Montag, 30. Dezember 2019

Marios Bericht vom Folk Club # 109 am 6. Dezember 2019

Ein Feuerwerk mit Raketen, aber auch leise brennenden Wunderkerzen

war der letzte Folkcklub des Jahres 2019. Natürlich nur im übertragenen Sinne der Musik, denn 
offenes Feuer gab es nicht. Aber von spritziger Tanzmusik des Mississippi Deltas, über rhythmische Eigenkompositionen, Cello unterstützten tragenden Liedern bis hin zu alter deutscher Volksmusik – und natürlich dem Höhepunkt jeden Dezember folkclubs, dem Special Guest Simon Kempston mit instrumentalen und gesanglichen Kompositionen aus Schottland, zum Weltgeschehen und als Erzählungen vieler Begebenheiten seiner Tourneen durch die ganze Welt, war alles dabei.

Aber der Reihe nach:
Wie immer erklang der Eröffnngsruf des Masters John Harrison und schaffte Ruhe – auch wie immer für den eigenen Floorspot, der jeden Folkclub eröffnet. Seinem Hobbyberuf ehrend begann John mit dem „Night Watchman Blues“,von Big Bill Broonzy, unterstützt von Christoph Thiebes, bevor er mit „Albert MacTavish‘s Brand New Frigidaire“ das Thema des Abends einleitete. Together/ Apart – ja, die Geschichte des bespielten Kühlschranks handelt von dem engen Zusammenhalt eines Paares, der vorrübergehenden, einkaufsbedingten (Kühlschrank) Trennung und dem endgültigen Aus wegen der Besorgung des falschen Kühlschrankes. Besonders dramatisch dabei, das Stück ist ein Instrumental, so dass der Inhalt halt vor dem Lied von John erzählt werden
musste. Auch „Angel in Disguise“ von Jonathan Ole Wales Rogers ist ein Lied, das zum Thema passt. Der Abschied von einem verstorbenen Freund hat John zu der Komposition geführt. Die beiden letztgenannten Lieder wurden sehr stimmungsvoll von Eva Henneken an der
Violine begleitet.

Der Abend war vollgepackt mit vielen Künstlern aus fern und nah, weshalb es auch schnell weiterging.Wolfgang Schriefer, ein alter Folkclub-Kämpe, zeigte mit einer musikalischen Geschichte die Phasen der Liebe auf. Die Verliebtheit mit „Yes I Will“, die Arroganz mit „Never Mind I Find Someone Like You“, die Zeit der Trennung und des Flehens mit „Love Me“, der Selbsterkenntnis, etwas falsch gemacht zu haben mit „Why Do I“ und dem Happy End mit „Ich trag dich durch die schweren Zeiten“.

Daniel Bongart betrat nun die Bühne, jedoch nicht allein-Carola Heyden kam mit – doch auch sie nicht alleine, sondern mit ihrem Cello. Ein Duo was mit den tiefen und getragenen Cello-Tönen wunderbar die Kompositionen von Daniel unterstreicht und eine völlig neue Note in seine Musik bringt. Bewiesen, dass die beiden sehr gut harmonieren, haben sie mit den Stücken „As Long As You Sing“ einer Erinnerung an den genialen Musiker Richard Sebastian, „Angel“ und einem vertonten Kindergedicht der Cousine von Daniel „Richtig“. Ich hoffe wir hören die Beiden noch häufiger im Folkclub.

Rob Taylor betrat nun die Bühne und sang Lieder zu wunderschönen, teilweise sehr filigran gespielten Gitarrenbegleitungen. Mit dem „List Song“ leitete er zum Thema es Abends ein. Mit dem Lied über ein Scheidungskind „Two Rooms“ setzte er das Thema fort und bemerkte, dass eigentlich alle Lieder vom Zusammensein und/ oder Trennung handeln. Und dabei ist es immer eine Frage, ob jemand darüber verzweifelt oder sein Glück findet. „Happiness Is Deafening“ war deshalb sein Abschlusslied.

