Ein Feuerwerk mit Raketen, aber auch leise brennenden Wunderkerzen
war der letzte Folkcklub des Jahres 2019. Natürlich nur im übertragenen Sinne der Musik, denn
offenes Feuer gab es nicht. Aber von spritziger Tanzmusik des Mississippi Deltas, über rhythmische Eigenkompositionen, Cello unterstützten tragenden Liedern bis hin zu alter deutscher Volksmusik – und natürlich dem Höhepunkt jeden Dezember folkclubs, dem Special Guest Simon Kempston mit instrumentalen und gesanglichen Kompositionen aus Schottland, zum Weltgeschehen und als Erzählungen vieler Begebenheiten seiner Tourneen durch die ganze Welt, war alles dabei.
Aber der Reihe nach:
Wie immer erklang der Eröffnngsruf des Masters John Harrison und schaffte Ruhe – auch wie immer für den eigenen Floorspot, der jeden Folkclub eröffnet. Seinem Hobbyberuf ehrend begann John mit dem „Night Watchman Blues“,von Big Bill Broonzy, unterstützt von Christoph Thiebes, bevor er mit „Albert MacTavish‘s Brand New Frigidaire“ das Thema des Abends einleitete. Together/ Apart – ja, die Geschichte des bespielten Kühlschranks handelt von dem engen Zusammenhalt eines Paares, der vorrübergehenden, einkaufsbedingten (Kühlschrank) Trennung und dem endgültigen Aus wegen der Besorgung des falschen Kühlschrankes. Besonders dramatisch dabei, das Stück ist ein Instrumental, so dass der Inhalt halt vor dem Lied von John erzählt werden
musste. Auch „Angel in Disguise“ von Jonathan Ole Wales Rogers ist ein Lied, das zum Thema passt. Der Abschied von einem verstorbenen Freund hat John zu der Komposition geführt. Die beiden letztgenannten Lieder wurden sehr stimmungsvoll von Eva Henneken an der
Violine begleitet.
Der Abend war vollgepackt mit vielen Künstlern aus fern und nah, weshalb es auch schnell weiterging.Wolfgang Schriefer, ein alter Folkclub-Kämpe, zeigte mit einer musikalischen Geschichte die Phasen der Liebe auf. Die Verliebtheit mit „Yes I Will“, die Arroganz mit „Never Mind I Find Someone Like You“, die Zeit der Trennung und des Flehens mit „Love Me“, der Selbsterkenntnis, etwas falsch gemacht zu haben mit „Why Do I“ und dem Happy End mit „Ich trag dich durch die schweren Zeiten“.
Daniel Bongart betrat nun die Bühne, jedoch nicht allein-Carola Heyden kam mit – doch auch sie nicht alleine, sondern mit ihrem Cello. Ein Duo was mit den tiefen und getragenen Cello-Tönen wunderbar die Kompositionen von Daniel unterstreicht und eine völlig neue Note in seine Musik bringt. Bewiesen, dass die beiden sehr gut harmonieren, haben sie mit den Stücken „As Long As You Sing“ einer Erinnerung an den genialen Musiker Richard Sebastian, „Angel“ und einem vertonten Kindergedicht der Cousine von Daniel „Richtig“. Ich hoffe wir hören die Beiden noch häufiger im Folkclub.
Rob Taylor betrat nun die Bühne und sang Lieder zu wunderschönen, teilweise sehr filigran gespielten Gitarrenbegleitungen. Mit dem „List Song“ leitete er zum Thema es Abends ein. Mit dem Lied über ein Scheidungskind „Two Rooms“ setzte er das Thema fort und bemerkte, dass eigentlich alle Lieder vom Zusammensein und/ oder Trennung handeln. Und dabei ist es immer eine Frage, ob jemand darüber verzweifelt oder sein Glück findet. „Happiness Is Deafening“ war deshalb sein Abschlusslied.
Viele Schritte zurück durften die Zuhörer nun mit Tom Kannmacher in der Geschichte der Musik gehen und eine Reihe von alten Volksliedern hören, die ihrem ursprünglichen Charakter eher erzählte Geschichte für damals noch selbstverständliche fernsehlose Abende waren. Mit „Es hat ein Bauer ein Töchterlein“ wurde die Schwierigkeit der Aufteilung von gemeinsamen Kindern nach einer Trennung besungen. „Das Weib vom jungen Marquis“ erzählt die auch immer wiederkehrende Geschichte, dass hochrangige Persönlichkeiten einfach nehmen, was sie haben wollen (in diesem Fall hat sich die Betroffene aber heftig gerächt) und „Ich will mich umschaun
nach Tint und Papier“ besingt das Aufschreiben eines Testamentes.
Nach diesem doch sehr ruhigen Teil mit einem hohen Anspruch an das Zuhören, wurde ein sanfter Übergang in die flottere Musik der Neuzeit durch den special Guest Simon Kempston angestimmt.Simons Lieder sind in der Regel ruhig gehaltene Meldodien mit sehr poetischen Texten, auf eine Art gespielt, die nicht nur einmalig und somit sofort erkennbar ist, sondern auch einen Rhythmus beinhaltet, der gepaart mit den musikalischen Überraschngen einfach zum konzentrierten Zuhören zwingen. Ich will hier gar nicht die Inalte der einzelnen Lieder wiedergeben – diese herauszufinden sei jedem als Aufgabe mitgegeben, denn Simon kommt nicht nur jedes Jahr im Dezember in den Folkclub, sondern er bringt auch jedes Jahr eine neue CD mit, die gekauft, gehört und bewundert werden will. Dieses Jahr hatte er eine gerade zwei Tage alte CD im Gepäck, aus der er auch einige Lieder vorstellte. Insgesamt (und hier nehme ich auch Bezug auf den zweten Teil seines Gigs) brachte uns Simon die Lieder „Three Times A Fool“, „The Scottish Are Not British“ (einem Verweis, dass Schottland nicht aus der EU will), „He Remembers You“, „The Resolution Torn Asunder“, „Sweet Releases“, „I Would Not Take This Chance Again“, „Broken Before“, „Vacillation In Perpetuity“, „Quick Love“ und „Belfast Night“. Wie jeder bemerkt, eigentlich schon ein vollwertiges Programm für einen ganzen Abend. Der Folkclub ist stolz solch einen Verehrer zu haben und verehrt deshalb auch gerne diesen Künstler.
Sanft aber bestimmt holte Barry L Roshto in seiner geübten
Art das Publikum aus der Pause. Er setzte sich ans Klavier, fing an zu spielen
und Mensch für Mensch wurde aufmerksam, wuhig und erwartungsvoll. Dann kam auch
Ruth hinzu, und beide gaben gekonnte Interpretationen der Stücke „OI 55“
von Tom Waits, „Falling Slowly“ von Glen Hansard und „You Make Me
Feel Like A Natural Woman“ von Aretha Franklin zum Besten – gerade auch
beim letztgenannten Stück mit Showeinlage, wenn Barry die Textzeile You Make Me
Feel Like A Natural Woman sang. Natürlich musste hier eine Zugabe her, die auch
mit „Time, Time, Time“ von Tom Waits gegeben wurde.
Wie üblich gab es auch einge Ankündigungen zu weiteren musikalischen Veranstaltungen, und Steve Perry sang ein Lied aus Brasilien "Cuitelinho" (Kolibri) aus der Genre der "musica caipra" nach der Landbevölkerung Central Brasiliens genannt.
Nun war aber Schluss mit getragener Musik, denn Uwe Gillert hat sich über einen Aufruf im Folkclub Musik Komplizen verschafft, mit denen er in der Besetzung Gitarre, Cajon, Kontrabass und Zither rhythmisch starke Musik macht. Die Eigenkompositionen „Natur“, „Ich hab keine Zeit“ und „Lasst uns leben“ brachten Stimmung und Schwung in den Abend. Leider setzen sich bei der gewaltigen Instrumentierung die Stimmen nicht ausreichend durch, so dass die Texte nur sehr schwer zu verstehen sind.
Sprach ich eben von Stimmung? Nachdem die ersten Geigentöne von Johannes Epremian, die ersten Cajun Harmonika Akkorde von Yves Gueit und die ersten Gitarren Akkorde von Steve Crawford erklungen waren, hielt niemand mehr im Raum die Füße still. Es wippten Füße,
es wackelten Köpfe und es tippten Fingerspitzen auf Tische. Le Clou riss die Zuhörer aus der Vorweihnachtszeit in die Lebenslust (trotz allen Elends) des Mississippi Deltas. Mit „Travallier c‘est trop dur“, „Printemps cardiens“, „La robe à tante Dolly“ und der Zugabe „Deux flutes“ machten sie Appetit auf mehr in weiteren Folkclubs.
Den zweiten Teil des Gigs von Simon habe ich schon erwähnt. Somit bleibt mir nur noch zu bestätigen, dass auch diesmal wieder Jock Stewart von allen Musikern und dem Publikum gemeinsam gesungen den Abschluss machte. Nach dem Folkclub ist vor dem Folkclub – deshalb merkt euch den Termin 3. Januar 2020. Out of the bedroom und rein in den Folkclub
Mario