Folk Club im Februar 2011
von Detlef Stachetzki
Endlich Geburtstag!
Mit dem Folk Club scheint es wie bei einem Kind zu sein: ungefähr mit einem Jahr fängt es an zu laufen. Ja und es läuft gut. Erneut war der Saal bei der Session am 4. Februar voll, und auch Johns Auftrittsliste war gut gefüllt. Mittlerweile ist der Andrang für „Bodenflecke“ (floor spots) so rege, dass Interessenten bereits vertröstet werden müssen.
Dadurch konnte John Harrison auch gleich zwei Missgeschicke locker abfedern: Der Abend stand unter dem Motto „Drums and Pipes“, doch beide Special Guests (Tom Kannmacher mit dem irischen und Eva Martinez Salgado mit dem galizischen Dudelsack) waren plötzlich erkrankt – von hier verspätete Besserungswünsche. Die unerwartete Lücke konnte unter anderem durch „Pipeless Drumless Pipes and Drums“ (vielen Dank an John für das tolle Wortspiel) gefüllt werden – aber dazu später.
Zunächst verteilte John als kleinen Geburtstagsgruß Bonner Gummibärchen und Lakritze an das gutgelaunte Publikum.
Die Aufwärmübungen kamen diesmal wieder von Master John himself mit einem guten alten Bekannten, dem Lied „Universal Soldier“ von Buffy Sainte-Marie. Die Meisten kennen es sicherlich in der ungleich erfolgreicheren Version von Donovan. Danach gab es wieder etwas für die Bildung, nämlich das kleine Gedicht des schottischen Nationaldichters Robert Burns (zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts) „Such a Parcel of Rogues in a Nation“ (Solch ein Verbrecherpack in einer Nation), in dem er mit wunderschöner Poesie seinem Abscheu über die Käuflichkeit seiner Landsleute beim Anschluss an die englische Krone Ausdruck gibt. Vom kunstvollen Ausdruck Nationalen Leids (ja Leids, nicht Lieds!) ging’s dann über zum einfachen, aber nicht minder schönen Lied „Creole Belle“ vom Altmeister Mississippi John Hurt (nicht zu verwechseln mit unserem English Network-Hofberichterstatter mit „d“ am Ende).
Den Abschluss von Johns Auftritt bildete ein Lied mit einem Text von John Clare (lots of Johns!!), einem weiteren berühmten britischen Dichter, über einen verlorenen Fuchs.
Andreas Gruner, der bereits beim vorigen Folk Club auftrat, gab diesmal sein eigenes Geburtstagsständchen mit den Liedern „Lady D’Arbanville“ von Cat Stevens, der Eigenkomposition „Fast gar nicht“, und der Rock-Klamotte „Wooly Bully“ aus den Sechzigern von Sam the Sham and the Pharaos.
Mit zwei Liedern beglückte uns Rollo Jenkins, der sich selbst virtuos auf der Gitarre begleitete. Er spielte Blind Boy Fuller’s „Pistol Slapper Blues“, ein Standard in Rory Gallagher’s unplugged set, und „Love Is All“ bei den jungen schwedischen Guitarist und Liedermacher Kristian Matsson a.k.a. „The tallest man on earth“.
Weiter ging’s mit Thomas Steffens aus Düsseldorf, der unseren Folk Club offenbar ins Herz geschlossen hat und der auch im März wieder zu hören sein wird. Hatte er sich etwa mit John Harrison über den Bildungsauftrag abgesprochen? Robert Burns musste wieder ran, diesmal mit dem Lied „Ye Jacobites by Name“, das sich ebenfalls mit den Ereignissen um den Kampf der Schotten gegen die Engländer Ende des 18. Jahrhunderts beschäftigt. Danach folgte das wunderschön melancholische Walfängerlied „Farewell to Tarwathie“ von Judy Collins. Mark Knopflers „Border Reiver“ besang die Liebe eines Lastwagenfahrers zu seinem alten Albion-LKW. Witzig und melodiös trug er „My Irish Molly“. eine wirklich schöne gesungene Liebeserklärung, vor. Bobby Sands’ Lied „Back Home in Derry“ das irische Rebellenlied des Autors, der in britischer Gefangenschaft durch einen Hungerstreik umkam. Weniger politisch ging’s beim Song „The Dutchman“ zu, dafür wurde wieder die zarte, unprätentiöse Liebesbeziehung besungen. Den Abschluss von Thomas’ wundervollem und abwechslungsreichen Auftritt bildete der bekannte Song „Streets of London“ von Ralph McTell, bei dem viele mitsangen.
