Folk Club am 6. Mai 2016 – The first summer’s day
Der Mai-Folk Club bietet sich
naturgemäß für Lieder und sonstig Beiträge mit Bezug zum Wonnemonat an, und die
gab es dann auch. Pflanzen und Tiere lautete das Thema des Abends – eine schöne
Verbindung zum Monat des Wachsens, der sich die Künstler mit großem Behagen
widmeten.
John Harrison, unser Spiritus Rector, startet den Abend mit einem
eigenen Gedicht über den Löwenzahn, der zu dieser Jahreszeit die Wiesen gelb
färbt. Dandelion heißt die Pflanze auf Englisch, und das ist ein Kuriosum. Das
Wort ist eine Verballhornung des französischen „dent de lion“, zu Deutsch Zahn
des Löwen. Auf Französisch wird die Pflanze witzigerweise heute aber ganz
anders genannt, nämlich „pissenlit“, und das verweist unzweideutig auf die
harntreibende Wirkung des Gewächses. Dem Namen zufolge droht ein nasses Bett,
wenn man etwas von der auch als Gemüse genießbaren Pflanze zu sich nimmt. Immer
wieder gern genommen wird Johns Lied von der Ente Zeppelina, die einst Anfang
Mai beliebte, ihr Nest in einen Blumentopf auf dem harrisonschen Balkon
einzurichten. Immerhin elf kleine Entlein sind daraus erwachsen. Ebenfalls
bemerkenswert ist Johns Gedicht über die geheimnisvollen Mauersegler, deren
lautes Gekreisch zur sommerlichen Geräuschkulisse in den Städten gehört. Die
Vögel, die in diesen Tagen aus dem Winterquartier auf der Südhalbkugel zu uns
gekommen sind, sind uns einerseits vertraut, aber über ihr Leben wissen wir
andererseits doch recht wenig. Ihr nahezu ausschließlich im Fluge verbrachtes
Leben entzieht sie uns weitgehend tieferer Einsicht. „Newton’s apple in your
throat“, „perpetual hiphop“, „dicing, slicing through the rooftops“, “antipodal
friends of the hurly-burly“ und „breathtaking bird“ sind einige metaphorische
„catchphrases“ aus Johns bewegtem Gedicht. In Johns Warm-up durfte natürlich
auch ein waschechter Blues nicht fehlen. John und Paolo Pacifico auf der Mundharmonika präsentierten den Stranger
Blues von Sonny Terry und Brownie McGhee, zu dem Paolo ein tolles Harmonikasolo
beisteuerte – großer Applaus für die beiden. Zu guter letzt durfte natürlich
die Hymne auf den Mai nicht fehlen, die Englische versteht sich: „Hail, Hail,
the First of May“, lautet der Titel des Liedes, das sich wie ein uraltes
traditionelles Volkslied anhört, aber in Wirklichkeit eine recht junge
Schöpfung ist. Dave Webber hat dieses hübsche Lied komponiert und musste bei
einer Veranstaltung, auf der er mit diesem Lied auftrat, feststellen, dass man
ihm vorwarf, sich mit fremden Lorbeeren zu schmücken. So kann ein wirklich
tolles Kompliment für ein gelungenes Lied auch aussehen.
Zwar sind Gedichte Dieter Farings Spezialität, diesmal
animierte er aber das dankbare Publikum zunächst zum Frühlings-Kanon „Es tönen
die Lieder“ mit ihm zu singen. Die nachfolgenden Gedichte nahmen ebenfalls den
Frühling oder die Tier- und Pflanzenwelt thematisch aufs Korn: Rilkes „Der
Panther“ machte den Anfang. Er setzte den Reigen fort mit einem Gedicht mit dem
Titel „Rosenlied“. Aus eigener Feder stammen das Gedicht über die Meise und
„Was ist das Schöne am April?“ Sehr vergnüglich und wunderbar vorgetragen von
Dieter.
Unser musikalischer
Chefkoordinator Steven Perry stieg
dann selbst in den Ring und gab seiner Freude über den just am selben Tage
eingegangenen Bund der Ehe Ausdruck: Er sang für seine frisch angetraute Frau
Regine das unsterbliche Lied „Dream“ von den famosen Everly Brothers. Hin und
wieder überwältigte ihn die Freude, und die Stimme kam etwas ins Stocken, aber
das Publikum half tatkräftig aus. So wurde es ein wunderbares Ständchen für die
Angebetete. Von hier aus auch ein herzlicher Glückwunsch an beide.
Dennis Ledermann, die Entdeckung aus dem Februar, präsentierte ein
neues Lied, diesmal ein Rap in deutscher Sprache – hatte Dennis sich meinen
seinerzeitigen Kommentar zu Herzen genommen? „Ein Träumer“ lautet der Titel.
„Weck mich nicht auf“ bittet der Titelheld, aber Dennis schien hellwach zu
sein. Dennis war zwar nur mit dem einen Lied angetreten, aber das Publikum ließ
ihn nicht ohne Zugabe von der Bühne. So gab es erneut das Lied „The Old Me“,
das bereits im Februar zu hören war, mit schönen Wechseln zwischen gezupften
und geschlagenen Gitarrenpassagen.
Im von Gitarren dominierten Folk
Club ist eine instrumentale Abwechslung immer willkommen und die bot die Gruppe
„Petits Experiments“ mit
verschiedenen großen und kleinen Blasinstrumenten. GW Spiller, der immer wieder mal mit Gitarrenbass, mal mit Tuba im
Folk Club auftritt, wählte diesmal das Große, 1835 patentierte Blasinstrument.
Wir durften bei dieser Gelegenheit lernen, dass im selben Jahr zwei andere
technische Meisterleistungen das Licht der Welt erblickten, nämlich die erste
Eisenbahnstrecke in Deutschland und der Trommelrevolver, der Colt. Zurück zur
Musik: Die etwas kleiner Version dieser Basstrompete spielte Achim Friker. Justus Gatz präsentierte die Posaune, und zu diesem versammelten
Blech (natürlich aus schönem, polierten Messing) gesellte sich Mary Krah mit ihrer Querflöte, die ja
bekanntlich zu den Holzblasinstrumenten gehört, obwohl sich heute an ihr kein
Stückchen Holz mehr befindet. „Sonic Boom“ lautete Der Titel des ersten Stücks,
mit dem sich die Truppe warm spielte. „Baby Elephant Walk“ ist ein Stück von
Henry Mancini, dessen anrührendes Lied „Moon River“ aus dem Film „Frühstück bei
Tiffany“ schon mehrmals im Folk Club zu hören war. Der Spaziergang kleiner
Elefanten feierte diesmal allerdings Premiere. Das Stück ist ebenso wie „Moon
River“ Filmmusik, die im Film Hatari mit John Wayne und Hardy Krüger zu hören
ist, diesmal toll interpretiert von den „Kleinen Experimenten“. Zu guter Letzt
ließen die Drei die instrumentale Version von Ben E. Kings Lied „Stand By Me“
hören – wunderbar!
Mit unserem ersten „Featured
Artist“ Richard De Bastion kommt kein
Unbekannter in den Folk Club. Richard stammt aus England, lebt aber mit
Unterbrechungen seit 40 Jahren in Berlin und glänzt mit einem reichen
Repertoire an musikalischen Eigenkreationen. Er war bereits vor Jahren im Folk
Club aufgetreten und bekam diesmal mehr Raum für seine Stücke. Richard mag vielen
nicht selbst bekannt sein. Er ist aber im Hintergrund auf der musikalischen
Weltbühne aktiv und hat bereits mit vielen Pop-Größen zusammengearbeitet,
darunter John Bonham von Led Zeppelin, Jim Capaldi, Sally Oldfield und Peter
Maffay. Eine von Richards Besonderheiten ist, dass er als Linkshänder mit einer
für Rechtshänder bespannten Gitarre spielt. Dadurch wirkt sein Gitarrenspiel
optisch etwas merkwürdig, aber man stellt erst fest, warum das so ist, wenn man
die Saitenfolge auf dem Instrument betrachtet. Diese De Bastionsche Spezialität
hat den Vorteil, dass Richard sich bei einem Malheur mit seinem Instrument
locker eine Ersatzgitarre von den Kollegen ausborgen kann. Die kuriose
Gitarrenkonstruktion tut aber der Qualität von Richards Spiel keinen Abbruch.
Im Gegenteil, mit tollen Riffs und glasklarem und brillantem Fingerpicking und
variantenreichem Spiel begleitet er seine eigenen Lieder. „The Cuckoo Song“
handelt metaphorisch von den Kindern, die ihr Elternhaus nicht verlassen
wollen. „A Basket of Flowers“ ist ein Lied in bester Countrymanier im
Dreivierteltakt. Bei „Pussycat Paws“ gibt es Gesang, der lautmalerisch
Katzen-Miaue imitiert. Es geht um das Überleben in einer feindlichen Welt. Im
zweiten Teil seines Beitrags zeigte Richard, dass er auch das Klavier
beherrscht. „Falling Into Place“ wurde durch den Gang durch die Kathedrale von
Coventry inspiriert. In der Kathedrale werden die Fenster, die sieben Stationen
des Lebens symbolisieren, erst nach und nach beim Durchqueren des Gebäudes
sichtbar. „Did you succeed or did you blunder?“ fragt der Text. „Book of
Memories“ ist ein Lied über das Erwachsenwerden. Mit „Thank You“ spricht er
alle an „If this is a dream, you made it come true“ lautet eine Zeile, mit der
Richard sich bei seinem Gegenüber (ist es das Folk Club Publikum?) bedankt. Wir
haben zu danken, und das Publikum tut es mit einem langen Applaus für die
wunderbaren Lieder.
Immer wieder großen Beifall
bekommt Lothar Prünte aus Köln,
alias ELPI, für seine musikalischen
Beiträge. Mit der Auswahl seiner Stücke hatte Lothar sich ganz auf die Thematik
des Abends eingestellt. „As Wise As a Serpent“ von Gerry Rafferty, „Kiss From a Rose“ von Seal und „Crocodile Rock“
von Elton John waren seine Antworten auf die Forderung nach Pflanzen und
Tieren. Lothars spektakuläre Stimme und sein sicheres Gitarrenspiel sind
Garanten für tolle Unterhaltung, und die gab es auch diesmal. Dafür bekam
Lothar viel Applaus.
Laurence O’Toole, ein Engländer mit irischen Wurzeln, ist ebenfalls
nicht das erste Mal im Folk Club. Wir durften ihn bereits im Oktober 2014
begrüßen. Seine Lieder mit geheimnisvollen Texten über Zauberwesen und Geister
passten extrem gut zum Thema des Tages: „Song of the Tree Spirits“ beschwört
die Kraft die den Bäumen innewohnt. „Swan Song“ beschreibt die Schönheit der
Schwäne und in „Wonderland“ geht es um Feen. Laurence stattet seine
spirituellen Lieder mit hintergründigen
Melodien aus, die die Texte wirkungsvoll unterstreichen.
Ebenfalls aus England kam unser
zweiter Featured Artist Tom Cobson,
der eigene Lieder mit sehr persönlichen Texten präsentierte. „Lessons“
beschreibt die Reise mit „jemandem“. Toms unglaublich variable Stimme und sein
facettenreiche Gitarrenspiel machten seine Lieder zu einem Erlebnis. Das er
zuviel getrunken hatte, verarbeitete er im Lied „Empty Can“. Seine Freundin
verließ ihn deswegen. „I can be a liar, I can be a crier or simply a fool“
lautete eine Zeile. Beim Lied „Never Alone“ bearbeitete Tom seine Gitarre wie
ein Percussionsinstrument mit einem Trommelschlegel. Zusätzlich zu seinen
eigenen Schöpfungen präsentierte er „Word Up“ von Cameo, vielen im Raum
vielleicht weniger bekannt. Zurück zu den eigenen Kreationen waren Ein weitere
Lied titelte „Hurricane Head“,über das
Fehlermachen und sich daran erfreuen. „Screams Over Civilised Streets“
beschrieb eine Beziehung, die nur online funktionierte. Sobald er seine
Angebetete im fernen Sydney besuchte, wollte sie ihn nicht sehen – ist das
nicht erschütternd? Im Lied „Homeless“ sang Tom über heimatlose Männer. Tom
bekannte, dass er ein Faible für heimatlose Männer habe, weil sie gesellig
seien. Bei diesem Lied durfte auch das Publikum einmal ran, das bei diesem Folk
Club bislang etwas stiefmütterlich behandelt worden war. „Rainbow Coming“
lautete der Refrain, der dankbar vom Publikum aufgegriffen wurde. Im Lied
„Brave Man“ ließ Tom zu guter Letzt noch einmal sein stimmliches Können bei
geschmeidigen Registerwechseln unter
Beweis. Euer Chronist muss aber gestehen, dass ihn die Melodie sehr stark an
„Breakfast at Tiffany’s“ von Deep Blue Something erinnerte“. Honi Soi Qui Mal Y
Pense. Die kleine Anleihe tat aber dem Vergnügen keinerlei Abbruch. Tom bekam
frenetischen Applaus, und das zu Recht für ein tolles Repertoire eigener Lieder
mit sehr ehrlichem, persönlichem Bezug, die er mit variantenreichen Melodien
ausgestattet hatte und natürlich für seinen hörenswerten Vortrag mit
glasklarer, voluminöser und intonationssicherer Stimme, die dank seines
gekonnten Registerwechsels einen enormen Tonumfang präsentierte. Wir wünschen
Tom für seine musikalische Karriere viel Erfolg. Die zahlreichen Engagements
lassen hoffen.
Der Abend ging natürlich nicht
zuende, ohne dass unser alter Rausschmeißer „Jock Stewart“ uns einen Besuch
abstattete. Alle sangen natürlich
wieder begeistert mit und hoffen auf einen fantastischen Folk Club Nr.
70 (Leute, lasst es euch auf der Zunge zergehen: Siebzig!) am 3. Juni 2016,
diesmal in der neuen Umgebung von Sträters Sports Bar in den Räumen des Bonner
Hockey- und Tennis-Vereins (BHTV) in Bonn Dottendorf. Wir erwarten als Featured
Artists Andrea Varnier (Gitarre) und
Serena Finatti (Gesang) aus Italien.
Wir hoffen, dass auch viele der
alten Gefolgsleute aus Graurheindorf den Weg dorthin finden. Immerhin ist das
neue und vielleicht dauerhaft künftige Lokal gut über die Stadtbahnlinien 16,
63 und 66 (Haltestelle Ollenhauerstr.) zu erreichen. Parkplätze für die
motorisierte Gefolgschaft sind vorhanden, und per Fahrrad geht es immer an der
Eisenbahn entlang bis zur Ollenhauerstraße.
Thanks for the great report Detlef.
AntwortenLöschenSwifts really are such amazing creatures:
http://www.rspb.org.uk/discoverandenjoynature/discoverandlearn/birdguide/name/s/swift/feeding.aspx