Montag, 17. Dezember 2012

Detlefs Bericht über Folk Club Nr. 32


Folk Club (Nr. 32) im Dezember 2012 – Besinnliches im Advent

Auch ohne ausgesprochen typische Adventslieder kann es im Advent sehr besinnlich und irgendwie auch feierlich zugehen. Der Folk Club Nummer 32 zeigte sich als ein solches Ereignis. Dazu trugen natürlich auch die äußeren Umstände bei: Heftiger Schneefall überzog die Umgebung mit einer Winterwunderland-Stimmung, sorgte aber auch dafür, dass einige angekündigte Musiker nicht anreisen konnten und dass insgesamt die Zuhörerschar etwas moderater ausfiel. Das wiederum brachte eine wunderbar entspannte und ruhige Atmosphäre mit sich, die ideal für die zahlreichen eher leisen Töne des Abends geeignet war.

Aber wie üblich eröffnete Master John Harrison mit seinem markerschütternden „Ladies and Gentlemen ...“-Ruf den Abend und steuerte danach ein a cappella gesungenes Lied über die „Berry Fields of Blair“ bei. Er widmete das Lied über die Beerenpflücker Simon Kempston, dem Special Guest des heutigen Abends, der, so John, seine schottische Heimat wegen der häufigen Konzertreisen so selten sehe, dass er eine kleine Erinnerungshilfe brauche. Ebenfalls mit Schottland zu tun hatte die witzige von John selbst erdachte Geschichte von „Albert McTavish’s Brand New Frigidaire“. Der ausführlichen Beschreibung der Geschichte über Albert McTavish, der nach Edinburgh reist, um einen Kühlschrank für sein Heim auf einer entlegenen nordschottischen Insel zu kaufen, folgt die musikalische Version, die zur Überraschung der Zuhörer ein Gitarren-Instrumental ist – immer wieder gern gehört! Ebenfalls bereits ein Folk Club Klassiker ist inzwischen der Blues über „St. James Infirmary“, den John am Klavier unterstützt durch eigene Mundharmonika Begleitung vortrug. Mit einer sehr schönen Interpretation der Eigenkomposition „Mr Solitaire beendete er seinen Auftritt. 

Immer wieder gern gehört und gesehen wird unser treuer Gefolgsmann Alvaro Arango aus Kolumbien, dessen Interpretation von Bob Dylans Lied „Mama You Been on My Mind“ vermuten ließ, dass er in diesen Tagen etwas Heimweh nach seinem fernen Heimatland und seiner Familie hat. Ein zweites, schönes lyrisches Liebeslied, selbst verfasst von Alvaro, hatte noch keinen Titel.

Sabine Hellmann gab danach ein Gastspiel mit ihren Interpretationen von „Move Over“ von Janis Joplin und „I heard it Through the Grape Vine“ von Marvin Gaye. Ein weiteres Lied handelte davon, dass man immer nur eins nach dem anderen tun sollte.

Jörg Bohnsack und Steven Perry wagten sich danach mit Bravour an die heimliche australische Nationalhymne „Waltzing Matilda“, die von einem unglücklichen Landstreicher handelt, der beim Schafe Stehlen erwischt wird und sich lieber ins Wasser (in den Billabong) stürzt, als ins Gefängnis zu wandern. Dank Mitsingzettel konnte sich die Gemeinde stimmkräftig  beteiligen. Ebenfalls zum Mitsingen gab es danach das zur Saison passende Lied „Grandma Got Run Over by a Reindeer“ – köstlich. Das Lied machte in den USA in den Siebziger Jahren Furore und bescherte seinen beiden kalifornischen Schöpfern – Randy Brooks and Dr. Elmo Shropshire – unverhoffte Popularität, die nicht geglaubt hatten, dass ihre eigentlich als witziges Gelegenheitslied gedachte Komposition so einschlagen würde.

