Dienstag, 28. Februar 2017

Marios Bericht vom Folk Club Nr. 77 im Februar 2017


Flüchtlinge, Refugees – ein Thema des Schreckens, der Angst aber auch der Hoffnung

Jeder Folkclub steht unter einem Motto, an welches die Künstler sich nicht halten müssen, aber es doch gewünscht ist, darauf einzugehen. In unserer heutigen, gelebten Zeit kann das Thema Flüchtlinge gar nicht oft genug in eine emotionale, doch hoffentlich sachlich geführte Diskussion eingebracht werden – viel zu oft wird bei uns und in and'ren Ländern so hanebüchen über das Thema gesprochen, dass es mich zutiefst erschreckt. Würde nun dieses Erschrecken seiner physiologischen Grundlage folgen und nach einem ersten Flucht oder Angriffsimpuls die Situation sachgerecht beurteilen, um dann wieder zu einer ausdauernd, haltbaren Anpassung zurückzukehren, wäre ja alles gut – aber, je weniger wir aus einer Wohlstandssituation heraus bereit sind Veränderungen zu akzeptieren, desto weniger werden wir Schreck als notwendigen Anstoß zu Veränderung akzeptieren.

Nicht so bei jeder Eröffnungszeremonie des Folkclubs. Das  plötzlich geschmetterte „Laaadiieees and Gentlemen...“ des Zeremonienmeisters John Harrison erschreckt (trotz vorhandener Erwartungshaltung) immer wieder, führt aber  folgerichtig zu der gewünschten physiologischen Reaktion  einer Abwehrhaltung (auch gegen Unbekanntes) und gleichzeitig zu einer Konditionierung des Körpers für die anstehende Aufgabe – erhöhte Sauerstoffzufuhr durch tiefes Einatmen, Anspannung der Muskeln für schnelle Reaktionen und Ansteigen des Adrenalinspiegels um Muskeln, Gedanken und nervliche Verbindungen zu aktivieren. Alles zusammen führt zu einer ungeteilten Aufmerksamkeit des Publikums auf das startende Programm.

Dieses begann dem Thema folgend mit der Interpretation von Bob Dylans „I Pity the  Poor Immigrant“ durch John Harrison. Auch wenn John selten Bob Dylan Songs singt (Bob singt ja auch keine von John), so war dieses Lied ein sehr gelungener Einstieg in den Abend. Vervollständigt wurde dieser Einstieg durch John, Steve und Regine, in dem sie den Willkommensgruß der Freiheitsstatue von Amerika verlasen und so den Widerspruch aktueller amerikanischer Politik mit der eigenen Kultur aufzeigten:

Gebt mir Eure Müden, Eure Armen,
Eure geknechteten Massen, die sich danach sehnen, endlich frei atmen zu können,
Den elenden Abfall Eurer gedrängten Küsten.
Schickt mir diese, die Heimatlosen, die von Stürmen Hin-und-Her-Getriebenen,
Hoch halte ich mein Licht am goldenen Tor.“

John ließ noch zwei Eigenkompositionen folgen und verankerte so das gewählte Thema unauflösbar für den Rest des Abends. „1001“ handelt von den Bildern der Kriege in  Indochina und „Trouble And Strife“ über den ersten Krieg nach dem zweiten Weltkrieg auf europäischem Boden. Wohl jeder im Saal stellte sich die Frage, wo wir heute stehen, wo Demokratie und Tyrannei beginnen zwei Seiten der gleichen Medaille zu werden.

Von einem emigrierten Dichter erzählte dann der Poesiebarde Gert Müller. Sein Kumpel und Dialektdichter Gerd Böhm ist nämlich von Friesdorf nach Neunkirchen-Seelscheid gezogen – es blieb im Verborgenen, ob dies aus politischem Antrieb, existenzieller Not oder einfach dem Wunsch nach Veränderung geschah. Auf alle Fälle zeigte die rheinische Nachdichtung der biblischen Geschichte, wie aus Wasser Wein wurde, eine christliche Form von Problemlösungen auf. Heute würde wahrscheinlich von Innovationen als Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen gesprochen.

Hans-Günter Peters ging das Thema wieder anders an. Die Sehnsucht nach Rückkehr ins eigene Zuhause zeigt auch das Countrylied von John Denver „Country Roads“ auf. Unendliche Weite, Sicherheit usw. alles schön und gut – aber das Heimweh kneift trotzdem immer wieder.

Steve Perry setzte mit dem Lied „When I First Came To This Land“ (Oscar Brand) an dem Willkommensgruß für die Einwanderer an und beschrieb das stück- für stückweise Eingliedern in die native Gesellschaft – im Lied ist dies jedoch trotz beschriebener Schwierigkeiten einfacher als in der Wirklichkeit.