Nach der Pause zogen Barry Roshto und Peter Philips zuerst bei dem Blues „Smack Waterjack“ (lustigerweise schon wieder ein Klassiker von Buffy Sainte-Marie, wahr wirklich nicht abgesprochen! bz. blr) und danach mit der Ballade von Lady Antebellum „American Honey“ vom Leder. Mit „The Weight“ von The Band aus dem Film Easy Rider beendeten sie den leider viel zu kurzen Auftritt. Dank ihrer Vielseitigkeit mit Klavier, Gitarre und Mundharmonika und Gesang waren sie ein Ohrenschmaus.
Als kleine Überraschung – weil unangekündigt – trat der Liedermacher Mario Dompke aus Bad Breisig auf und begeisterte mit seinem Song „Die Antwort, ob’s stimmt, die weiß nur der Wind“ und dem witzigen Wortspiel-Lied „Die Hälfte“ das Publikum. Wir hoffen, bald mehr von ihm zu hören.
Ebenfalls eine Überraschung war der kleine Auftritt von Jamal, dessen Mutter am Abend die Gäste mit Getränken und kleinen Snacks versorgte. Mit seiner Gitarre und seiner voluminösen Stimme sang er „Just the Way You Are“ und erntete tosenden Beifall.
Quasi als Ersatz für die ausgefallene Pipes and Drums Session führten die „David’s 8 Men A Capella Crew“ (politisch nicht ganz korrekt, da auch weibliche Crewmitglieder) die schottischen Klassiker „Highland Cathedral“ und „Scotland the Brave“ allein mit ihren Stimmen auf – ein Knüller. Im Anschluss daran begeisterten Michael und Philipp aus der Crew (Gesang und Gitarre) mit einem Pop-Mix.
Damit nicht nur die britischen Dichter gepflegt werden, trug uns Stefan Weidt a Capella das Goethe-Gedicht-Lied vom Heideröslein („Sah ein Knab’ ein Röslein steh’n“) vor, und wir lernten, dass die volkstümliche Melodie nur eine von vielen ist und von Heinrich Werner stammt – sie hat jedoch extrem viel Ähnlichkeit mit der ebenfalls sehr bekannten Melodie von Franz Schubert – Sankt Plagiatus ist der Heilige vieler Künstler.
Lothar Heinrich steuerte danach selbst begleitet auf der Gitarre zwei Lieder bei, von denen eines in calabrischem Dialekt gesungen wurde. Der „Canto di Malavita“ (Das Lied von der Unterwelt) handelt von der Mafia.
Beinahe als letzte glänzten dann Susanne Philips (Gesang) und Arno Fleckenstein (Gitarre) mit vier Liedern aus Mexiko („Agua de Rosas“ von Lila Downs „Besa me Mucho“, „La Llorona“ und La Martiňana ) in spanischer Sprache. Trotz einer Erkältung begeisterte Susanne mit ihrer gefühlvollen und tragenden Stimme zu Arnos brillanter und virtuoser Gitarrenbegleitung – mehr davon!
Als kleines Schmankerl gab Jamal dann wirklich zum Schluss noch eine Kostprobe von seinem Können mit dem Lied „So Sick of Love Songs“.
Wir aber sind keineswegs „Sick of Songs“ weder von Liebes- noch sonstigen Liedern und hoffen auf meeehhhr bei der Session am 4. März. Da dies der Tag nach Wieverfastelovend ist, könnte man ja mal überlegen, ob eine kleine Verkleidung passend wäre. Fancy Dress sozusagen.
Aber wie John sagt: Alles ist erlaubt, außer Verstärkern
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen