Blumen, Flowers, fleurs – Frühlingsbote oder reine Hoffnung
Um
es vorweg zu nehmen - der meteorologische Frühling zeigte sich als Winter. Die
Farbenvielfalt der Blumen erschöpfte sich im Weiß der Eisblumen – aber nein,
doch nicht ganz, denn Tulpen zierten die Tische und spielten auch im weiteren
Verlauf des Folkclubs ein Rolle. Und natürlich lässt sich ein echter Folkie
nicht durch Eis und Schnee abhalten, wenn es wieder heißt. Laaadiiies and
Gentlemen....
Trotzdem
waren die Reihen des Folkclubs gelichtet.Krankheit wütete sowohl bei den
Künstlern wie auch im Publikum. Alle Special Guests hatten aus gesundheitlichen
Gründen abgesagt, weshalb der 89. Folkclub eine Singers’ Night wurde. Die
jedoch hatte es in sich. Wie schon gesagt ein Folkie lässt sich nicht durch
Schnee und Eis abhalten, und so gelang es unserem Programmdirektor Steve Perry
ein tolles Programm auf die Beine zu stellen oder auch an die Instrumente zu
bringen.
Den Einstand machte wie immer unser Zeremonienmeister
John Harrison, der nicht nur musikalisches, sondern auch poetisches zu
Gehör brachte. Mit dem Gedicht über die Narzissen „I Wandered Lonely as a
Cloud“ von William Wordsworth pries John die Schönheit der Osterglocken
(Daffodils) und beschrieb, wie sehr die Seele aufgeht, wenn die wogenden Wellen
der gelben Blumen betrachtet werden. Mit dem durch viele Musiker
interpretiertem Blues von Robert Johnson „From Four Until Late“ ging es
dann weiter. Beschreibt dieses Lied noch, dass es ein Ritt von 36 Stunden von
Norfolk to Memphis ist, ließ das nächste Lied die Zeitangabe mehr oder weniger
völlig weg und beschrieb die Tagebucheinträge einer ganzen Woche. „Stormy
Monday“ ist der erste Tagebucheintrag - wie es weitergeht, lässt sich
schnell mit der zweiten Zeile des Liedes abschätzen „But Tuesday Is Just as
Bad“. Nun, für John ging es gut weiter, denn der Applaus zeigte, dass sein
Bluesspiel auf der Gitarre immer wieder gut ankommt. Den Schluss seines
Floorspots setzte John mit dem sehr nachdenklich stimmendem Gedichtzyklus „Poppies“
("The Soldier" von Rupert
Brooke; "In Flanders Fields" von
John McCrae; "Dulce et Decorum Est" von Wilfried Owen). Die Mohnblume oder Poppy ist ein Mahnzeichen
für die vielen tausenden Toten des ersten Weltkrieges. Vorher dort nicht
angesiedelt, blüht diese Blume auf den ehemaligen Kriegsfeldern inzwischen zu
tausenden. Fast könnte man meinen, dass jedes Jahr für jeden Toten eine neue
Blume entsteht. So ist die Mohnblume als Mahnmal gegen den Krieg entstanden.
Weiter
ging es mit Blumen, die auch im nächsten Lied von Mario Dompke - „Blüten
sind rot“ - nicht als Symbol für Schönheit, sondern für Einschränkung und
Intoleranz stehen. Das ursprünglich von Harry Chapin geschriebene und von Mario
ins Deutsche übersetzte Lied beschreibt, wie durch stetes Beharren auf
gesellschaftliche Konventionen der Kindheit und Jugend jegliche Phantasie
genommen wird – so entstehen angepasste, leicht zu lenkenden Bürger.
Nun
erklangen Klaviertöne. Die vierzehnjährige Alexa zeigte zusammen mit
ihrem Lehrer Barry Roshto, was mit vier Händen aus einem Klavier
herauszuholen ist. Das dann auch noch in Verbindung mit Gesang, ließ nicht nur
die Herzen höher schlagen, sondern machte auch Mut darauf, wieder einmal
Nachwuchskünstler gehört zu haben, die zukünftig das Repertoire des Folkclubs
anreichern werden. Die beiden Songs „It
will Rain“ und „When I was Your Man“ von Bruno Mars machten mit
Sicherheit Appetit auf mehr.