Zwei weitere Lieder, vorgetragen von der Eifeler Künstlerin Petra Sigmund griffen das Thema Freiheit auf „Lady Liberty“ ein Zwiegespräch zwischen Mensch und Freiheit und „One Day“ die Beschreibung eins Zukunftstraumes wurden mit der kräftigen und sehr spezifischen Stimme von Petra vorgetragen. Sie begleitet sich hierbei wie immer selbst auf der Gitarre.

Nun wurde es Zeit für die ersten Featured Artists des Abends – Zaiten-Pfeiffer kamen mit einer „Big Band“ wie John es bezeichnete auf die Bühne. Warum ist der Folkclub rein akustisch? Weil ein Soundcheck bei dieser Bandgröße die Zeit eines Folkclubs sprengen würde :-) Aber auch zeigt sich hier die Grenze des akustisch Möglichen. Je mehr Instrumente begleitend tätig werden, desto kräftiger muss eine Singstimme sein und so geschah es, dass die Texte oft nicht wirklich verständlich waren, aber dies wurde durch die große Stimmung des Gesamtvortrages gut ausgeglichen. Mit dem Tribut an Knut Kiesewetters „Fresenhof“ begannen die Zaiten-Pfeiffer. Wenn auch mit einer anderen inhaltlichen Nuance, war doch der Fresenhof auch eine Fluchtstätte, sowohl seines Besitzers Knut Kiesewetter, wie auch vieler Künstler, die von ihm unterstützt, gefördert oder im Fresenhof produziert wurden. Weiter ging es mit einem historischen Flüchtlingslied unter dem Motto Goethe meets Beethoven. „La Marmotte“ ist eine Lied über den Versuch vieler Flüchtlinge, insbesondere Kinder, dem Hungertod zu entkommen, indem sie Murmeltiere tanzen ließen. Reisende, die durch solche Aufführungen kurzweilig unterhalten wurden, gaben kleine Geldbeträge oder auch Essen als Naturalien zur Belohnung. Stimmungen beschreiben Situationen oft besser als lange Geschichten und so interpretierten die Zaiten-Pfeiffer die Gefühle von Freiheitssuchenden mit dem irischen Instrumental „The Foggy Dew“, welches zu den Osteraufständen 1916 entstanden ist. Um es vorweg zu nehmen – als Featured Artists kamen die Zaiten-Pfeiffer in der zweiten Hälfte des Folkclubs noch einmal auf die Bühen und präsentierten mit den Songs „Nicht mit uns“, „The Keel Row“, „Ich bring Dich Durch Die Nacht“, Wann jeht de Himmel widder op“ und „Tanz mit mir“ neue Sichtweisen mit alten Liedern. Dass die Stimmung durch „Big Bands“ angeheizt wird wurde auch dadurch deutlich, das die Zaiten-Pfeiffers nicht ohne Zugabe von der Bühne gelassen wurden. Diese nutzten sie, um so aufzuhören, wie sie angefangen haben – mit Knut Kiesewetter und der Interpretation seines Liedes „Winter, heut hab ich dich tanzen gesehen“.

Chris Biederwolf – auch kein Unbekannter mehr im Folkclub – hat den Weg aus Celle wieder zurückgelegt, um seine Kunst in Bonn zu präsentieren. Mit dem Lied „Welcome Emigrante“ der Liedermacherin Buffy Sainte-Marie eröffnete er seinen Beitrag zum Thema. Weiter ging es dann mit dem Lied „Gruß und Blues“, in dem er die fremdbestimmte Emigration von Gegenständen (hier Gitarren) und Immigration und Neuverwertung beschrieb (hier die Spezialisierung eines Gitarrenbauers auf den Umbau von Western- auf Resonatorgitarren). Er beschloss seinen Floorspot mit dem Lied „So weit weg“, in dem er den Trennungsschmerz beschreibt. Zwar „nur“ den der Trennung im eigenen Land, aber mit ein bisschen Phantasie ist dieses Gefühl auch auf größere und vor allem unumkehrbare Situationen zu übertragen.

Chris bleib gleich auf der Bühne, da er auch Mitglied der Kanuten ist, die den Autor und Liedermacher Gerd Schinkel seit einiger Zeit kräftig bei der Präsentation seiner Werke unterstützen. Gerd schafft es, seine Lieder nicht nur in einem Kontext zusammenzustellen, sondern durch seine Erzählungen und Überleitungen zwischen den Liedern zu einem Ganzen zusammenzuführen. Fast schon wie eine Radiosendung, mit einem lehrreichen und kurzweiligen Inhalt, sind seine Auftritte aufgebaut. So hat er Ausschnitte seines 5 CDs umfassenden Werkes zur Flüchtlingssituation neu gerahmt und in Kurzform vorgestellt. Es bedarf einer Konzentration und eines Einlassens auf das Gesamtwerk, um dieses auch als Ganzes zu verstehen. Mir jedenfalls hat es sehr gut gefallen und ich gebe zu, dass meine ursprüngliche Skepsis, ob der Intensität und des doch manchmal deutlich erhobenen Zeigefingers, durch konzentriertes Zuhören verflogen ist. Mit den Liedern „Meerblick“ (die dialektische Beschreibung einer identischen Sicht auf das Meer durch einen Urlauber oder einem Flüchtling), „Vanuatu“ (ein Staat in Südpazifik, welcher dem Ertrinken durch den Klimawandel ausgesetzt und so ein potenzieller Lieferant von Flüchtlingen ist) oder „Geh Flüchtling, geh“ (seiner Übersetzung des Woody Guthrie Liedes Deportees, welches von mexikanischen Erntearbeitern handelt, die nach ihrem Einsatz mit einem Kleinflugzeug abstürzten und in der Berichterstattung nur als namenlosen Deportees bezeichnet wurden) wurde ein Einblick in die Vielfältigkeit einer Zeitsituation gegeben, die allzu oft auf verständliche, aber verzerrende Kästchen reduziert wird. All diese Themen wurden durch einen musikalisch und instrumentalreichen Einsatz der Kanuten sehr schön interpretiert. Um es auch hier vorwegzunehmen. Gerd Schinkel & die Kanuten kamen in der zweiten Hälfte des Folkclubs wieder und machten dort weiter, wo sie aufgehört haben. Mit den Liedern „Mutters Worte“, der musikalischen Umsetzung eines Interviews mit einem Flüchtling der von seiner Mutter auf den Fluchtweg geschickt wurde und auf diesem Weg Hoffnungen gewonnen aber auch Illusionen verloren hat, „Teufel du schreckst mich nicht“, einem ermutigenden Lied, sich seiner eigenen Stärke bewusst zu werden (im Ursprung ein Lied des bekannten Pete Seeger), „Bescheuert“, als Beschreibung einer wohl als Entgleisung zu klassifizierenden Denkart des CSU Generalsekretärs Andreas Scheuer oder „Momente“, welches als Eigenkomposition die Gefühle und Gedanke nach dem Bombenanschlag in Brüssel beschreibt, wurde weiterhin die Vielfältigkeit des Themas dargestellt.

Was bleibt zu sagen? Natürlich dass der Folkclub auch ein Labor zur Beobachtung von Evolution ist. Kam vor genau einem Jahr ein Musiker etwas zögerlich und schüchtern auf die Bühne, so hat unter anderem der große Zuspruch des Folkclub Publikums mit dazu beigetragen, dass nun eine selbstbewusste akustik Pop Gruppe „Bromo“ immer wieder zu Begeisterungsstürmen anregt (welcher Name könnte angebrachter sein – ist doch Bromo einer der aktivsten Vulkane). Nach dem Motto aus eins mach zwei und danach drei wurde die Ledermännergruppe (Dennis und Marvin Ledermann) durch Axel Schrader zu einem Trio. Wie schon gesagt, Begeisterung pur im Publikum – musikalische, aber auch choreografische Interpretationen der Ed Sheeran Songs „Castle On The Hill“ und „I See Fire“, sowie der Eigenkomposition „The Old Me“ sind immer wieder hörenswert. Auch eine Besonderheit ist die Bescheidenheit der drei – wollten sie doch bereits nach zwei Liedern die Bühne verlassen, was das Publikum aber nicht zugelassen hat.

Aber alle Begeisterung soll nicht davon ablenken, sondern eher darauf hinzeigen, dass nach dem Folkclub immer auch vor dem Folkclub ist. Also See You später am 3. März bei Sträter.

Sabine Büttners Bilder vom Folk Club 77 im Februar 2017











 

































Donnerstag, 9. Februar 2017

The February meet of Folk Club Bonn was fortunately graced by the presence of John Hurd from 3SongsBonn whose succinct prose and photographic skills are deservedly well renown on this portal.

Barry once poignantly observed that every Folk Club Bonn could be considered a "Gesamtkunstwerk" and February was certainly no exception. As the evening came to a close our Folk Club Bonn anthem, "Jock Stewart" was even enhanced by a tuba solo..

https://3songsbonn.com/2017/02/06/migrating-to-folk-club/


Every single person in the room was a descendant of someone who, once upon a time, had been born in Africa and must have had a certain "get-up-and-go" in order to have got up, and headed north.

Whoever "they" and "we" all are, or once were,  I'll wager nobody, including me, was expecting a tuba solo during Jock Stewart so far south and east of Scotland in a small town in Germany.

We sing "Jock Stewart" usually at the close of each Folk Club Bonn but it is the very first time that we have performed it with a tuba solo, so special thanks to  GeWe Spiller for blowing those low notes.

If you wish to join in at the end of a first Friday of the month evening then Folk Clubbers can find  "Jock Stewart",  both the lyrics and the notes lower down on the right hand side of this page under :

Other Resources


See you all on March 3rd

Gruß,


John