigen Beobachter der Zeitläufte, und dies ebenfalls nicht ohne, dass Dieter eine kleine Zeile eingeflochten hätte. Auch das Turmuhrgedicht von Heinz Erhardt durfte nicht fehlen. Bravo Dieter, für deine humorvollen Mitbringsel.
Drei weitere Edelsteine bescherte uns Bernd Wallau zusammen mit seinen Nachtigallen Monica Baron-Kroker und Sabine Hochstädter. Bernd erinnerte daran, dass wir uns ja noch in der Weihnachtszeit befanden und begleitete auf dem Klavier Monica und Sabine bei dem Kitsch-Klassiker „Happy Birthday Jesus“. Die drei brachten aber das Kunststück fertig, das Lied zu „entkitschen“ und präsentierten eine zauberhafte zweistimmige Version mit sparsamer aber wirkungsvoller Klavierbegleitung. Kirchenmusiker Bernd ist eben ein Profi, und Monica und Sabine haben ein feines Gesangsgefühl.
Herrlich mit a capella Gesang interpretierten die Drei das berühmte Lied von Carl Loewe „Die Uhr“ nach dem Text von Johann Gabriel Seidl. Das Gedicht, das in unverschnörkelter Weise aber höchst kunstvoll den Gang des Lebens über das Bild einer Uhr beschreibt, wurde von Carl Loewe mit einer ebenso einfachen wie eindriglichen Melodie vertont.
Etwas humorvoller aber zugleich anrührend war die Moritat vom Lebkuchenmann Leo Spekulatius, der zunächst vergessen wurde und dann später die ihm gebührende Beachtung bekam. Mit Monicas hellem Sopran und Sabines Altstimme klang das an sich so einfache Kinderlied ausgesprochen apart, und auch Bernd steuerte eine einstimmig gesungene Strophe bei. Hier zeigte er mit leichten Einsatzverzögerungen des Gesangs gegenüber seiner Klavierbeleitung stilistische Meisterschaft.
Nun, das war beileibe noch nicht alles, was der Abend zu bieten hatte. Benedict Steilmann präsentiert mit „Time“ ein zum Thema des Abends passendes Lied von Tom Waits. Er konnte zwar nicht mit der Reibeisenstimme von Tom Waits aufwarten (wer kann und will das schon?), aber schön gesungen und auf der Gitarre begleitet war es allemal.
Etwas fürs Gefühl präsentierte danach eine siebenköpfige Combo bestehend aus Steve Perry, John Harrison, Gabriela und Gunter Engel, Regine Mertens und Uta und Thomas Meier mit „Amazig Grace“ und „Auld Lang Syne“. Das war natürlich auch etwas zum Mitsingen für die Gemeinde. Die Combo hatte für den Auftritt mit Didgeridoo, Harfe und Tin Whistle eigens ein paar im Folk Club nicht so alltägliche Instrumente mitgebracht. Dazu noch eine kleine Anmerkung von unserem Master John: Es war das erste Mal, das bei einem Auftritt im Folk Club die keltische Harfe und die Blues „Harfe“ (auch Mundharmonika genannt) gemeinsam erklangen – hoffentlich stimmt’s.
Steve Perry, Mario Dompke und Benedict Steilmann taten sich danach zu einem Trio zusammen, um das unsterbliche Bluegrass-Stück „Dim Lights, Thick Smoke and Loud, Loud Music“ zum Besten zu geben. Ein Lied, das wie aus einer längst vergangenen Zeit anmutet, denn dem „Thick Smoke“ haben die Tugendwächter erfolgreich den Garaus gemacht. Wer weiß, vielleicht folgt auch bald ein Verbot lauter Musik. Dann hätte der Folk Club einen klaren Wettbewerbsvorteil.
Mario hatte noch einige seiner Eigenkompositionen auf Lager. „Off’ne Wunden heilen schnell“ lautet der Titel eines Liedes mit dem bedrückenden Thema Kindesmissbrauch, das aber als Kontrast in einer eher friedliche Melodie daher kommt. Uta Schäfer gesellt sich dazu bei den Liedern „Jeder gehört nur sich allein“ über die Liebe und „Smartphone Symphonie“ über den Zwang, den die kleinen Wunderdinger auf uns ausüben. „Hallo mein liebes Smartphone, wie fandest du uns’re Nacht?“ lautet eine Zeile aus dem zugleich witzigen wie nachdenklichen Lied.
Wie Ihr aus dem Bericht leicht ersehen könnt, ging wieder ein vollgepackter und unterhaltsamer Abend dem Ende entgegen, nicht aber ohne die übliche Krönung durch den ollen Rausschmeißer „Jock Stewart“, den die Gemeinde mit Inbrunst sang. Bald können alle das Lied auswendig, und euer Chronist kann die Anzahl der Textblätter, die er jedes Mal anschleppt, deutlich reduzieren.
Auf Wiedersehen am 5. Februar mitten im Höhepunkt der fünften Jahreszeit. Das Programm mit David Blair aus Kanada und den anderen vorliegenden Anmeldungen sieht allerdings ganz unkarnevalistisch aus. Viel Spaß verspricht es jedoch auf jeden Fall auch ohne Alaaf.