True
Grit – hääh?
Der
87. Folkclub fing schon damit an, dass ein gewisses Rätselraten über
das Motto einsetzte. Von den native Speakern mit „echter Mum“
oder „echter Schneid“ übersetzt, wurde deutlich, dass auf alle
Fälle, die Menschen und Dinge besungen werden sollten, die etwas
speziell sind und mindestens ein gewisses Selbstvertrauen bedürfen,
um das Spezielle auch darzustellen und zu leben – natürlich
schließt das Mut und Zivilcourage mit ein.
Wie
immer bedeutet es ein wenig True Grit sich einer sorglosen
Unterhaltung hinzugeben, obwohl jeder weiß, aus dieser, durch den
Begrüßungsruf des Masters of FCB John Harrison, unsanft
herausgerissen zu werden.
John
blieb natürlich wie gewohnt auch gleich auf der Bühne (die ja
bekanntlich im Folkclub auf Augenhöhe mit dem Publikum ist) und
begann den musikalisch, lyrischn Teil des Abends mit seinem Vortrag.
Zuerst gab er ein a cappella Stück mit dem wohlklingenden Namen
"Marstons Pedigree" zum Besten. Ein wohlklingendes
Versprechen auf einen Wohlgeschmack, denn es ist der Name von einem
Bier aus Burton-on-Trent - der Geburtsstadt des Masters. Den
Wohlgeschmack sah man John nicht nur an dem getragenen T-shirt (mit
eben der Werbeaufschrift des Bieres), sondern auch an dem darunter
verborgenen Körper an :-). Mit "I Got Ramblin'" von
Robert Johnson ging es weiter, diesmal gesungen zur good old Guild
Gitarre. Das folgende Lied „The
King of Rome“
beschrieb nicht etwa ein dem Kaiser Konkurrenz machenden Menschen,
sondern eine Taube, die durch einen Irrtum ihrer eigenen Navigation
(sie umflog einen Sturm, in dem alle Konkurrentinnen umkamen)
Siegerin eines Taubenwettfluges wurde. Seinen Auftritt beschloss John
mit dem Lied „All by
Myself“, welches laut
Johns Erklärung zwar lange vor der Existenz der Beatles geschrieben
wurde, aber eigentlich das Gegenteil von With a little Help from
Friends sei. Na auf jeden Fall ist es ein Lied, das gut eine
Mundhormonika Begleitung gebrauchen kann, und deshalb kam Christoph
Thiebes auf die Bühne und
begleitete John. So sangen sozusagen zwei Nachtwächter über ihre
Kunst alles alleine zu machen (Christoph und John entführen beide
die Menschen regelmäßig als Bonner Nachtwächter in das 17te
Jahrhundert von Bonn).
Den
Anschluss an John bildete das Duo Bob
(Marabito)&Steve (Perry).
Mit einer Collage aus „Blue
Moon“ und „Blue
Suede Shoes“ entführten die Beiden
auch schaupielerisch gekonnt in eine Welt der Romantik. John Hurd
zeigte erneut, dass sein vor Jahren aufgebrachter Mut seine
künstlerische Betätigung vom Fotografieren auch auf die öffentliche
Interpretation von Folk- und folkig vorgetragenen Rocksongs
auszuweiten, sich gelohnt hat. John gewinnt nicht nur ständig an
Sicherheit und Ausdrucksstärke, sondern auch an treuen Fans. Mit dem
Song „Irene Wild“ zeigte er, was mit Gitarre und Stimme
aus dem Ian Hunter Song gemacht werden kann. Nicht nur als alter
Bekannter, sondern als mahnender Barde sang Gerd Schinkel über
den Wahnsinn der Zerstörung des Kuturdenkmal „Dom von
Immenrath“. Bereits zwei Tage späte wurde dieser Dom endgültig
gesprengt um dem Braunkohleabbau Platz zu machen.
Sparkling Light kam diesmal neben den bekannten Klängen aus
Gitarre und Kontrabass auch mit Saxophonklängen daher. Zwar nicht
aus einem echten Saxophon, sondern aus der Saxoon Flöte – eine
Flöte, die einem echten Saxophon täuschend ähnlich ist. Mit ihren
Liedern „Friday I'm in Love“, „50 Tips, ihn zu verlassen“,
„I Go to Sleep“ und „2000 Miles“ zeigten sie erneut, das
Sparkling Light zwar für eine Stilrichtung steht, aber diese in
voller Breite ausnutzt und so auch bei kurzen Programmen eine große
Bandbreite des Könnens präsentieren.
Nun
ging's los (bitte diese Worte in dem bekannten Singsang des Karnevals
oder vom Fußballplatz lesen) – die Special guests des Abend kamen
und sorgten für Stimmung. Schank ist nicht nur als Name dem
Wort Schänke irgendwie verwandt, sondern auch die Lieder sind
Dokumente des lustigen Lebens, welches zu großen Teilen in Schänken,
am Brett (Theke) oder auf großen Veranstaltungen (z.B. Karneval?)
verbracht wird. „Geld vom Himmel“, wer will das nicht und
so fragte auch Schank ganz verzweifelt, wann kommt der Tag, an dem
das Geld vom Himmel fällt? Direkt danach berichteten sie allerdings
schon wieder von der Realität „Von der Hand in den Mund“
ist wohl jedem irgendwie oder irgendwann mal bekannt geworden. Wie
Schank mit diesen Voraussetzungen sich allerdings beklagen konnten
„Wir trinken zu schnell“ bleibt wohl ein Geheimnis. Gar
nicht geheimnisvoll dagegen war der Refrain, bei dem das Publikum
begeistert mitmachte. Mit „Nostalgie“ beendete Schank den
ersten Teils ihres Auftritts und entließ das Publikum in die
notwendige Pause, um neue Kraft und Luft zu schöpfen, damit Schank
auch bei dem zweiten Teil des Auftritts gut und laut unterstützt
werden konnten. Euer Chronist erlaubt sich hier einen Sprung nach
vorne zu machen und eben jenen zweiten Teil auch zu beschreiben. Mit
dem Eigenlob „Ich bin gut“ ermutigte Schank alle Zuhörer
sich doch einfach gut zu reden, auch wenn es manchmal so läuft, dass
die Seele eher frustriert sein möchte. Einen
„zumallererstenmalgecoverten“ Song brachten sie dann mit „Come
on Eileen“. Da dieses Lied so unbekannt ist, sangen auch nur
alle aus dem Publikum mit. Na ja, und wenn es erst mal so gut
läuft, denn ist die Ansage „Wir gehen noch lange nicht
schlafen“ sicher gerechtfertigt. Musikalisch dargebracht
überzeugte diese auch das Publikum, weshalb auch das nächste Lied
als gemeinsamer Notruf verstanden wurde. „Ich brauche jetzt ein
Bier“ ist in gewissen Zeiten wahrscheinlich der häufigere Ruf
als z. B. Ich brauch jetzt einen Kaffee. Jetzt zeigte Schank noch,
dass die Vorbereitung auf einen Auftritt im Folkclub auch ein
deutsches Volkslied einschloss - „Die Gedanken sind frei“,
zwar in einer ungewohnten doch interessanten Variante war eigentlich
ihr letztes Lied. Aber eigentlich ist nun mal eigentlich und deshalb
schaffte das Publikum eine weitere Zugabe herauszuschlagen (oder
sollte gesagt werden herauszuklatschen?), welche mit dem wohl allen
bekannten „Bridge Over Troubled Water“ gegeben wurde.
Aber
zurück zum Anfang nach der Pause. Wolfgang Schriefer, auch nicht zum
erstenmal im Folkclub, sang „He ain't Heavy, He's my Brother“.
Wolfgang hat das Lied ein wenig umgedichtet und als „He ain't
Heavy, He's my Father“ seinem Vater gewidmet. Auch sein zweites
Lied hat er einer ihm nahestehenden Person gewidmet – seiner Frau.
Und was kann schöner sein, als der Ausspruch you are „The Air That
I Brief“. Wolfgang es waren schöne Schnulzen (denn als Schnulzen
hat er die Lieder angekündigt).
Es
ist noch gar nicht solange her, dass ein spontaner Walk In aus
Belgien den Folkclub besucht hat. Nun war es wieder soweit. Aus dem
fernen Franken war Stoffl in Bad Breisig im Urlaub – wobei
er selbst erstaunt fragte, wieso macht man in Bad Breisig Urlaub. Die
Lösung war sehr einfach, dort wohnen seine Freunde und da diese
treue Folkclubbesucher sind, kam Stoffl mit und ließ sich sogar
überreden ein Lied zum Besten zu geben. Er hat hierzu eins aus
seiner eigenen Feder gewählt und damit auch gleich das Publikum in
die Fränkische Mundart eingeführt – für einige aus dem Publikum
bereits eine Zungenbrecherleistung, die dann in Verbindung mit der
erzählten Geschichte zu großer Heiterkeit beitrug „I hab di ja
so gern“ ist ein Lied an die erste (und zweite ….) Liebe,
also ein recyclebares Kunstwerk. Der Kommentar des Masters of
Folkclub nach dem Auftitt: „Wenn wir jedes mal drei bis vier
solcher Walk Ins hätten, bräuchten wir keine secial guests mehr“
- Na ja, ich kann beide gut vertragen:-).
Nun
fällt es mir fast schwer weiterzuschreiben, denn über sich selbst
zu schreiben ist entweder eine Lüge oder eine Offenheit, die man gar
nicht zugeben möchte. Nun gut, gemeinsam mit Steve, sozusagen als
Steve&Mario stürzten wir uns in das Reich der Honky Tonk
Country Music. „Dim Light, Thick Smoke“ erzählt von einer
Frau, die ihr Leben in Bars verbringt und wohl nie ein häuslicher
Typ wird. Auch nicht wirklich häuslich sind die verfehmten „The
Martins and the Coys“, die in dem gleichnamigen Lied zum
Schluss sich sehr blutrünstig bekämpfen. „Cripple Creek“
ist ein Folksong mit unendliche vielen und immer neu hinzukommenden
Strophen. Dem Publikum zuliebe haben wir allerdings nur eine
Ausschnitt gespielt, die Instrumentenkombination war hierbei aber
wohl einmalig – 5string Banjo und 9 saitige caipira Gitarre. Wenn
schon mal das Banjo auf der Bühne ist, ist „Oh Susanna“
nicht weit. Als featured Artist kam hierzu auch Bob Marabito
wieder auf die Bühne und zeigte, wie dieses Lied in seinem
Heimatslang gesungen wird.
Wie
schon berichtet kam vor dem Ende des Folkclubs noch einmal Schank –
aber das könnt ihr ja weiter oben nachlesen. Den Schluss machte aber
wie immer unser Patron Jock Stewart. Eine Tradition, die
inzwischen alle Künstler im Folkclub genießen, heißt dies doch,
zum Finale noch einmal mit vielen Mitmusikern zusammen zu musizieren.
Aber
alle Begeisterung soll nicht davon ablenken, sondern eher darauf
hinzeigen, dass nach dem Folkclub immer auch vor dem Folkclub ist.
Also, out of the bedroom, go to Dottys am 2. Februar
Mario
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