Folk
Club (Nr. 32) im Dezember 2012 – Besinnliches im Advent
Auch ohne ausgesprochen typische Adventslieder
kann es im Advent sehr besinnlich und irgendwie auch feierlich zugehen. Der
Folk Club Nummer 32 zeigte sich als ein solches Ereignis. Dazu trugen natürlich
auch die äußeren Umstände bei: Heftiger Schneefall überzog die Umgebung mit
einer Winterwunderland-Stimmung, sorgte aber auch dafür, dass einige
angekündigte Musiker nicht anreisen konnten und dass insgesamt die Zuhörerschar
etwas moderater ausfiel. Das wiederum brachte eine wunderbar entspannte und
ruhige Atmosphäre mit sich, die ideal für die zahlreichen eher leisen Töne des
Abends geeignet war.
Aber wie üblich eröffnete Master John Harrison mit seinem
markerschütternden „Ladies and Gentlemen ...“-Ruf den Abend und steuerte danach
ein a cappella gesungenes Lied über die „Berry Fields of Blair“ bei. Er widmete
das Lied über die Beerenpflücker Simon Kempston, dem Special Guest des heutigen
Abends, der, so John, seine schottische Heimat wegen der häufigen Konzertreisen
so selten sehe, dass er eine kleine Erinnerungshilfe brauche. Ebenfalls mit
Schottland zu tun hatte die witzige von John selbst erdachte Geschichte von
„Albert McTavish’s Brand New Frigidaire“. Der ausführlichen Beschreibung der
Geschichte über Albert McTavish, der nach Edinburgh reist, um einen Kühlschrank
für sein Heim auf einer entlegenen nordschottischen Insel zu kaufen, folgt die
musikalische Version, die zur Überraschung der Zuhörer ein
Gitarren-Instrumental ist – immer wieder gern gehört! Ebenfalls bereits ein
Folk Club Klassiker ist inzwischen der Blues über „St. James Infirmary“, den
John am Klavier unterstützt durch eigene Mundharmonika Begleitung vortrug. Mit
einer sehr schönen Interpretation der Eigenkomposition „Mr Solitaire beendete
er seinen Auftritt.
Immer wieder gern gehört und gesehen wird unser
treuer Gefolgsmann Alvaro Arango aus
Kolumbien, dessen Interpretation von Bob Dylans Lied „Mama You Been on My Mind“
vermuten ließ, dass er in diesen Tagen etwas Heimweh nach seinem fernen
Heimatland und seiner Familie hat. Ein zweites, schönes lyrisches Liebeslied,
selbst verfasst von Alvaro, hatte noch keinen Titel.
Sabine
Hellmann gab danach ein Gastspiel mit ihren Interpretationen von „Move
Over“ von Janis Joplin und „I heard it Through the Grape Vine“ von Marvin Gaye.
Ein weiteres Lied handelte davon, dass man immer nur eins nach dem anderen tun
sollte.
Jörg
Bohnsack und Steven Perry wagten
sich danach mit Bravour an die heimliche australische Nationalhymne „Waltzing
Matilda“, die von einem unglücklichen Landstreicher handelt, der beim Schafe
Stehlen erwischt wird und sich lieber ins Wasser (in den Billabong) stürzt, als
ins Gefängnis zu wandern. Dank Mitsingzettel konnte sich die Gemeinde
stimmkräftig beteiligen. Ebenfalls zum
Mitsingen gab es danach das zur Saison passende Lied „Grandma Got Run Over by a
Reindeer“ – köstlich. Das Lied machte in den USA in den Siebziger Jahren Furore
und bescherte seinen beiden kalifornischen Schöpfern – Randy Brooks and Dr.
Elmo Shropshire – unverhoffte Popularität, die nicht geglaubt hatten, dass ihre
eigentlich als witziges Gelegenheitslied gedachte Komposition so einschlagen
würde.
Nach diesem intensiven „Vorprogramm“ kam
endlich Simon Kempston, unser
Special Guest aus dem schottischen Edinburgh zum Zuge, der mit seinem
hochkarätigen Gitarrenspiel und voller, variationsreicher Stimme seine
selbstkomponierten Lieder voller Poesie vortrug – ein Genuss.
Simon hat inzwischen seine dritte CD „How We
Once Were“ fertiggestellt, aus der er einige Kostproben gab. „When I’ll run“
erzählt über einen Boxer, der drogenabhängig wurde und daran zugrunde ging.
„Lattice of Wrought Iron“ ist die poetische Bearbeitung eines Kauferlebnisses
mit unnützen Dingen im Urlaub. „You
buy from me the best bargain you’ll ever see” lautet eine Zeile – pure Ironie. Ebenfalls
neue Lieder sind “Young Soldier in Fort George“, Careless Interventionist und
„Estranged“.