Nach diesem intensiven „Vorprogramm“ kam endlich Simon Kempston, unser Special Guest aus dem schottischen Edinburgh zum Zuge, der mit seinem hochkarätigen Gitarrenspiel und voller, variationsreicher Stimme seine selbstkomponierten Lieder voller Poesie vortrug – ein Genuss.
Simon hat inzwischen seine dritte CD „How We Once Were“ fertiggestellt, aus der er einige Kostproben gab. „When I’ll run“ erzählt über einen Boxer, der drogenabhängig wurde und daran zugrunde ging. „Lattice of Wrought Iron“ ist die poetische Bearbeitung eines Kauferlebnisses mit unnützen Dingen im Urlaub. „You buy from me the best bargain you’ll ever see” lautet eine Zeile – pure Ironie. Ebenfalls neue Lieder sind “Young Soldier in Fort George“, Careless Interventionist und „Estranged“.
Simon präsentierte aber auch einige seiner alten Lieder, denen er überarbeitete, wunderbar melodische und virtuose Gitarrenbegleitungen gegeben hatte. „Derry Walls, „My Tattered Uniform“, „Marble Town“, „Full of Regret” und „Barricade“ gehörten dazu. Einige von ihnen waren bereits bei Simons letztem Auftritt im Folk Club im November 2011 zu hören waren. Besonders gut gefiel mir das Lied „Cast Iron Guarantee“, das Simon unter dem Eindruck eines bewegenden Films geschrieben hatte, der die schwierige Liebe zweier Menschen mit unterschiedlichem religiösen Hintergrund in Glasgow schilderte. Der Titel des Films lautete „Ae fond Kiss“ und wurde 2004 erstmals gezeigt, interessanterweise zuerst in Deutschland auf der Berlinale und erst einige Tage später im Vereinigten Königreich. Natürlich gab es auch bei dieser Vorstellung eine Zugabe, und Simon beglückte uns mit dem berühmten Lied „Baker Street“ seines schottischen Landsmannes Gerry Rafferty, der 2011 an den Folgen von Alkoholmissbrauch verstorben war. Es gab großen Applaus. Wir bedanken uns ganz herzlich bei Simon für seinen Auftritt und wünschen ihm viele weitere Ideen für Lieder und Energie für seine zahlreichen Auftritte.

Der Abend brachte aber noch einiges mehr: Steven Perry eröffnete nach der Pause den Reigen mit dem witzigen Lied „The Martins and the Coys“ über eine spezielle Fehde zwischen zwei Hillbilly-Familien. Sehenswert ist ein lustiges Video zu dem Lied auf Youtube. 

Es gab auch einen Walk-In mit Adam, der zur Begleitung seiner sächsischen Konzertina das schöne, etwas melancholische Volkslied „Das Laub fällt von den Bäumen“ sang. Er bekam viel Beifall für seinen mit schöner, klarer Stimme vorgetragenen Gesang. Wir hoffen, dass Adam uns bei kommenden Folk Club Treffen wieder besuchen und mehr aus seinem Repertoire vortragen wird. 

Ein weiteres Glanzlicht des an Höhepunkten nicht armen Abends war der Auftritt von Barry Roshto am Klavier zusammen mit seiner Tochter Emily, die zu ihrer Gitarre mit ihrer schönen und intonationssicheren Stimme sang. Bei „Down“ von Jason Walker war Emilys Stimme noch etwas verhalten, aber bei „Wake Me up, When September Ends“ von Green Day waren sie und ihre Stimme in ihren Elementen und mit Barrys fabelhafter Begleitung sowohl am Klavier als auch mit seinem Gesang klang das eigentlich von einer Rockband konzipierte Lied wunderbar lyrisch. Bei „I Follow Rivers“ von Lykke Li steuerte Barry eine eigenwillige und gekonnte Perkussionseinlage mit zwei Gläsern bei. Auch von Emily und Barry forderte Das Publikum eine Zugabe, die es dann mit „Shake up the Happiness“ der Gruppe Train erhielt. Riesenapplaus! Das Duo machte deutlich Appetit auf mehr. Emily, komm bald wieder mit neuen Liedern!

So ging ein Abend mit vielen schönen Momenten und etlichen musikalischen Verheißungen für künftige Folk Club Treffen zuende und hinterließ wieder eine mit Glückshormonen abgefüllte Gemeinde zurück.

Zum Schluss seien noch Extrakomplimente für das Publikum abgeladen, das durch seine Konzentration beim Zuhören für alle Musiker ein besonderes Erlebnis darstellt. Musik ohne Verstärker funktioniert und sorgt durch ihre besonders intensive Atmosphäre für Gänsehaut bei Akteuren und Publikum.

Ein ganz herzliches Dankeschön geht an den Spender des ersten Barhockers. Vielleicht folgt ja noch der eine oder andere.

Ein weiteres dickes Kompliment geht an die Barbesatzung, die wieder ein besonderes Einfühlungsvermögen für die Anforderungen an musikalische Veranstaltungen wie diese gezeigt hat.

An alle Folk Club Freunde senden wir von hier die besten Wünsche für ein frohes Weihnachtsfest und für ein glückliches Wiedersehen im neuen Jahr 2013.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen