Folk Club Nr. 54 im Januar 2015 – „Wege”
„Wege“ lautete das Motto der 54.
Ausgabe des Folk Club Bonn. Wie bezeichnend für die erste Veranstaltung des
Folk Club im 5. Jahr seines Bestehens! Wenn man aus der jüngsten Session ein
Bild für den weiteren Weg des Folk Club entnehmen sollte, dürfte einem
jedenfalls nicht bange werden: Das Haus ist voll, die Künstler sind begeistert
und die Organisatoren haben eher die Qual der Wahl als Mangel an
Auftrittsangeboten.
Wir hoffen auch in diesem Jahr
wieder auf ein äußerst abwechslungsreiches Programm mit vielen Höhepunkten. Mit
Cynthia Nickschas und ihren Freunden Mario und Christoph
konnte die erste Ausgabe von 2015 bereits ein echtes Glanzlicht aufweisen, aber
darüber später mehr.
Wie üblich startete
Zeremonienmeister John Harrison den Abend, diesmal mit einem Gedicht
passend zum Thema: „The Road Not Taken“ von Robert Frost. Es geht um die Qual
der Wahl, die man an einer Gabelung bei der Wahl des Weges hat, bei der
Weichenstellung im Leben. Der Erzähler wählt den Weg, der augenscheinlich noch
recht wenig genutzt wurde und ist sich darüber bewusst, dass diese Wahl aller
Wahrscheinlichkeit endgültig sein würde. Rückblickend seufzt er über seine
Wahl: „And that has made all the difference“.
“Manchester Rambler” lautete der
Titel des Liedes von Ewan McColl (eines seiner bekanntesten Lieder ist „Dirty
Old Town“) über die Zeit, als in England ganze Landstriche in Privatbesitz
nicht für jedermann zugänglich waren. Der Manchester Rambler verschaffte sich
frech Zutritt. John und Steve Perry sangen das Lied wunderbar a
capella im Zwiegespräch. Bei „Machine Gun Kelly“ holte John seine Tri Cone
Resonator Gitarre hervor. Bei der Geschichte geht es im weitesten Sinne auch um
einen Weg, den Weg ins Verderben nämlich, den der besungene Gangster geht.
Nach dem Lied über den bösen
Schurken kam gleich die zum Datum passende heilige Unterbrechung: Die Heiligen
Drei Könige gaben sich in Gestalt der Sternsinger die Ehre. Der Chronist ist
sich sicher, dass sich der Besuch der drei gelohnt hat. Immerhin ruht nun der
Segen C(hristus) M(ansionem) B(enedicat) auch auf dem Folk Club.
Martin Kuenen, der
bereits im Oktober mit Liedern über Köln begeistert hatte, kam diesmal mit
seinem Chorkollegen Jürgen Esser (Akkordeon). „Mögen die Wege, die du
gehst, aus Liebe sein“ ist ein Lied aus Martins eigener Feder. Die einfache,
aber einprägsame Melodie animierte das Publikum auch gleich zum Mitsingen.
Martin hat mit diesem und anderen seiner Lieder auch viel Erfolg in seinem Chor
„Church Rocking“ aus Köln-Rondorf – Dicker Applaus für die beiden, die sicher
nicht das letzte Mal im Folk Club waren.
Ebenfalls mit einem einzelnen
Lied warteten Sabine Hochstädter, Monica Baron-Kroker und Bernd
Wallau auf, die schon mehrmals im Folk Club zu Gast waren. Ihr Lied passte
zwar nicht zum Thema des Tages, dafür umso besser zur Jahreszeit. „Winter
Light“ lautet der Titel des Liedes von Amy Bernon, die in den USA eine ungemein populäre
Komponistin für Chorstücke ist. Die beiden Sängerinnen konnten ihre herrlichen
Stimmen mit dem melodischen Lied wunderbar zur Geltung bringen – Auch für die
drei gab es tollen Beifall.
Alte Bekannte im Folk Club sind Claudia
Huismann und Werner Krotz-Vogel (alias „meoneo“) und seit
kurzem auch Claudias Tochter Annette, die diesmal zu dritt mit dem Lied
von Carol King „Where You Lead“ auftraten. Werners gekonntes Gitarrenspiel und
die intonationssicheren, tragenden Stimmen der beiden Frauen sorgten für den
nötigen Wohlfühl-Effekt.
Lothar Prünte aus Köln
hat offenbar auch sein Herz an den Folk Club verloren, denn seit seinem ersten
Auftritt im vorigen Oktober, bei dem er mit seiner außergewöhnlichen Stimme
begeisterte, ist er regelmäßig im Folk Club zu Gast. Gleich bei Oleta Adams’
Lied „Get Here“ zeigte er sein außergewöhnliches Können. Auch das nicht leicht
zu singende „The Way It Is” von Bruce Hornsby gelang mit Bravour. Hier konnte
er zudem seine tolle Technik an der Gitarre voll ausspielen. Besonders gefiel
mir seine Version von „Like The Way I Do“ von Melissa Etheridge. Mit seiner
Stimme, die auch in den Höhen keine Probleme und den gewissen Reibeisenfaktor
ähnlich wie das musikalische Vorbild hat, war das Stück ein wahrer Genuss –
bravo!
Neu im Folk Club waren Karin
Schüler und Gerald Löhrer aus Hersel. „The One I Love“ von R.E.M.
war ihr toller Einstieg mit schönem zweistimmigem Gesang. Karins
Instrumentalsolo auf der Blockflöte gab dem Lied eine ganz eigene Note. „Hiding
My Heart“ von Adele meisterte Karin souverän.
Nach der Pause kamen die mit
Vorfreude erwarteten Cynthia Nickschas (Gesang und Gitarre) und ihre
Freunde Mario Hühn (Percussion) und Christoph Wegener (Bass) zum
Einsatz. Zwei der sonst insgesamt vier Freunde konnten leider nicht dabei sein.
Nach ihrem furiosen Auftritt im
Juni 2013 – damals sogar zu sechst – hatten wir schon gehofft, dass Cynthia
einmal wieder den Folk Club beehren würde. Immerhin hat sie inzwischen
vielbeachtete Auftritte hinter sich und ist deutlich aus der Ecke der anonymen
Straßenmusikerin herausgewachsen. In Bonn war sie im vergangenen Herbst unter
anderem mit einem sehr gut besuchten Konzert in der Harmonie zu Gast und im
März steht sogar ein Auftritt bei Konstantin Weckers Konzert in der Kölner
Philharmonie auf der Liste ihrer zahlreichen Auftritte.
Das lange Warten hatte sich
wahrhaftig gelohnt. Mit ihrer ungeheuren Energie und Spielfreude legten die
drei los und begeisterten mit ihren Liedern, die von Wünschen, Hoffen,
Enttäuschung, den im Leben wirklich wichtigen Dingen und immer wieder von
Zuversicht in die eigene Stärke und darüber, dass Geld nicht alles kann,
handeln. Viele der Lieder finden sich auf der im September 2014 erschienenen CD
„Kopfregal“. „Dein Weg“ lautete das erste Lied, mit dem die drei sofort ihre
ungeheure Bühnenpräsenz unter Beweis stellen konnten. Cynthias wunderbar
variable Stimme, je nach Bedarf von zart bis beinahe brutal rau zog das
Publikum in ihren Bann. Mario und Christoph erwiesen sich als perfekt
eingespielte Begleiter. „Warum?“, „Gold glänzt nicht ohne Licht“, „Tanzen
hilft“, „Positiv denken“ und „Gedankensalat“ waren die Titel der weiteren
Lieder. Donnernder Applaus gab es als Lohn – und ohne Zugabe konnten die drei
die Bühne natürlich nicht verlassen. „Es läuft immer, wie du dich fühlst“
lautete das „Bonuslied“. Das ist ein Lied zum Mut machen, denn „wenn es dir
richtig dreckig geht, guck mal nach dem Licht“, ist die deutliche Empfehlung.
Ein Lichtblick für die drei war auch der Erfolg der CD beim Publikum. Von den
mitgebrachten Exemplaren (wir verraten nicht wie viele) brauchte keines mehr
die Heimreise anzutreten. Viel Glück für Cynthia und Friends und viel Erfolg
mit ihrer Musik.
Nach diesem furiosen Auftritt
ging es etwas gemütlicher zu. Bob Marabito hatte die grandiose Idee, für
das alte amerikanische Volkslied „Oh Susanna“ eine Mitsängerin aus dem Publikum
gleichen Namens zu gewinnen – und er hatte tatsächlich Erfolg! Bob, Steve
Perry und die unverhoffte Susanna sangen das Lied von Stephen Foster
aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts mit tatkräftiger Unterstützung des
Publikums.
Zurück zum Thema des Abends
führte uns Gerd Schinkel, der seine Sicht über eine Pilgerreise auf dem
Jakobsweg musikalisch und vor allem textlich verarbeitet hatte. In zahlreichen
Versen breitete er seine witzigen und ironischen Betrachtungen aus. „Früher
oder später kommt der letzte Kilometer“ lautete der Refrain aus Gerds schier
unerschöpflicher Verseschmiede.
Ein anderer Weg, nämlich die
Allee der elysischen Felder in Frankreichs schöner Hauptstadt Paris, waren das
Thema im Beitrag von 2Sunny. Tatjana Schwarz sang mit ihrer
wundervollen Altstimme zu Ralf Haupts Gesangs- und Gitarren- und
Kazoo-Unterstützung „Champs Elysées“ von Joe Dassin in der Version mit
deutschem Text.
Petra Koitka, die bereits
mehrmals solo im Folk Club aufgetreten war, kam diesmal in Begleitung von Ralf
Neukirch an der Gitarre. Petra ist eine fleißige Stückeschreiberin und
präsentierte mit „My Friend (The Lonesome Way)“ ein neues Lied, das sie
anlässlich des Todes einer Bekanntschaft aus dem Folk Club geschrieben hatte –
der Folk Club als Kristallisationskern für neue Lieder, wie schön! Das Lied
soll laut Petra auch für alle anderen lieben Freunde sein, die irgendwann den
„Lonesome Way“ gingen oder gehen. Wie gewohnt kam Petras voluminöse Stimmer gut
zur Geltung. Bei „A Star to Guide Your Way“ spielte Petra anstelle ihrer Gitarre
einen Appalachian Dulcimer. Das Instrument gehört zu den sogenannten
Bordunzithern. Mit „I Want You to Know“ sang sie eine peppige Liebeserklärung
an einen unbekannten Verehrten. Steve Perry musste zu seiner großen
Verwunderung als Stellvertreter für den Unbekannten herhalten – großer Applaus
für den schönen Beitrag von Petra und Ralf.
Nach längerer Abwesenheit war
auch wieder Lothar Heinrich zu hören, diesmal zunächst allein mit dem
schönen Lied von Cole Porter „Don’t Fence Me in“, das die Sehnsucht nach
Freiheit besingt. „O Sarracino“ von Renato Carosone handelt von der
vermeintlichen oder tatsächlichen Vorliebe der Frauen für besonders exotische
Männer. Der dunkelhäutige Seemann (Sarracino – der Sarazene), der in Neapel von
Bord eines Schiffes geht, hat jedenfalls die Aufmerksamkeit der Damen auf
seiner Seite. Mir Verstärkung von Gaby Tieboka (Gesang) und Peter
Philips (Gitarre), die bereits seit den Anfängen des Folk Clubs vor fünf
Jahren mit von der Partie sind, hieß es dann „50 Ways to Leave Your Lover“,
wobei die Wege eher im übertragenen Sinne gemeint waren. Das Lied von Paul
Simon ist immer ein grandioser Spaß. Mit dem gefühlvollen Gospel „Amen“ in der
„nicht ganz so frommen“ Textversion von Sam Cooke beendeten die drei den wieder
wundervollen, abwechslungsreichen Abend.
Wie üblich war das natürlich
nicht das Ende, denn alle noch anwesenden Musiker des Abends versammelten sich
für den traditionellen Rausschmeißer „Jock Stewart“. John Harrison nutzte
danach noch die einmalige Gelegenheit und lud Cynthia Nickschas ein, mit ihm
zusammen das Lied „Mercedes Benz“ der unvergessenen aber leider zerrissenen und
zu früh gestorbenen Janis Joplin zu singen. Cynthias Stimme ist für dieses Lied
wie geschaffen, hatte sich John wohl gesagt, und damit hat er auch Recht –
großartig!
Wir sehen uns wieder am 6.
Februar 2015. Wir erwarten Tom Kannmacher, der diesmal mit alten
deutschen Volksliedern zur Laute gesungen aufwarten wird. Als zweiter
besonderer Gast hat sich David Blair aus Kanada angemeldet, der eigene
Kompositionen spielen wird.
Für Interessenten, die sich für einen Auftritt anmelden wollen, hier noch einmal ein kleiner Hinweis: Bitte verwendet für eine eventuelle Anmelde-Mail die Adresse playrequestfolkclubbonn AT gmail DOT com. Bitte drückt für eure Anmeldung nicht einfach auf den „Antworten“-Button, wenn ihr die monatliche Benachrichtigungs-Mail vom Folk Club erhaltet. Die Technik der Googlemail-Accounts sorgt dafür, dass Mails und Antwortmails in einer Kette verbunden werden. Da wir jedes Mal auf unsere Info-Mail viele automatische Rückläufe bekommen (Mailbox voll, Abwesenheitsnachrichten, hin und wieder auch: „Mailadresse existiert nicht mehr“, etc.), hängt eure Anfrage dann womöglich ziemlich versteckt zwischen all den weniger interessanten Automatik-Rückläufen, und ihr wundert euch, dass ihr keine Antwort erhaltet. Also: Bitte beachtet unseren Hinweis, und dann klappt das auch (meistens) mit einer baldigen Antwort.
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