Viele Schritte zurück durften die Zuhörer nun mit Tom Kannmacher in der Geschichte der Musik gehen und eine Reihe von alten Volksliedern hören, die ihrem ursprünglichen Charakter eher erzählte Geschichte für damals noch selbstverständliche fernsehlose Abende waren. Mit „Es hat ein Bauer ein Töchterlein“ wurde die Schwierigkeit der Aufteilung von gemeinsamen Kindern nach einer Trennung besungen. „Das Weib vom jungen Marquis“ erzählt die auch immer wiederkehrende Geschichte, dass hochrangige Persönlichkeiten einfach nehmen, was sie haben wollen (in diesem Fall hat sich die Betroffene aber heftig gerächt) und „Ich will mich umschaun 
nach Tint und Papier“ besingt das Aufschreiben eines Testamentes.

Nach diesem doch sehr ruhigen Teil mit einem hohen Anspruch an das Zuhören, wurde ein sanfter Übergang in die flottere Musik der Neuzeit durch den special Guest Simon Kempston angestimmt.Simons Lieder sind in der Regel ruhig gehaltene Meldodien mit sehr poetischen Texten, auf eine Art gespielt, die nicht nur einmalig und somit sofort erkennbar ist, sondern auch einen Rhythmus beinhaltet, der gepaart mit den musikalischen Überraschngen einfach zum konzentrierten Zuhören zwingen. Ich will hier gar nicht die Inalte der einzelnen Lieder wiedergeben – diese herauszufinden sei jedem als Aufgabe mitgegeben, denn Simon kommt nicht nur jedes Jahr im Dezember in den Folkclub, sondern er bringt auch jedes Jahr eine neue CD mit, die gekauft, gehört und bewundert werden will. Dieses Jahr hatte er eine gerade zwei Tage alte CD im Gepäck, aus der er auch einige Lieder vorstellte. Insgesamt (und hier nehme ich auch Bezug auf den zweten Teil seines Gigs) brachte uns Simon die Lieder „Three Times A Fool“, „The Scottish Are Not British“ (einem Verweis, dass Schottland nicht aus der EU will), „He Remembers You“, „The Resolution Torn Asunder“, „Sweet Releases“,  „I Would Not Take This Chance Again“, „Broken Before“, „Vacillation In Perpetuity“, „Quick Love“ und „Belfast Night“. Wie jeder bemerkt, eigentlich schon ein vollwertiges Programm  für einen ganzen Abend. Der Folkclub ist stolz solch einen Verehrer zu haben und verehrt deshalb auch gerne diesen Künstler.


Sanft aber bestimmt holte Barry L Roshto in seiner geübten Art das Publikum aus der Pause. Er setzte sich ans Klavier, fing an zu spielen und Mensch für Mensch wurde aufmerksam, wuhig und erwartungsvoll. Dann kam auch Ruth hinzu, und beide gaben gekonnte Interpretationen der Stücke „OI 55“ von Tom Waits, „Falling Slowly“ von Glen Hansard und „You Make Me Feel Like A Natural Woman“ von Aretha Franklin zum Besten – gerade auch beim letztgenannten Stück mit Showeinlage, wenn Barry die Textzeile You Make Me Feel Like A Natural Woman sang. Natürlich musste hier eine Zugabe her, die auch mit „Time, Time, Time“ von Tom Waits gegeben wurde.


Danach kam ein weiterer Höhepunkt – wobei dieser, obwohl schön und stimmungsvoll, eigentlich einen unschönenen Inhalt hatte. Unser Wirtin "Dotty" Dorothee Sträter  hat zum Ende 2019 die Pacht des Domizils des Folkclubs aufgegeben und bekam nun ein paar Geschenke für die gewährte, immer  tolle Folckclub Heimat überreicht – das Wichtiste davon, eine Ehrenmitgliedschaft im Folkclub Bonn  – verbunden mit einem lebenslangen freien Eintritt :-). Aber es gibt schon neue Pächter, und die haben sich für 2020 bereit erklärt, weiterhin die Heimat des FCB zu stellen – benehmen wir uns also, damit auch 2021 gesichert werden :-).

