Donnerstag, 30. Juni 2016

Detlefs Bericht vom Folk Club Nr. 70 am 3. Juni 2016


Folk Club Nr. 70 am 3. Juni 2016 – Neuer Auftrittsort und neuer Schwung

Etwas wehmütig wird vielen Freunden des Folk Club schon zumute gewesen sein. Nach sechseinhalb Jahren in Graurheindorf und davon fast viereinhalb im Haus Müllestumpe in Graurheindorf musste der Folk Club umziehen. Er hat vorläufig ein neues Zuhause in der Sträters Sports Bar, dem Vereinslokal des Bonner Tennis- und Hockey-Vereins gefunden. Erneut stellen sich die üblichen Fragen, die wir bereits beim vorigen Umzug formuliert hatten: Wird sich das Publikum auf den Weg ins fast zehn Kilometer entfernte Dottendorf machen? Wie ist die Akustik? Wie ist die Versorgung mit Getränken und Essen? Um die Antwort kurz zu machen: Alles war bestens. Bei der Akustik scheint der Folk Club sogar einen Glücksgriff getan zu haben. Zum einen fehlen die beim Haus Müllestumpe so irritierenden Geräusche von der Bar, da der Saal bei Sträters vollkommen abgeschlossen ist. Zum anderen ist die akustische Beschaffenheit des Saales wie geschaffen für Musik ohne Verstärker. Die treue Gemeinde hatte sich zudem auf die neue Örtlichkeit eingelassen, und so waren rund 70 Personen im Saal (aus mindestens 8 verschiedenen Ländern und 5 Kontinenten) schon mal ein guter Start. Immerhin kommen ja auch viele Besucher aus südlicheren Gefilden. Für sie liegt Dottendorf nun einmal näher. Zu den Begünstigten gehört auch unser Master John Harrison, der in Bad Godesberg wohnt – es sei ihm gegönnt!
Nun vom nicht unwichtigen äußeren Rahmen zum Eigentlichen, der Musik. Wie bei allen der bisherigen 69 Auflagen des Folk Clubs startete John Harrison auch diesmal den Abend mit seinen Warm up Beiträgen. Passend zur Jahreszeit und zum thematischen Motto des Abends („Schlaflieder/Wiegenlieder“) spielte und sang er seine Version von George Gershwins unsterblichem Lied „Summertime“ aus dem Musical Porgy and Bess. John garnierte das wunderbar gesungene Lied mit einem tollen Gitarrensolo. John ließ danach nicht die Gelegenheit aus, als erster auf dem von Gefolgsmann Gerhard Haug frisch gestimmten Klavier zu spielen und sich beim Blues „St. James Infirmary“ zu begleiten. Auch dieses Lied ist ein Wiegenlied aber eines der anderen Art. Es richtet sich an die im Hospital verstorbene Frau. Dabei darf man sich aber nicht ein Krankenhaus wie die Bonner Uniklinik oder das Johanniter Krankenhaus vor das geistige Auge rufen. Die Zustände in der angesprochenen Krankenanstalt waren sicher ungleich bedrückender. „Come On Into My Kitchen“ ist zwar kein Wiegenlied, hat aber als reinrassiger Blues etwas Wiegendes. John begleitete sich hier zwischen den Gesangspassagen ausschließlich mit der Mundharmonika – sehr apart! Als kleine Hommage an Bob Dylan anlässlich seines 75. Geburtstages steuerte John dann Dylans Lied „Mr. Tambourine Man“ bei, das vor allem in der Interpretation der Gruppe The Byrds (ja, richtig mit „y“ anstatt mit „i“) bekannt geworden ist. Generationen haben sich an der Interpretation des Textes abgearbeitet. Vielfach wird behauptet, der Text sei eine Beschreibung eines LSD-Trips, und die Passage „Take me on a trip upon your magic swirling ship ....“ deutet auf dergleichen hin. Am besten man fragt den Meister selbst, was er sich bei dem Lied gedacht hat, noch ist es möglich. Wesentlich rustikaler geht es zu beim Lied „On Ilkla Moor Baht’ At“, einem vielfach umgedichteten und umgedeuteten Lied in der Mundart von Yorkshire, das als Hymne dieser nordenglischen Gegend gilt. Die Version, die John Harrison und Steve Perry vortrugen ist ein witziges Lied, das letztlich das ultimative Recycling jedes Lebewesens, in diesem Falle sogar des Menschen, besingt. Die Moral lautet: Am Ende futtern wir mit Genuss die Enten, die sich an den Würmern gelabt hatten, die den Wanderer in seinem Grabe aufgeknabbert hatten, welcher durch seine Unvernunft, ohne Hut ins windige Moor zu gehen, zu Tode gekommen war.
Nach solcher Art deftigen Erkenntnisgewinns versorgte uns Janero del Rosario mit Liedern von der anderen Seite unseres Erdballs, aus seiner Heimat, dem fernen Inselreich der Philippinen. Janero erläuterte, dass dort die Wiegenlieder weniger dazu gedacht seien, die Kinder in den Schlaf zu singen, als vielmehr sie zu unterhalten – Das ist ein Leben! Die Kinder liegen dort, so Janero, auch eher in Hängematten und nicht in Wiegen. „Ugoy ng Duyan“ könnte durchaus als Wiegenlied durchgehen. Das Lied ist eine zarte Erinnerung an die Kindheit auf dem Arm der Mutter. Die drei weiteren hübschen Lieder, die  Janero a capella vortrug, waren populäre Lieder, die auch bei Kindern beliebt sind, so z.B. das Scherzlied „Leron, Leron Sinta“. Darin werden die Abenteuer eines Paares beim Pflücken von Papayas und Tamarinde geschildert. „Manag Biday“ ist ein unschuldiges Liebeslied und „Atin Cu Pung Singsing“ handelt von den Kummer wegen eines verlorenen Rings, der von den Eltern geerbt wurde. Interessant an den Liedern ist, dass die Melodien ganz und gar europäisch klingen.
Nach dieser kleinen Einführung in das philippinische Volksliedgut präsentierten Steve Perry und seine frisch angetraute Frau Regine Mertens zwei echte Wiegenlieder: „All Through the Night“ gab es sogar neben der Englischen auch in der walisischen Originalversion und das obendrein wunderbar zweistimmig gesungen. Auf Walisisch lautet der Titel „Ar Hyd Y Nos“. Das Lied „All Night, All Day Angels Watching Over Me“ war nach Regines Erinnerung das erste Lied, das sie in englischer Sprache gehört hatte. 
Eine kleine Hommage an die Beatles, und zwar mit etwas weniger bekannten Liedern, veranstalteten Karin Schüler und Gerald Löhrer unterstützt von Thomas Neuhalfen. „I, Me, Mine“ ist eines der von George Harrison komponierten Lieder. „I Will“ ist eine unglaublich zarte Liebeserklärung, die die drei berückend schön überbrachten. „Till There Was You“, ist zwar durch die Beatles bekannt geworden, aber komponiert wurde das hübsche Liebeslied von Robert Meredith Wilson für das Musical „Music Man“. Die Version der Beatles ist aber alles andere als eine bloße „Coverversion“.
Anke und Jörg Bohnsack steuerten zwar kein Wiegenlied bei, aber eines, das mitten ins Herz geht: „Min Jehann“ natürlich in plattdeutscher Sprache. Der Verfasser der Zeilen, Klaus Groth, der große niederdeutsche Dichter, hatte sie im 19. Jahrhundert für seinen verstorbenen Bruder geschrieben. Der Text ist voller Trauer und Wehmut und dabei voller poetischer Schönheit. Dem von Ernst Licht wunderbar einfach und doch kunstvoll vertonten Gedicht wurde unlängst sogar eine ganz besondere Ehre zuteil: Es wurde anlässlich der Trauerfeier für Altbundeskanzler Helmut Schmidt in der St. Michaeliskirche in Hamburg von Jochen Wiegand in unnachahmlicher Weise gespielt und gesungen. Helmut Schmidt hatte es sich ausdrücklich für seine Trauerfeier gewünscht. Das müsst ihr euch auf Youtube anhören. Ganz gegen ihre Gewohnheit spielten Anke und Jörg diesmal auch Lieder in englischer Sprache: „Norwegian Wood“ von den Beatles ist ein böses Lied über einen enttäuschten Liebhaber, der die Möbel der Frau anzündet, die ihm die kalte Schulter gezeigt hat: „So, I lit a fire, isn’t it good, Norwegian wood?“ lautet die letzte Zeile. Dass Anke ihrem Jörg offenbar nicht die kalte Schulter gezeigt hat, dokumentierten die beiden mit dem Lied „You Are Always on My Mind“, einem Lied, das durch die Interpretation von Elvis Presley berühmt wurde. Die Originalversion wurde von Brenda Lee gesungen. Jörg behauptet, damit seit 40 Jahren jeden Abend Anke mit diesem Lied in den Schlaf zu singen, also doch ein Wiegenlied – wunderbar!
Echte Westernstimmung kam mit Ulf Below alias Hardin auf, der in sich komplettem Westernoutfit präsentierte – Willy Nelson wäre neidisch! Aber nicht nur die Kleidung auch seine Musik war Country pur. „Call of the Wild“ von Chris LeDoux ist ein Lied über das Leben in der Wildnis, und es kommt sogar ein Bezug zu unserem Thema in der Zeile vor: „The north wind moans her lonesome lullaby“. Ulf zeigte seine ganze Kunst auf seiner zwölfsaitigen Gitarre im lyrischen Lied „The Weary Kind“ aus dem Film Crazy Heart. „Peaceful Waters“ ist ein Lied aus Kanada und „Buffalo Grass“, ebenfalls von Chris LeDoux, ist nach Ulfs Erläuterungen ein Lied über das echte harte Cowboyleben. Tolle Lieder und super gesungen und gespielt von Hardin – eine echte Entdeckung für den Folk Club. Dafür gab es großen Applaus.
Ein Glanzlicht und ein heimlicher Favorit eures Hofberichterstatters sind die Beiträge von Bernd Wallau mit seinen „Nachtigallen“ Monica Baron-Kroker und Sabine Hochstädter. Diesmal hatten sie nicht ganz einfache Kost zum Thema des heutigen Tages mitgebracht. Schuberts bezauberndes Wiegenlied (Deutsch 498) hatte Bernd für zwei Singstimmen umgewandelt, und Monica und Sabine gaben dem Lied zu Bernds einfühlsamer Klavierbegleitung eine wunderbare Gestalt. Das Lied „Abendglocken“ trugen die drei a capella vor. Bernd konnte dabei seine herrliche Bassstimme zur Geltung bringen. Durchaus auch als Wiegenlied geeignet ist das gefühlvolle Lied „Over the Rainbow“ aus dem Film „The Wizard of Oz“. Auch für dieses Lied hatte Bernd eine wunderbare zweistimmige Version geschrieben. Toller Applaus für Monica, Sabine und Bernd.
Schon lange nicht mehr im Folk Club gehört wurden Ellen Jeikner und Ralf Wackers, die sich der irischen Musik verschrieben haben. Ellen und Ralf treten zusammen mit zwei weiteren Musikern (Uwe Beyer und Marie-Luise Hartmann) auch in der Band „Currach“ auf. Sie starteten ihr Set mit einem zweistimmigen irischen Lied, das Ralf auf seiner Irish Bouzouki begleitete. In Gälischer Sprache ertönte danach ein Lied über den Osteraufstand der Iren im Jahr 1916, also vor 100 Jahren. Den Titel des Liedes konnte selbst Ralf nicht aussprechen. Dafür begleitete er Ellen gekonnt auf seinem Akkordeon. Unterstützt von Ulf Below gab es zum Abschluss das Lied „Life Saver“ der finnischen Band „Sunrise Avenue“ – super zusammen gespielt!
Der Knüller des Abends aber waren Serena Finatti und Andrea Varnier aus Norditalien. Es ist schwer zu beschreiben: Die beiden kommen auf die Bühne, Serena setzt sich ans Klavier, spielt ein paar Akkorde, Andrea beginnt seine Gitarrenbegleitung und dann ertönt eine riesige Stimme einer äußerst kleinen Person, die das Publikum verstummen lässt und sofort begeistert. Mit selbst geschriebenen poetischen Liedern in italienischer Sprache mit ihrer musikgleichen Sprachmelodik ziehen die beiden alle Zuhörer in ihren Bann. Serena singt und agiert auf der Bühne mit einer ungeheuer fesselnden Gestik und Andrea bezaubert mit seiner brillanten und transparenten Gitarrenbegleitung – einfach wunderbar! „La ballerina azzurra“ (Die blaue Tänzerin), „Tutto e luce“ (Alles ist Licht) lauten die ersten Titel. Auch ein Lied in der Sprache ihrer Heimatprovinz Friaul, Furlanisch, steuern sie bei. „Fasin un cjant“ lautet der Titel des Liebesliedes. „Non scendo“ (Ich gebe nicht auf) ist ein zartes Lied, das mit dem Bild auf der Leine trocknender Wäsche arbeitet. Von einem großen Bazar im mittelasiatischen Usbekistan handelt ein weiteres Lied. Auch eine kleine Anleihe bei anderen Künstlern ist in Serenas Repertoire: „True Colors Shining“ von Phil Collins, das durch Cindy Lauper bekannt wurde. Ein weiteres Lied in furlanischer Sprache handelt von politischer Courage. Übersetzt heißt der Titel „Heiliges Geld“, man kann sich seinen Teil über den Inhalt denken. Andrea steigt in das Lied mit einem furiosen Intro mit kunstvollen Flageolett-Figuren ein – grandios! Natürlich geht es bei diesem Konzert nicht ohne Zugabe zuende. „Una conchiglia“ (eine Seemuschel) lautet der Titel des zarten Liedes, das die Muschel als ein Auge des Meeres (un occhio di mare) beschreibt.
Bombastischer Applaus verabschiedet die beiden, denen es offenbar im Folk Club auch recht gut gefallen hat. Auf Serenas Homepage ist über den Folk Club Abend u.a. zu lesen (holt euer Urlaubsitalienisch aus der Schublade!): „Incredibile atmosfera: attentissimi, calorosi, partecipi, cantiamo insieme, si lasciano dirigere, ci sono dei momenti veramente magici dove la mia musica è chiaramente non più ma... comincio a capire sempre meglio cosa desidero... il percorso è lungo, ci vuole tempo per crescere e per farlo bene ancora di più.“ Das nenne ich ein tolles Kompliment an den Folk Club, aber wir haben das Kompliment an die beiden doppelt zurück zu geben. Die „wahrhaft magischen Momente“ haben ihren Ursprung bei den fantastischen Künstlern.
Der erste Abend im neuen Domizil ging natürlich nicht ohne unseren alten Rausschmeißer „Jock Stewart“ zuende, den alle kräftig anstimmten.
Auf Wiedersehen am 1. Juli 2016, diesmal mit Gerd Schinkel und seinen Kanuten als besondere Gäste. Das Thema des Abends lautet: freche Lieder und Küchenlieder.

Sonntag, 26. Juni 2016

Detlefs Bilder vom Folk Club Nr. 70 am 3. Juni 2016

John Harrison

John diesmal am Klavier


John Harrison und Steve Perry mit der Hymne von Yorkshire



Janero del Rosario


Regine Mertens und Steve Perry


Thomas Neuhalfen, Karin Schüler und Gerald Löhrer




Gerald und Karin entspannt nach dem Auftritt

Andrea Varnier und Serena Finatti








Anke und Jörg Bohnsack



Ulf Below alias Hardin



Sabine Hochstädter und Monica Baron-Kroker

Bernd Wallau


Ellen Jeikner

Ralf Wackers


Ellen und Ralf zusammen mit Hardin

Die Musiker singen zum Abschluss Jock Stewart

Dienstag, 7. Juni 2016

https://3songsbonn.com/2016/06/06/old-piano-new-venue-bonn-folk-club-70/#more-12209

OLD PIANO, NEW VENUE – BONN FOLK CLUB #70



3SongsBonn came along to the 70th meeting of Folk Club Bonn.

Thanks very much John Hurd

Donnerstag, 2. Juni 2016

Detlefs Bericht vom Folk Club Nr. 69 am 6. Mai 2016


Folk Club am 6. Mai 2016 – The first summer’s day

Der Mai-Folk Club bietet sich naturgemäß für Lieder und sonstig Beiträge mit Bezug zum Wonnemonat an, und die gab es dann auch. Pflanzen und Tiere lautete das Thema des Abends – eine schöne Verbindung zum Monat des Wachsens, der sich die Künstler mit großem Behagen widmeten.
John Harrison, unser Spiritus Rector, startet den Abend mit einem eigenen Gedicht über den Löwenzahn, der zu dieser Jahreszeit die Wiesen gelb färbt. Dandelion heißt die Pflanze auf Englisch, und das ist ein Kuriosum. Das Wort ist eine Verballhornung des französischen „dent de lion“, zu Deutsch Zahn des Löwen. Auf Französisch wird die Pflanze witzigerweise heute aber ganz anders genannt, nämlich „pissenlit“, und das verweist unzweideutig auf die harntreibende Wirkung des Gewächses. Dem Namen zufolge droht ein nasses Bett, wenn man etwas von der auch als Gemüse genießbaren Pflanze zu sich nimmt. Immer wieder gern genommen wird Johns Lied von der Ente Zeppelina, die einst Anfang Mai beliebte, ihr Nest in einen Blumentopf auf dem harrisonschen Balkon einzurichten. Immerhin elf kleine Entlein sind daraus erwachsen. Ebenfalls bemerkenswert ist Johns Gedicht über die geheimnisvollen Mauersegler, deren lautes Gekreisch zur sommerlichen Geräuschkulisse in den Städten gehört. Die Vögel, die in diesen Tagen aus dem Winterquartier auf der Südhalbkugel zu uns gekommen sind, sind uns einerseits vertraut, aber über ihr Leben wissen wir andererseits doch recht wenig. Ihr nahezu ausschließlich im Fluge verbrachtes Leben entzieht sie uns weitgehend tieferer Einsicht. „Newton’s apple in your throat“, „perpetual hiphop“, „dicing, slicing through the rooftops“, “antipodal friends of the hurly-burly“ und „breathtaking bird“ sind einige metaphorische „catchphrases“ aus Johns bewegtem Gedicht. In Johns Warm-up durfte natürlich auch ein waschechter Blues nicht fehlen. John und Paolo Pacifico auf der Mundharmonika präsentierten den Stranger Blues von Sonny Terry und Brownie McGhee, zu dem Paolo ein tolles Harmonikasolo beisteuerte – großer Applaus für die beiden. Zu guter letzt durfte natürlich die Hymne auf den Mai nicht fehlen, die Englische versteht sich: „Hail, Hail, the First of May“, lautet der Titel des Liedes, das sich wie ein uraltes traditionelles Volkslied anhört, aber in Wirklichkeit eine recht junge Schöpfung ist. Dave Webber hat dieses hübsche Lied komponiert und musste bei einer Veranstaltung, auf der er mit diesem Lied auftrat, feststellen, dass man ihm vorwarf, sich mit fremden Lorbeeren zu schmücken. So kann ein wirklich tolles Kompliment für ein gelungenes Lied auch aussehen.
Zwar sind Gedichte Dieter Farings Spezialität, diesmal animierte er aber das dankbare Publikum zunächst zum Frühlings-Kanon „Es tönen die Lieder“ mit ihm zu singen. Die nachfolgenden Gedichte nahmen ebenfalls den Frühling oder die Tier- und Pflanzenwelt thematisch aufs Korn: Rilkes „Der Panther“ machte den Anfang. Er setzte den Reigen fort mit einem Gedicht mit dem Titel „Rosenlied“. Aus eigener Feder stammen das Gedicht über die Meise und „Was ist das Schöne am April?“ Sehr vergnüglich und wunderbar vorgetragen von Dieter.
Unser musikalischer Chefkoordinator Steven Perry stieg dann selbst in den Ring und gab seiner Freude über den just am selben Tage eingegangenen Bund der Ehe Ausdruck: Er sang für seine frisch angetraute Frau Regine das unsterbliche Lied „Dream“ von den famosen Everly Brothers. Hin und wieder überwältigte ihn die Freude, und die Stimme kam etwas ins Stocken, aber das Publikum half tatkräftig aus. So wurde es ein wunderbares Ständchen für die Angebetete. Von hier aus auch ein herzlicher Glückwunsch an beide.
Dennis Ledermann, die Entdeckung aus dem Februar, präsentierte ein neues Lied, diesmal ein Rap in deutscher Sprache – hatte Dennis sich meinen seinerzeitigen Kommentar zu Herzen genommen? „Ein Träumer“ lautet der Titel. „Weck mich nicht auf“ bittet der Titelheld, aber Dennis schien hellwach zu sein. Dennis war zwar nur mit dem einen Lied angetreten, aber das Publikum ließ ihn nicht ohne Zugabe von der Bühne. So gab es erneut das Lied „The Old Me“, das bereits im Februar zu hören war, mit schönen Wechseln zwischen gezupften und geschlagenen Gitarrenpassagen.
Im von Gitarren dominierten Folk Club ist eine instrumentale Abwechslung immer willkommen und die bot die Gruppe „Petits Experiments“ mit verschiedenen großen und kleinen Blasinstrumenten. GW Spiller, der immer wieder mal mit Gitarrenbass, mal mit Tuba im Folk Club auftritt, wählte diesmal das Große, 1835 patentierte Blasinstrument. Wir durften bei dieser Gelegenheit lernen, dass im selben Jahr zwei andere technische Meisterleistungen das Licht der Welt erblickten, nämlich die erste Eisenbahnstrecke in Deutschland und der Trommelrevolver, der Colt. Zurück zur Musik: Die etwas kleiner Version dieser Basstrompete spielte Achim Friker. Justus Gatz präsentierte die Posaune, und zu diesem versammelten Blech (natürlich aus schönem, polierten Messing) gesellte sich Mary Krah mit ihrer Querflöte, die ja bekanntlich zu den Holzblasinstrumenten gehört, obwohl sich heute an ihr kein Stückchen Holz mehr befindet. „Sonic Boom“ lautete Der Titel des ersten Stücks, mit dem sich die Truppe warm spielte. „Baby Elephant Walk“ ist ein Stück von Henry Mancini, dessen anrührendes Lied „Moon River“ aus dem Film „Frühstück bei Tiffany“ schon mehrmals im Folk Club zu hören war. Der Spaziergang kleiner Elefanten feierte diesmal allerdings Premiere. Das Stück ist ebenso wie „Moon River“ Filmmusik, die im Film Hatari mit John Wayne und Hardy Krüger zu hören ist, diesmal toll interpretiert von den „Kleinen Experimenten“. Zu guter Letzt ließen die Drei die instrumentale Version von Ben E. Kings Lied „Stand By Me“ hören – wunderbar!
Mit unserem ersten „Featured Artist“ Richard De Bastion kommt kein Unbekannter in den Folk Club. Richard stammt aus England, lebt aber mit Unterbrechungen seit 40 Jahren in Berlin und glänzt mit einem reichen Repertoire an musikalischen Eigenkreationen. Er war bereits vor Jahren im Folk Club aufgetreten und bekam diesmal mehr Raum für seine Stücke. Richard mag vielen nicht selbst bekannt sein. Er ist aber im Hintergrund auf der musikalischen Weltbühne aktiv und hat bereits mit vielen Pop-Größen zusammengearbeitet, darunter John Bonham von Led Zeppelin, Jim Capaldi, Sally Oldfield und Peter Maffay. Eine von Richards Besonderheiten ist, dass er als Linkshänder mit einer für Rechtshänder bespannten Gitarre spielt. Dadurch wirkt sein Gitarrenspiel optisch etwas merkwürdig, aber man stellt erst fest, warum das so ist, wenn man die Saitenfolge auf dem Instrument betrachtet. Diese De Bastionsche Spezialität hat den Vorteil, dass Richard sich bei einem Malheur mit seinem Instrument locker eine Ersatzgitarre von den Kollegen ausborgen kann. Die kuriose Gitarrenkonstruktion tut aber der Qualität von Richards Spiel keinen Abbruch. Im Gegenteil, mit tollen Riffs und glasklarem und brillantem Fingerpicking und variantenreichem Spiel begleitet er seine eigenen Lieder. „The Cuckoo Song“ handelt metaphorisch von den Kindern, die ihr Elternhaus nicht verlassen wollen. „A Basket of Flowers“ ist ein Lied in bester Countrymanier im Dreivierteltakt. Bei „Pussycat Paws“ gibt es Gesang, der lautmalerisch Katzen-Miaue imitiert. Es geht um das Überleben in einer feindlichen Welt. Im zweiten Teil seines Beitrags zeigte Richard, dass er auch das Klavier beherrscht. „Falling Into Place“ wurde durch den Gang durch die Kathedrale von Coventry inspiriert. In der Kathedrale werden die Fenster, die sieben Stationen des Lebens symbolisieren, erst nach und nach beim Durchqueren des Gebäudes sichtbar. „Did you succeed or did you blunder?“ fragt der Text. „Book of Memories“ ist ein Lied über das Erwachsenwerden. Mit „Thank You“ spricht er alle an „If this is a dream, you made it come true“ lautet eine Zeile, mit der Richard sich bei seinem Gegenüber (ist es das Folk Club Publikum?) bedankt. Wir haben zu danken, und das Publikum tut es mit einem langen Applaus für die wunderbaren Lieder.
Immer wieder großen Beifall bekommt Lothar Prünte aus Köln, alias ELPI, für seine musikalischen Beiträge. Mit der Auswahl seiner Stücke hatte Lothar sich ganz auf die Thematik des Abends eingestellt. „As Wise As a Serpent“ von  Gerry Rafferty, „Kiss From a Rose“ von Seal und „Crocodile Rock“ von Elton John waren seine Antworten auf die Forderung nach Pflanzen und Tieren. Lothars spektakuläre Stimme und sein sicheres Gitarrenspiel sind Garanten für tolle Unterhaltung, und die gab es auch diesmal. Dafür bekam Lothar viel Applaus.
Laurence O’Toole, ein Engländer mit irischen Wurzeln, ist ebenfalls nicht das erste Mal im Folk Club. Wir durften ihn bereits im Oktober 2014 begrüßen. Seine Lieder mit geheimnisvollen Texten über Zauberwesen und Geister passten extrem gut zum Thema des Tages: „Song of the Tree Spirits“ beschwört die Kraft die den Bäumen innewohnt. „Swan Song“ beschreibt die Schönheit der Schwäne und in „Wonderland“ geht es um Feen. Laurence stattet seine spirituellen Lieder mit  hintergründigen Melodien aus, die die Texte wirkungsvoll unterstreichen.
Ebenfalls aus England kam unser zweiter Featured Artist Tom Cobson, der eigene Lieder mit sehr persönlichen Texten präsentierte. „Lessons“ beschreibt die Reise mit „jemandem“. Toms unglaublich variable Stimme und sein facettenreiche Gitarrenspiel machten seine Lieder zu einem Erlebnis. Das er zuviel getrunken hatte, verarbeitete er im Lied „Empty Can“. Seine Freundin verließ ihn deswegen. „I can be a liar, I can be a crier or simply a fool“ lautete eine Zeile. Beim Lied „Never Alone“ bearbeitete Tom seine Gitarre wie ein Percussionsinstrument mit einem Trommelschlegel. Zusätzlich zu seinen eigenen Schöpfungen präsentierte er „Word Up“ von Cameo, vielen im Raum vielleicht weniger bekannt. Zurück zu den eigenen Kreationen waren Ein weitere Lied titelte „Hurricane Head“,über  das Fehlermachen und sich daran erfreuen. „Screams Over Civilised Streets“ beschrieb eine Beziehung, die nur online funktionierte. Sobald er seine Angebetete im fernen Sydney besuchte, wollte sie ihn nicht sehen – ist das nicht erschütternd? Im Lied „Homeless“ sang Tom über heimatlose Männer. Tom bekannte, dass er ein Faible für heimatlose Männer habe, weil sie gesellig seien. Bei diesem Lied durfte auch das Publikum einmal ran, das bei diesem Folk Club bislang etwas stiefmütterlich behandelt worden war. „Rainbow Coming“ lautete der Refrain, der dankbar vom Publikum aufgegriffen wurde. Im Lied „Brave Man“ ließ Tom zu guter Letzt noch einmal sein stimmliches Können bei geschmeidigen  Registerwechseln unter Beweis. Euer Chronist muss aber gestehen, dass ihn die Melodie sehr stark an „Breakfast at Tiffany’s“ von Deep Blue Something erinnerte“. Honi Soi Qui Mal Y Pense. Die kleine Anleihe tat aber dem Vergnügen keinerlei Abbruch. Tom bekam frenetischen Applaus, und das zu Recht für ein tolles Repertoire eigener Lieder mit sehr ehrlichem, persönlichem Bezug, die er mit variantenreichen Melodien ausgestattet hatte und natürlich für seinen hörenswerten Vortrag mit glasklarer, voluminöser und intonationssicherer Stimme, die dank seines gekonnten Registerwechsels einen enormen Tonumfang präsentierte. Wir wünschen Tom für seine musikalische Karriere viel Erfolg. Die zahlreichen Engagements lassen hoffen.
Der Abend ging natürlich nicht zuende, ohne dass unser alter Rausschmeißer „Jock Stewart“ uns einen Besuch abstattete. Alle sangen natürlich  wieder begeistert mit und hoffen auf einen fantastischen Folk Club Nr. 70 (Leute, lasst es euch auf der Zunge zergehen: Siebzig!) am 3. Juni 2016, diesmal in der neuen Umgebung von Sträters Sports Bar in den Räumen des Bonner Hockey- und Tennis-Vereins (BHTV) in Bonn Dottendorf. Wir erwarten als Featured Artists Andrea Varnier (Gitarre) und Serena Finatti (Gesang) aus Italien.
Wir hoffen, dass auch viele der alten Gefolgsleute aus Graurheindorf den Weg dorthin finden. Immerhin ist das neue und vielleicht dauerhaft künftige Lokal gut über die Stadtbahnlinien 16, 63 und 66 (Haltestelle Ollenhauerstr.) zu erreichen. Parkplätze für die motorisierte Gefolgschaft sind vorhanden, und per Fahrrad geht es immer an der Eisenbahn entlang bis zur Ollenhauerstraße.