Nun
sind wir mit der Digitalisierung des Folk Club Bonn noch nicht so weit, dass
ihr euch die Texte des Blogs vorlesen lassen könnt, aber einen kleinen Eindruck
vermittelt die Überschrift vielleicht schon, wie Master John den 91. Folk Club
eröffnet hat. Eine Hommage an den special Guest Daria Kulesh, der fantastischen
Liedermacherin mit russischen und inguschetischen Wurzeln (für alle, die es
nicht sowieso wissen: Inguschetien (Ингушетия) oder die Inguschetische Republik
oder auch inguschisch Ghalghai Mochk (Ghalghaiche) ist eine im Nordkaukasus
liegende autonome Republik von Russland (mit einer eigenen Amtssprache) – aber
davon später mehr.
Begonnen
hat der Folkclub diesmal – anders als sonst – mit einem kleinen Ensemble, in
dem die Bläser in der Überzahl waren. Serendipity zeigten wie
Blockflöte(n), Gitarre, Cajon und Didgeridoo einen fremd-vertrauten Klang in
Dotty's Bar zaubern können. Die Gruppe bestehend aus Karin Schüler,
Gerald Löhrer, Regine Perry-Mertens und Steve Perry spielte das Beatles-Lied "Fool on the Hill",
ein schöner Beitrag zum Thema des Abends "Ungewöhnliche
Kombinationen".
Danach
aber wieder, wie gewohnt, die bekannte Eröffnungsstimme mit bluesigen Tönen von
John Harrisson streckenweise unterstützt auf der Mundharmonika von Paolo Pacifico. Forderte er zuerst das Publikum mit dem Song „Hail!
Hail! The First Of May“ zum Mitsingen auf, so brauchte er bei seinem
zweiten Stück „Cocaine“ dies nicht mehr zu tun. Ob auf Deutsch oder im
englischen Original, die bekannte Zeile „Cocaine, all around my brain“ wurde
von fast allen mitintoniert. „Zeppelina“
ein Stück über eine Ente aus der Rheinaue schloss sich an und verdeutlichte,
wie Lieder entstehen (die Ente machte es sich auf Johns Balkon bequem und Johns
Tochter verpasste ihr den Namen Zeppelina, was wiederum John zu einem Lied
anregte). Das nächste Stück barg neben großer Musikalität eine weitere
Überraschung. John brachte ein neues Gesicht in den Folkclub. Eva Henneken,
eine tolle Violinistin, suchte nach einem 5jährigen Aufenthalt in Neuseeland
hier in Bonn den Anschluss an Musiker, und John brachte sie natürlich sofort in
den musikalischen Verkuppelungsclub FCB. Dass dies eine gute Idee war zeigte,
sich nicht nur in dem gemeinsam gespielten Song „Angel in Disguise“,
sondern auch später, als Eva sich spontan auch mit Uwe Gillert und Band
zusammentat.
Holger
Riedel, der
musikalisch mutige Felsen in der Brandung von Tönen hatte seinen zweiten
Auftritt im Folkclub – und auch hier zeigte sich wieder einmal die soziale
Qualität des FCB. Nicht nur, dass Holger ein Forum zum Ausprobieren seiner
musikalischen Qualitäten bekam, nein, sein erster Auftritt mit Ukulele hat
Holger der Musik wieder so nahe gebracht, dass er diesmal mit seiner, seit
Jahrzehnten nicht mehr angerührten Gitarre kam. Aber zuerst einmal rezitierte
er das Gedicht „Die Launen der Verliebten“ - und dies mit großem
schauspielerischem Einsatz und Können. Die Zuhörer fühlten sich direkt in das
Geschehene versetzt. Die Gitarre kam dann bei dem Lied „Eine Insel mit zwei
Bergen“ in der Originalversion der Augsburger Puppenkiste zum Einsatz.
Cinnamon
Trail, eine
Indie Pop Gruppe aus Bad Honnef (Susanne Kress, Melanie Mädje und Dominik Gassen) eroberte als nächstes die Bühne. Mit Gitarre,
Ukulele, Akkordeon und Klavier begleiteten die drei MusikerInnen ihre Cover
Stücke „Closer to Fine“, „Out of the Weekend“ und „Baker Street“ - eine
Reise von den Indigo Girls über Neil Young zu Gerry Rafferty wie die Kenner
sofort bemerken dürften. Übrigens, die Cinnamon Trails sind auch Organisatoren
eines weiteren musikalischen Session Ereignisses im Bonner Umland. Im alten
Rathaus von Bad Honnef – im Basement – wird einmal im Quartal eine Akustik
Session angeboten (allerdings wird dort die Akustik elektrisch verstärkt :-) )
Übergeben
wurde die Bühne nun an Daria Kulesh, die, wie oben erwähnt, direkt aus
dem Kaukasus kam (allerdings nach jahrelangem Zwischenstopp in Hope, einem
englischen Minidorf (es stehen rechts und links ein paar Häuser an einer
Straße, so John Harrisons Einführung), die Daria sich als ihren
Lebensmittelpunkt gewählt hat. Begonnen hat sie mit einem „Inguschetischen Lied“
welches sie von ihrer Großmutter gelernt hat. Leider ist der Rekorder beim
91ten Folkclub ausgefallen, so dass euer Chronist keine Inhaltsangabe des
Stückes machen kann (normalerweise hätte ich mich natürlich hingesetzt und eine
Übersetzung aus dem Inguschetischen angefertigt). Aber schön und anrührend war
das Lied, aus dem die viel beschworene russische Seele sprach. Mit „Those
Were the Days“ betrat Daria dann wieder internationalen Boden und das
gleich in vier Sprachen. Unnötig zu erwähnen, dass das sangesfreudige Publikum
natürlich sofort mit einstimmte und aus dem Lied einen Chor machte. Daria
versäumte dabei nicht, mitzuteilen, dass das Lied auf einer Melodie basiert,
die aus Russland stammt. Auch bei dem mittelalterlichen Lied „The Witch“
durfte das Publikum nicht nur mitmachen, sondern musste dies sogar. Denn wie
sollte Daria alleine das abergläubische Volk darstellen, welches mit dem
Fingerzeig auf sich selbst die Anklage „The Witch“ proklamierte. Und diese
„Anklage“ zeigt, dass viele ständige Zuhörer des Folk Clubs nicht nur
musikalische, sondern auch schauspielerische Talente in sich haben. Den
Abschluss der ersten Hälfte machte Daria mit einem eigenen Lied. Auch „The
Hairdresser“ nahm das Publikum mit und wenn der Raum nicht eine gehörige
Portion Frischluft benötigt hätte, wäre die Pause sicherlich verschoben worden.
Um es vorweg zu nehmen: In der zweiten Hälfte kam Daria wieder und begeisterte
weiter mit den Songs „Story of Tamara“, „The Panther“ und „Like
a Snowflake on Your Chin“. Natürlich mussten Darias Wurzeln auch deutlich
gemacht werden, was sie mit einem vertonten „Russischen Märchen“ und
einer „Alten Russischen Widmung“ tat.
Nach
der Pause wurde wieder ein Gedicht vorgetragen. Peter Deteren, diesmal
auf dem Didgeridoo von Steve Perry begleitet, rezitierte den „Scarabäus“,
ein Gedicht über Schönheit und Hochmut und natürlich über den Fall, der danach
immer folgt.
Wie
auch schon kurz erwähnt, erklomm nun der alte Folkclubbekannte Uwe Gillert
mit Band (Udo Labig und Iben) die Bühne. Erweitert wurde diese Band ganz kurzentschlossen mit Eva
Henneken, die sehr gekonnt, zurückhaltend, aber an den richtigen Stellen das
Salz in die musikalische Suppe streuend eine echte Bereicherung war. Aber nun
zum eigentlichen. Gewohnt mit sehr guter, auf zwei Gitarren abgestimmter
Begleitung sang Uwe eigene Lieder – nämlich „Ein schöner Tag“, „Zeit“
und „Herbstlaub“. Alles sehr schöne Lieder, die noch mehr gewinnen
würden, wenn sich Uwes Stimme ein wenig stärker gegen die Gitarren durchsetzen
könnte.
Aber
was sind solche Kleinigkeiten gegen die gute Stimmung und die Atmosphäre, die
alle Musiker gemeinsam in den Folkclub zaubern und auch, wenn niemand auf das
Ende des Folkclubs wartet, so streben doch alle auf den gemeinsamen Schluss zu
Ehren des Patron des FCB hin. „Jock Stewart“ - ich weiß nicht, in wie
vielen Versionen ich dieses Lied nun schon aufgenommen habe – aber ich höre mir
jede Einzelne immer wieder gerne an.
Alle
Begeisterung soll nicht davon ablenken, sondern eher darauf hinzeigen, dass
nach dem Folkclub immer auch vor dem Folkclub ist. Also, out of the bedroom, go
to Dotty's am 1. Juni, welcher ein Louisiana-Abend mit irischer Unterstützung
durch Fil Campbell und Tom McFarland werden wird.
Mario
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