Wie üblich gab es auch einge Ankündigungen zu weiteren musikalischen Veranstaltungen, und Steve Perry sang ein Lied aus Brasilien "Cuitelinho" (Kolibri) aus der Genre der "musica caipra" nach der Landbevölkerung Central Brasiliens genannt.

Nun war aber Schluss mit getragener Musik, denn Uwe Gillert hat sich über einen Aufruf im Folkclub Musik Komplizen verschafft, mit denen er in der Besetzung Gitarre, Cajon, Kontrabass und Zither rhythmisch starke Musik macht. Die Eigenkompositionen „Natur“, „Ich hab keine Zeit“ und „Lasst uns leben“ brachten Stimmung und Schwung in den Abend. Leider setzen sich bei der gewaltigen Instrumentierung die Stimmen nicht ausreichend durch, so dass die Texte nur sehr schwer zu verstehen sind.

Sprach ich eben von Stimmung? Nachdem die ersten Geigentöne von Johannes Epremian, die ersten Cajun Harmonika Akkorde von Yves Gueit und die ersten Gitarren Akkorde von Steve Crawford erklungen waren, hielt niemand mehr im Raum die Füße still. Es wippten Füße, 
es wackelten Köpfe und es tippten Fingerspitzen auf Tische. Le Clou riss die Zuhörer aus der Vorweihnachtszeit in die Lebenslust (trotz allen Elends) des Mississippi Deltas. Mit „Travallier c‘est trop dur“, „Printemps cardiens“, „La robe à tante Dolly“ und der Zugabe „Deux flutes“ machten sie Appetit auf mehr in weiteren Folkclubs.

Den zweiten Teil des Gigs von Simon habe ich schon erwähnt. Somit bleibt mir nur noch zu bestätigen, dass auch diesmal wieder Jock Stewart von allen Musikern und dem Publikum gemeinsam gesungen den Abschluss machte. Nach dem Folkclub ist vor dem Folkclub – deshalb merkt euch den Termin 3. Januar 2020. Out of the bedroom und rein in den Folkclub

Mario

Freitag, 27. Dezember 2019

Folk Club Bonn #108 December 2019



There was no snow at the December 2019 folk club, but thanks to Dotty there was a very warm, welcoming Christmassy feeling and a good time was had by all. It really was a cracking folk club.

Hopefully, you all had a wonderful Christmas and we all wish you a happy, healthy and prosperous 2020, with shed loads of "Vorstellungsvermögen", as of all the conceivable forms of wealth and treasures, your imaginations are potentially the most powerful and precious things that you possess.

Montag, 16. Dezember 2019

Folk Club Bonn #108 from 07.12.19 with Simon Kempston

https://3songsbonn.com/2019/12/15/folk-club-simon-is-back/








Not only was Simon back, but John Hurd of 3SongsBonn was back too!

Click on the link to see some magnificent photos and read a wonderful report

of an equally wonderful evening.




If you weren't there and missed it, you only have yourselves to blame!


Thanks again John.



More photos on the link below:

http://johnno.jalbum.net/Folk%20Club%20Bonn%20Dec%202019/

Freitag, 6. Dezember 2019

Detlefs Bericht vom Folk Club am 8. November 2019


Folk Club Nr. 107 am 8. November 2019 – Feuerwerk

Angesichts des verheißungsvollen Themas hätte man vermuten können, dass John Harrison uns wieder die schaurigen Geschichten über Guy Fawkes, den englischen Terroristen (so würde man ihn heute bezeichnen) des 17. Jahrhunderts erzählen würde. Bekanntlich hatte dieser Herr mit seinen Gefolgsleuten am 5. November 1605 versucht, das englische Parlament in die Luft zu sprengen. Der Plan flog auf, die Truppe wurde festgenommen und schließlich hingerichtet. Die Hinrichtungsmethode war die für Hochverräter, nämlich Hängen, Ausweiden und Vierteilen (auf gut Englisch: hung, drawn and quartered – brrrrrrr!). Tot waren die Delinquenten oftmals erst nach dem Vierteilen. Noch das Ausweiden bekamen sie meist bei vollem Bewusstsein mit. Guy Fawkes entzog sich der Qual durch einen beherzten Sprung vom Galgenpodest, nachdem man ihm die Schlinge um den Hals gelegt hatte. Er hatte Courage, er war ja auch im wirklichen Leben ein tapferer Soldat gewesen. Aber wie das so ist mit der religiösen Eiferei. Er war überzeugter Katholik und hasste die Protestanten. Tja, das Feuerwerk am englischen Parlament fand nicht statt, aber stattdessen werden in England seither alljährlich am 5. November große Holzstapel entzündet (bonfires), und mit allerlei zusätzlichem Schabernack wird der Guy Fawkes Day begangen. Nun, all dessen wurde im Folk Club diesmal nicht gedacht. Das Feuerwerk musste allein durch die Musik entfacht werden. Die Aktiven gaben sich dabei redlich Mühe und schafften es tatsächlich.

Wie immer startete John Harrison mit seinem Warm-up, diesmal wieder zusammen mit Eva Henneken, der begnadeten Geigerin, der der Folk Club seit ihrem Auftauchen vor einigen Jahren wunderbare Beiträge zu verdanken hat. Diesmal durften wir sogar feststellen, dass Eva auch eine herrliche Stimme hat.
Den Bezug zum Feuerwerk stellte John mit seinem „Klassiker“ „Zeppelina“ her. Das Lied von der Ente, der seine damals noch kleine Tochter den witzigen Namen gab, und die vom Feuerwerk (Anfang Mai) in der Rheinaue zum Brüten in den Harrisonschen Blumentopf vertrieben wurde. Holla, das Lied ist witzig, mit einer schönen Melodie und dazu noch mehrkampftauglich. Zu ganz vielen Themen kann man es aus dem Notenschrank holen. Mir fallen sofort „Tiere“, „Pflanzen“, „Kinder“ (es gab als Ergebnis des Bemühens auch Küken), „Frühling“, „Jahreszeiten“ ein. Hatten wir alles schon mal gehabt, und deswegen kam Zeppelina auch schon mehrmals in den Folk Club geflogen.

Etwas weniger fröhlich ging es bei dem Lied „On Morecambe Bay von Kevin Littlewood zu. Darin wird der entsetzliche Tod von 23 chinesischen Muschelsuchern in der Morecambe Bucht an der englischen Nordwestküste besungen (alle waren nach England eingeschmuggelt worden; die tatsächliche Zahl der Toten ist vermutlich höher aber nicht verbürgt). Die Muschelsucher wurden bei Ihrer Arbeit am 5. Februar 2004 spät am Abend von der Flut überrascht und ertranken. Hier trug Eva mit ihrer schönen Stimme zum eindringlichen Refrain bei – von ihrem Geigenspiel (u.a. wunderbares Solo) ganz zu schweigen.

Weniger schaurig ist da schon Johns Gedicht „Autumn Colours“, das ich hier einmal komplett wiedergebe (ich hoffe, John haut mir nicht eine Klage wegen Verletzung des Urheberrechtes um die Ohren):

Autumn Colours

Crisp golden coins
Tingle in the till
Swathes of auburn
Burn yonder hill

Bare scorched earth
No body
No wonder
No worth

Dust and ashes
Re-impregnate
Juvenile God’s
Earth

Welch eine Poesie! Ja der Herbst gibt der sommer-verbrannten Erde ihre Frische und das Leben zurück – bis der Winter alles wieder an die Kette legt.

Irgendwie hatte John es offenbar mit den Muscheln, denn auch beim bekannten irischen Gassenhauer „Molly Malone“ geht es um „cockles and mussels“. Am Ende ist Molly auch tot, aber sie ist nicht ertrunken, sondern ein banales Fieber hat sie dahingerafft. Daniel Bongart begleitete die beiden bei diesem schönen Lied auf seiner Bodhrán (irische Trommel), die er jüngst von einer Reise nach Irland mitgebracht hatte (sicherlich hat er bei der Gelegenheit auch Mollys Statue in Dublin einen Besuch abgestattet).

Unser Urgestein Günter Peters erinnerte uns daran, dass der Folk Club auch ein Klavier besitzt und präsentierte eine unterhaltsame Zusammenstellung bekannter Melodien, die teilweise auch zum Mitsingen animierten. Großer Applaus für Günter!

Michael Barfuß‘ Erfindung „The Rock n‘ Rollator Show“ war ja eigentlich nur für ein paar Aufführungen gedacht. Die Musical-Truppe „Groove@Grufties“ tingelt damit aber mittlerweile seit Jahren durch inzwischen fast immer große Säle, und die satirische Show über die munteren Senioren im Altersheim ist nicht totzukriegen. Das Publikum bekam vom harten Kern der „Grufties“ unter Leitung des Maestros höchstselbst am Klavier einige Auskopplungen zu hören und zu sehen. Es ist köstlich und zum Piepen. Einige Lieder sind eigens für das Musical geschrieben, wie „Das Leben“ und Gert Müllers „Rap“ darüber, wie er zur Musik fand. „Keep on Running“ mit Wolfgang Schriefer als Solisten, und „Gimme Some Lovin, beides von The Spencer Davies Group passten wie angegossen in die Rollator Show. „It Was a Very Good Year (When I Was Seventeen)“, bekannt in der Interpretation von Frank Sinatra, wurde von Steve Perry vorgetragen und sorgte für Gänsehauteffekte – die Grufties und Michael Barfuß sind eine Wucht.

World Music Bonn“ ist eine Truppe, die sich im UN-Silo (Langer Eugen) zusammengefunden hat. John Hay, mittlerweile eine feste Größe im Folk-Club-Geschehen, hält die Fäden in der Hand.  Neben ihm selbst an der Gitarre, musizierten Budi Rosadiaván am Klavier, Alex Paris am Schlagzeug, Carolin Schaulandt mit ihrer grandiosen Stimme, Daniel Klein, der Tenorsaxofon und Akkordeon spielte und – Allzweckwaffe Eva Henneken. Um es vorweg zu nehmen: eine wahre Pracht. Der Folk Club sorgt für musikalische Verbindungen, die es in sich haben. Gleich vom Start weg präsentierte sich Carolin bei „This Is Home“ von Sabrina Francis in fantastischer stimmlicher Verfassung. „Bossma“ (beinahe hätten wir den Titel bei Johns Ankündigung nicht verstanden) heißt das Lied, das Carolin selbst geschrieben hat. Eva und Daniel konnten mit Soli an der Geige und dem Saxofon glänzen. „Djelem, Djelem“, die quasi-Nationalhymne der Roma (nicht der Sinti, wie betont wurde), war das Paradestück für Carolins voluminöse und kehlige Stimme – Gänsehaut pur. Die Musiker hatten eine perfekte Gelegenheit, herrliche Soli abzuliefern, selbst unser nicht ganz perfekt gestimmtes Klavier verströmte dank Budis Können wahren Charme. Liebe Leute, alle die nicht da waren, haben etwas verpasst – die Präsentation des Lieds von World Music ist ein Hammer! Wenn Ihr ganz lieb Bitte, Bitte sagt, gibt euch World Music vielleicht die Aufnahme, die Mario während des Abends gemacht hat.

„Nossa, Nossa“ von Michel Telo mit dem leicht anzüglichen Nebentitel „Ai se eu ti pego“ (Ei, wenn ich dich kriege), war dann für alle ein großer Spaß zum Abschluss des Sets.

Uff, bei so viel Temperament der „Vorgruppe“ musste unser Featured Artist aus Finnland die Gemüter erst mal wieder etwas runterkochen. Die Spezialität von Juhana Iivonen sind gemächliche, ruhige Lieder mit viel Gefühl, schöner, oft gezupfter Gitarrenbegleitung. Mit einem Lied in seiner Muttersprache „En Milloinkaan“ (Niemals werde ich) startete er sein Set. Aus neuester Produktion stammt das Lied „Moonlight“ mit herrlicher Fingerpicking-Gitarrenbegleitung, reizvollen Tonartwechseln und chromatischen Akkordfolgen. Bei „This Corner Must Be Strange“ kam Juhanas wunderbare, volle, voluminöse Bassstimme so richtig zur Geltung – das Publikum dankte es ihm mit konzentrierter Stille und viel Beifall. „Native One“ ist Juhanas Widmung zum 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer – ganz herzlichen Dank für so viel Empathie! Und Humor hat er auch: Er erzählte, dass er bei einem Konzert in Münster einst gefragt wurde, ob er auch etwas Fröhliches im Repertoire habe (witzig, ausgerechnet im Münsterland!). Juhanas Antwort auf die Frage waren drei Lieder, die von Sonne und Helligkeit handeln. „Dream We Lived“, „Season’s Sun“ und „Paradise“ sind wunderschön, aber auch eher von der bedächtigen Sorte. „Again“ hat auch etwas mit Sonne zu tun, die scheint aber erst nachdem es ordentlich geregnet hat. Als Zugabe schenkte er dem Publikum das Lied „Some Good Time“. Viel Applaus für Juhana. Wer seine CDs gekauft hat, wird mit wunderbarer Musik für stille Abende bei Kerzenschein belohnt. John Harrison brachte es am Schluss mit einem Satz auf den Punkt: „You are a wonderful island of tranquility“.

Wie so oft spiegeln unsere Auftrittsbeschreibungen der Featured Artists nicht die chronologische Reihenfolge wider, dass es gibt ja ein Set vor und eins nach der Pause. Daher dürfen wir nicht die Musiker vergessen, die dazwischen auftraten. 

Barry Roshto ist unser bewährter Nachpausen-Animator (die Kunst, das Publikum wieder in den Saal und zur Konzentration zu bewegen). Als musikalischer Profi beherrscht er diese Kunst perfekt. Mit seiner herrlichen Baritonstimme und gekonnter Klavierbegleitung hatte er mit dem Schmuselied „Color My World“ von James Pankow das Publikum sofort auf seiner Seite. Ebenfalls aus den Kategorien „samtweich“ und „Gänsehaut“ ist das Lied „You Decorated My Life“ von Kenny Rogers. Dorthin gehört natürlich auch Crystal Gayles Lied „Don’t You Make My Brown Eyes Blue”. Ich sage euch, wenn Barry das Lied singt, kann Crystal Gayles mir gestohlen bleiben. 

Steve Perry, hat ein Faible für englische Gassenhauer. Ein solcher ist das Juxlied „Three Jolly Coachmen“ – wunderbar mit Kommentaren nach jeder Strophe wie „hear, hear“ „pity“ oder „no!“ in hochnäsigem Oberklassen-Britisch.

Jutta Mensing steuerte anlässlich der 200. Geburtstags (24. April 1819) des Dithmarscher Mundartdichters Klaus Grothe Gedicht von Grothe bei. Jutta sang das Gedicht nach der Melodie des amerikanischen Liedes „The Lakes Of Pontchartrain“ Jutta ist ein Phänomen. Es gibt nur wenige Sängerinnen, die sich einfach hinstellen und a capella mit klarer und intonationssicherer Stimme ein nicht einfaches Lied präsentieren. Bravo Jutta. Als Belohnung gibt es hier den Originaltext des Gedichtes:

Mien Vaderland
      
Dar ligt in’t Noorn en Ländeken deep,
     en Ländeken deep,
Un eensam liggt de Strand.
Dar blenkt de See, dar blenkert de Scheep,
     dar blenkert de Scheep,
Dat is mien Vaderland.

Ik seeg an Heben Wulken so blank,
     de Wulken so blank,
se kaamt ut’t blaue Haff,
Un öwer dat Ländeken trocken se lang,
     dar trocken se lang,
Un Regen druus heraf.

Nu blenkt wull de Dau op Wischen un Holt,
   op Wischen un Holt,
Un dufti steiht de Saat,
Un du liggst still, du Ländeken stolt,
   du Ländeken stolt,
In al dien Pracht un Staat. 

Schien nich de Fleier as Gold op’n Toorn,
   as Gold op’n Toorn,
Wenn avends de Beedklock summ?
Un öwer dat Feld blöh Hecken un Doorn,
   de Hecken un Doorn
Un de Marsch war wied un stumm

Denn glänz as Sülwer unendli dat Meer,
   unendli dat Meer,
Un flö un ebb heraf;
Un klingt dat deep as Klocken darher:
   As Klocken darher:
Höör to! Denn bruust dat Haff — 

Blendt de Wulken so, nu dat dämmri ward?
   nu dat dämmri ward?
Weer dat dat Haff, wat klung?
Och ne, den Toon in mien egen Hart,
   in mien egen Hart
Hett liesen de Wehmot sung’n.   

Hans Ihnen hat offenbar auch Gefallen am Folk Club gefunden und steuerte drei schöne Lieder bei. Am Klavier begleitete er sich zum Lied „Open Seasons On My Heart“ von Tim Mc Graw – herrlicher Country-Schmalz. Bei seiner Suche nach etwas Passendem zum Thema Feuerwerk ist Hans auf das Lied „Indoor Fireworks“ von Elvis Costello gestoßen. „Ich hätte nie gedacht, mal etwas von Elvis Costello zu singen“ kommentierte er schmunzelnd. Dafür hast du es aber fein gemacht, Hans, ist mein Kommentar. „No Borders“ von „The Mick Fleetwood Blues Band“ ist eine Entdeckung von Hans beim Stöbern in CDs, die er gebraucht für kleines Geld kaufen konnte. „The Only Passport Is My Heart“ lautet eine Zeile, die Hans aber auch uns überzeugte. Viel Applaus für Hans.

TaRo nennt sich das Duo bestehend aus Karolin (Gitarre und Gesang) und Katalin (Klarinette und Akkordeon). Karolin war bereits mit einer anderen Mitspielerin im September im Folk Club zu Gast. In der Kombination mit ihrer Begleitung am Blasinstrument bzw. Akkordeon ergab sich ein völlig neuer Sound. Die beiden zeigten temperamentvolle Spielfreude und eine wunderbare Interpretation z.B. bei „Autumn Leaves“, dem unsterblichen Jazzklassiker von Joseph Kosma. Beeindruckend Karolins kraftvolle Stimme. Karolins kernige Stimme war dann auch ein Glanzlicht beim Lied „Warum“ der deutschen Band Juli. Mir gefällt diese Version denn auch viel besser als die Originalfassung mit dem mädchenhaften Gesang von Eva Briegel. Zusätzlich konnte Katalin mit der Umrahmung des Stücks auf der Klarinette glänzen – von „Begleitung“ zu sprechen wäre wesentlich zu kurz gesprungen gewesen. Von den Dubliners bekannt ist das Lied „Spanish Lady“.  Katalin packte dafür das Akkordeon aus. Auch hier brauchten sich die beiden nicht hinter den irischen Profis zu verstecken. Auch hier ein großes Bravo für die beiden und tosenden Applaus.

Ja, liebe Folk-Club-Freunde, der Abend war wieder einmal ein wahres Feuerwerk auch ohne den ollen Terroristen aus London. Aber ohne einen geht es nun wirklich nicht, und das ist wie immer Jock Stewart, der den Abschluss des unterhaltsamen Abends bildete.

Auf Wiedersehen am 6. Dezember, wie alle Jahre zum Jahresende mit Simon Kempston aus Edinburgh in Schottland. Wir freuen uns bereits.