Folk Club Nr. 17 am 1. Juli – mal wieder zu spät gekommen
von Detlef Stachetzki
Eigentlich war es unverzeihlich, zum Folk Club zu spät zu kommen, zumal die Chronistenpflicht rief. Nun, es gibt unseren exzellenten Fachberichterstatter John Hurd, der bereits unter seiner neuen Website 3songsbonn.com (http://3songsbonn.com/2011/07/03/bonn-folk-club-where-the-time-goes) seine Kritik abgeliefert hat (wie immer ein schönes Stück englischer Formulierkunst) und dessen Bericht meine mangelnden Kenntnisse über den Anfang ergänzten. Scott Joplins Stücke „Der Entertainer“ und „Maple Leaf Rag“ als Aufwärmer hätte ich mir auch gern angehört. Die Ragtimes wurden nach einer kleinen Ermunterung durch Master John Harrison spontan von Franz Baak auf dem Klavier gespielt.
Das Programm war wieder eine grandiose Mischung aus Liedermachermusik (Mario Dompke), kleinen Ensembles mit großen Stimmen (Die Gruppe Joker mit Arno Fleckenstein, Renate Dohm und Detlef Martin), großen Ensembles mit ebenso großen Stimmen (DerElligh mit Stefan, Christine, Saskia, Dirk, Karl-Wilhelm und Sebastian), einer Einführung in die Geheimnisse brasilianischer Caipira-Musik (Steve Perry) und altbewährten Botschaftern des Blues und der britisch-irischen Folk-Music (John Harrison und Thomas Steffens).
Den Warm up setzte John Harrison mit den Ragtime Blues-Stücken „From Four Until Late” von Robert Johnson und “Police Dog Blues” von Blind Blake fort, den übereinstimmenden Berichten zufolge wie immer meisterlich gespielt und gesungen. Auch diese Stücke waren mir leider entgangen.
Immer etwas Besonderes sind Eigenkompositionen, und darum gebührt dem Liedermacher Mario Dompke besonderer Dank für seine einfühlsamen Lieder, die er mit schöner Gitarrenbegleitung und mit sicherer intonationssicherer Stimme vortrug: „Hey min Deern“, „Wenn ich gestorben bin“ und „Du bist so schön anzusehen“ sorgten für die ersten Gänsehautgefühle beim Publikum. Wir freuen uns schon auf neue Auftritte. Ein Blick in seine Website (sollte mal aktualisiert werden) zeigt, dass es für Dompkesche Lieder, die im Folk Club noch nicht gespielt wurden, noch viel Potenzial gibt.
Die Gruppe DerElligh gab danach ihr zweites Gastspiel im Folk Club nach ihrem Auftritt in Graurheindorf vor ziemlich genau einem Jahr. Technisch und musikalisch gereift präsentierten die Bandmitglieder eine mitreißende und unterhaltsame Mischung aus instrumentalen Stücken und gesungenen Liedern in bester irisch-keltischer Tradition. Die zahlreichen Instrumente (Tin Whistle, Blockflöte, Gitarre, Geige, Akkordeon, Bodhran und natürlich Gesang) sorgen für wunderschöne Stimmung. Bandmitglied Karl-Wilhelm gab dazu noch eine kleine Einleitung in den Gebrauch der als „Heilmusik“ vorgestellten Stücke (Hände und Füße im Takt bewegen).
Im Auftritt vor der Pause spielte die Gruppe das Stück „I Courted a Sailor“, danach ein Set aus drei traditionellen Melodien („John McHugh’s“ – „Crooked Road“ – „The Doonagore“). „Country Life“, bei dem das Publikum fleißig mitsingen durfte und sollte, beschrieb das Heumachen in früheren Zeiten, als es dafür noch keine Maschinen gab. Zwei Instrumentalstücke („Two for Joy“ und „Castlerock Road“ bildeten den Abschluss des ersten Teils.
Nach der Pause gab es eine Premiere: Die Gruppe Joker mit Renate Dohm, Arno Fleckenstein und Detlef Martin, hatten ein Schlagzeug mitgebracht, das Detlef sehr einfühlsam zu Renates raumfüllender, tragender Stimme und den hervorragend gespielten Gitarren von Arno und Renate einsetzte. Einen wahren Genuss bereiteten die selbstkomponierten Lieder „Night Animal“ (Ankündigung von Renate: „Es gibt Nächte, in denen man nicht schlafen kann, und es gibt Nächte, in denen man nicht schlafen will“), „Winter Leaves the Land“, ferner ein Lied vom Großvater, der bis ins hohe Alter ein Kind geblieben ist und „I Want to Be a Star“. Beim letzten Lied ging es tatsächlich um die Sterne am Himmel und nicht um die „Stars“, die gewöhnlich in den Klatschseiten der Zeitung enden.
Als kleines Zwischenspiel präsentierte uns John Harrison – diesmal am Klavier und mit eigener Mundharmonikabegleitung (super gespielt, John!) – Duke Ellingtons „Rocks in My Bed“ und den irischen Klassiker „Wild Mountain Thyme“ („Will Ye Go, Lassie Go), bei dem wieder alle kräftig mitsingen durften. Bei dem Lied muss aber ein Schotte seine Hand im Spiel gehabt haben, denn „Lassie“ (Mädchen), ist eher zwischen Dumfries und John o’ Groats zuhause.
Eine kleine Einführung in die Geheimnisse der brasilianischen Gitarrenvariante, der Viola Caipira, gab uns Steve Perry. Das zehnsaitige Instrument mit der eigentümlichen Stimmung scheint dem Spieler auch beim Stimmen einiges abzufordern. Steve kommentierte es mit den Worten: „Die halbe Zeit verbringt man damit, das Instrument zu stimmen und die restliche Zeit spielt man verstimmt“. Das Publikum war aber keineswegs verstimmt und lauschte den drei Stücken, von denen eines auf Portugiesisch, der brasilianischen Landessprache, vorgetragen wurde. Darin ging es um eine skurrile Geschichte, über einen Mann, der seine Frau erschossen hat und danach für seine Tat um Verständnis bittet. Die Melodie hatte etwas moritatenhaftes und erinnerte stark an „Mariechen saß weinend im Garten“ – das hat auch was.
Nach längerer Abstinenz durften wir mal wieder Thomas Steffens aus Düsseldorf lauschen. Leider konnte er wegen des schon ziemlich vollen Programms nur drei Lieder spielen, aber eine Session mit größerem Anteil von Thomas wurde in Aussicht gestellt. „Dirty Old Town“ (herrlich zum Mitsingen) und “Champion at Keeping them Rolling“ von Ewan McCall und das traurige Weltkrieg I-Lied “Green Fields of France” von Eric Bogle waren seine tollen Beiträge. Seine schöne sonore und raumfüllende Stimme schlägt uns immer wieder in ihren Bann. Witzig, dass die irische Kultgruppe „The Pogues“ um den Frontman Shane MacGowan („Der Mann mit vielen Worten und wenigen Zähnen“) eine Woche später u.a. mit „Dirty Old Town“ dem Bonner Museumsplatz einheizte.
Zum Abschluss gab’s noch mal kräftig was auf die Ohren von DerElligh, jetzt auch komplett mit Dirk Eisenack am Akkordeon, der beim ersten Teil gefehlt hatte. Die vier wunderschönen Lieder „Sir Eglamore“ (Ein Lied über einen Drachentöter), „Winter is Over“, „Who Knows Where the Time Goes“ von Sandy Denny und „Madam I’m a Darling“ (Lied über eine ungewöhnliche Beziehung zwischen einem irischen Landstreicher und einer reichen Dame) pumpten uns wieder mit den bekannten Glückshormonen voll, die wie immer einen Monat lang vorhalten müssen, bis wir uns am 5. August eine neue Ration abholen dürfen.
Zum Schluss wieder ein dickes Lob an unsere Wirtin Angelika Bürfent und an das Barteam Elke und Jupp für die tolle Bewirtung. Die kulinarischen Folk Club Specials waren wieder aller Ehren wert.
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