Nun
wurden erst mal alle Instrumente zur Seite gelegt und Dieter Faring
zeigte, dass auch Gedichte zur Folklore gehören. Mit seinem Frühlingsmedley „Der
Schmetterling“, „Verweile doch, du bist so schön“, „Der Igel ist,
das wissen wir, ein Stacheltier“, Fridolins Frühlingsnacht“ und dem
„Frühling im Klassenzimmer“ zeigte er, welche Kraft in der Poesie liegt,
welcher Humor in Reime gesetzt werden kann und welche Lebensweisheiten doch
über die schöne Sprache transportiert wird. Genau bei diesen Lebensweisheiten
setzte er mit seinem nächsten Gedicht an, wofür ihm Lothar Prünte alias ELPI
„Modell“ stand. „Die Frühlingsmücke“ wurde sauer, als Lothar versuchte,
selbige zu vertreiben bzw. zu erschlagen und stach den armen Tropf. Erst
nachdem dieser das Fenster geöffnet hatte, flog die Mücke fort, denn auch sie
liebt die Freiheit über alles. Und weil Freiheit wirklich in allen Lebenslagen
richtig ist, wurden die letzten Gedichte „Frühling in Amsterdam“ und
„Warnung vor dem One Night Stand“
nun ein wenig frivol. Bei dem Altersdurchschnitt im Folkclub ist das
nicht schlimm – eher ein Test, wer sich noch erinnert.
War
Lothar doch ein so geduldiges Requisit für Dieter, dürfte er nun auch
noch mit seiner unnachahmlichen Stimme und seiner Gitarre wieder etwas
Melodiöses zum Besten geben. Als Premiere war zu bezeichnen, dass er im
Folkclub zum ersten mal ein selbst komponiertes und getextetes Lied vortrug. „Frühlingsnacht“,
so sein eigene Aussage, ist ein Lied, welches zwar schon ziemlich alt ist, als
Liebeslied aber recyclebar. Mit dem Stück „Kiss from a Rose“ von Seal
tauchte ELPI wieder in sein eigentliches Genre ab.
Wer
sagt eigentlich, dass das Publikum sich in reinem Konsum ergehen darf? -
Niemand und deshalb wird auch immer wieder darauf geachtet, dass mitgesungen
wird. Steve Perry setzte noch eins drauf und veranstaltete ein Quiz. Die
„Weltreise im Dreiviertel Takt“ wanderte durch 10 Länder dieser Erde.
Wer die meisten der Länder erkannte, bekam einen Blumenstrauß. Schon bei 7
erkannten Ländern war der erste Preis erreicht. Den Sonderpreis bekamen die
Passionate Penguins, die das Deutsche Lied in die Arktis transportierten.
Noch
einmal gemeinsam einen Kanon singen, bevor es in die Pause geht – das war das
Mitto von Steve, Regine, Anke und Jörg und so wurde mit „I Like the
Flowers“ die Liebe zu Blumen von allen Anwesenden besungen.
Pausen
sind wichtig und schön, aber noch schöner war es, als die zweite Hälfte des
Folkclubs wieder begann. Wieder mit Klavierklängen und einem extrem
ausdrucksstarkem Gesang von Barry Roshto
und Ruth. Mit dem Uriah Heep-Titel „Rain“ und danach
der Hymne „Time“ von Tom Waits zeigte Ruth nicht zum ersten Mal, was in
ihren Stimmbändern steckt. Zu Barrys professioneller Klavierbegleitung
ergänzten sich die beiden wunderschön im zweistimmigem Gesang. Eine Darbietung,
die bereits jetzt die Vorfreude auf das nächste Mal weckt.
Draußen
hatte inzwischen der Schnee sein Werk getan, doch drinnen blinkten die Sterne.
Auch „Sparkling Light“ alias Karin Schüler und Gerald Löhrer
sind spontan eingesprungen, um den Abend zu einem Gesamtkunstwerk zusammen zu
schmieden. Mit dem französischen Lied „M’envoyer des fleurs“ von
Sandrine Kiberlain zeigten sie, dass Blumen halt in allen Ländern und Sprachen
den Frühling einläuten und gute Laune verbreiten.
Anke und Jörg Bohnsack waren
ja zuvor schon mit Regine und Steve auf der Bühne gewesen. Nun zeigten sie aber
auch noch, was in ihnen als Duo steckt. Anke beim Musizieren zuzuschauen ist
ein Genus für sich. Ein Energiebündel, welches jeden Moment zu explodieren
droht und doch immer im richtigen Takt und Rhythmus bleibt. Jörg dabei ein
ruhender Pol, der jedoch nicht weniger mit der Musik mitgeht. Und alles zu
bekannten Liedern, ja beinahe schon Gassenhauern. „Anneliese“, „Mein
kleiner grüner Kaktus“ und „Side by Side“ sind alles Lieder, die
wohl jeder im Publikum mitsingen kann - mal mit Text, mal mit „la, la“.
Als
letzter Act des Abends kamen die Passionate Penguins. Diese siedeln sich
ja selbst (und nicht nur das deutsche Lied) in der Arktis an. Wer aber glaubt,
dass sie unterkühlte Musik machen, der irrt. Ganz im Gegenteil - beruflich
eingespannt in dem Bemühen, den Klimawandel zu verlangsamen - machen sie in der
Musik genau das Gegenteil. Sie lassen Eis schmelzen, sie heizen ein und
schaffen neue Atmosphären. „Something Going Down“ wurde noch relativ
alleine von den Künstlern gesungen. Bei „The Night They Drove Old Dixie Down“
war dann bereits das ganze Publikum dabei. „Living for the Night“ und „The
Circle is Small“ rundeten das Programm ab. Aber zuende war es doch noch
nicht. Erst nach der Zugabe „Baby, Stop Crying“ von Bob Dylan durften
die Pinguine die Bühne verlassen.
Diese
wurde dann aber schnell von dem „Überraschungsgast“ John Hurd wieder
besetzt. Überraschungsgast schon deshalb, weil er die Absage von Kathy Freeman
nicht akzeptiert hat – wollte er sich doch das Lied „Tattered Flag“
wünschen – und nun gemeinsam mit John Harrison eben dieses Stück spielte. Ein
Lied, dass vom Brexit handelt und mit der Zeile „England doesn't love me
anymore“ wohl den gesamten Text zusammenfasst. Aber ich habe das Lied
vorweg genommen. Zuerst brachte John noch für das Motto des Abends das Stück „Wildflowers“
von Tom Petty, auch als Erinnerung an dessen Tod und gleichzeitig als
Geburtstagsständchen für Rory Gallagher, der eben am 2. März 70 Jahre geworden
wäre (Rory starb bereits 1995).
Was
für ein Abend, trotz aller Krankheitsausfälle und widrigen Witterungsumstände.
Da konnte der Patron Jock Stewart nicht anders, als auch an diesem Abend
zu versichern „I'm a man you don't meet every day“.
Aber
alle Begeisterung soll nicht davon ablenken, sondern eher darauf hinzeigen,
dass nach dem Folkclub immer auch vor dem Folkclub ist. Also, out of the
bedroom, go to Dotty’s am 6. April.
Mario
Leider etwas "Fake News" Mario!
AntwortenLöschenEs gab kein Gedicht namens"Poppies".
"Poppies" war Prose und ein Sammelbegriff für mehrere Erzählingen, Gedichte und teil-Gedichte wo Mohnblümen eine wichtige Rolle spielten. Davon habe ich drei Gedichte gänzlich vorgetragen:
"The Soldier" von Rupert Brooke 1914
"In Flanders Fields" von John McCrae 1917
"Dulce et decorum est" von Wilfied Owen 1918
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AntwortenLöschenWer Lust auf Mehr hat ist herzlich eingeladen am
AntwortenLöschenOsterSonntag ab 10:00 Uhr
im Kölner Café Libresso
Fleischmsnnsgasse 29
(nahe U Bahn Neumarkt)
zu unserem
"Lyrischen Oster Frühstück mit Ringelnatz und Co."
Einige von Lothars Frühlingsliedern können wir mitsingen.
Ich freu mich auf Euch.
Herzliche Grüße von Dieter