Simon präsentierte aber auch einige seiner
alten Lieder, denen er überarbeitete, wunderbar melodische und virtuose
Gitarrenbegleitungen gegeben hatte. „Derry Walls, „My Tattered Uniform“, „Marble Town“, „Full of Regret” und
„Barricade“ gehörten dazu. Einige von ihnen waren bereits bei Simons
letztem Auftritt im Folk Club im November 2011 zu hören waren. Besonders gut
gefiel mir das Lied „Cast Iron Guarantee“, das Simon unter dem Eindruck eines
bewegenden Films geschrieben hatte, der die schwierige Liebe zweier Menschen
mit unterschiedlichem religiösen Hintergrund in Glasgow schilderte. Der Titel
des Films lautete „Ae fond Kiss“ und wurde 2004 erstmals gezeigt,
interessanterweise zuerst in Deutschland auf der Berlinale und erst einige Tage
später im Vereinigten Königreich. Natürlich gab es auch bei dieser Vorstellung
eine Zugabe, und Simon beglückte uns mit dem berühmten Lied „Baker Street“
seines schottischen Landsmannes Gerry Rafferty, der 2011 an den Folgen von
Alkoholmissbrauch verstorben war. Es gab großen Applaus. Wir bedanken uns ganz
herzlich bei Simon für seinen Auftritt und wünschen ihm viele weitere Ideen für
Lieder und Energie für seine zahlreichen Auftritte.
Der Abend brachte aber noch einiges mehr: Steven Perry eröffnete nach der Pause
den Reigen mit dem witzigen Lied „The Martins and the Coys“ über eine spezielle
Fehde zwischen zwei Hillbilly-Familien. Sehenswert ist ein lustiges Video zu
dem Lied auf Youtube.
Es gab auch einen Walk-In mit Adam, der zur Begleitung seiner
sächsischen Konzertina das schöne, etwas melancholische Volkslied „Das Laub
fällt von den Bäumen“ sang. Er bekam viel Beifall für seinen mit schöner,
klarer Stimme vorgetragenen Gesang. Wir hoffen, dass Adam uns bei kommenden
Folk Club Treffen wieder besuchen und mehr aus seinem Repertoire vortragen
wird.
Ein weiteres Glanzlicht des an Höhepunkten
nicht armen Abends war der Auftritt von Barry
Roshto am Klavier zusammen mit seiner Tochter Emily, die zu ihrer Gitarre mit ihrer schönen und
intonationssicheren Stimme sang. Bei „Down“ von Jason Walker war Emilys Stimme
noch etwas verhalten, aber bei „Wake Me up, When September Ends“ von Green Day
waren sie und ihre Stimme in ihren Elementen und mit Barrys fabelhafter
Begleitung sowohl am Klavier als auch mit seinem Gesang klang das eigentlich
von einer Rockband konzipierte Lied wunderbar lyrisch. Bei „I Follow Rivers“
von Lykke Li steuerte Barry eine eigenwillige und gekonnte Perkussionseinlage
mit zwei Gläsern bei. Auch von Emily und Barry forderte Das Publikum eine
Zugabe, die es dann mit „Shake up the Happiness“ der Gruppe Train erhielt.
Riesenapplaus! Das Duo machte deutlich Appetit auf mehr. Emily, komm bald
wieder mit neuen Liedern!
So ging ein Abend mit vielen schönen Momenten
und etlichen musikalischen Verheißungen für künftige Folk Club Treffen zuende
und hinterließ wieder eine mit Glückshormonen abgefüllte Gemeinde zurück.
Zum Schluss seien noch Extrakomplimente für das
Publikum abgeladen, das durch seine Konzentration beim Zuhören für alle Musiker
ein besonderes Erlebnis darstellt. Musik ohne Verstärker funktioniert und sorgt
durch ihre besonders intensive Atmosphäre für Gänsehaut bei Akteuren und
Publikum.
Ein ganz herzliches Dankeschön geht an den Spender des ersten Barhockers. Vielleicht folgt ja noch der eine oder andere.
Ein ganz herzliches Dankeschön geht an den Spender des ersten Barhockers. Vielleicht folgt ja noch der eine oder andere.
Ein weiteres dickes Kompliment geht an die
Barbesatzung, die wieder ein besonderes Einfühlungsvermögen für die
Anforderungen an musikalische Veranstaltungen wie diese gezeigt hat.
An alle Folk Club Freunde senden wir von hier
die besten Wünsche für ein frohes Weihnachtsfest und für ein glückliches
Wiedersehen im neuen Jahr 2013.
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