Dienstag, 14. Juni 2011

Detlefs Bericht von
FC 16 - 3. Juni 2011

Folk Club in Juni – die Erfolgsstory geht weiter

von Detlef Stachetzki

Weder schönes Wetter, noch langes Himmelfahrts-Brücken-Wochenende, noch zu allem Überfluss ein Qualifikationsspiel für die Fußball EM schaffen es, die Musikbegeisterten vom Besuch des Graurheindorfer Folk Club abzuhalten. Die Wahrscheinlichkeit, einen super Abend zu verleben, ist beim Folk Club sowieso um ein Vielfaches höher als beim Fußball.

Auch der General-Anzeiger hatte sich eingefunden, um die nötigen Informationen für einen schönen Bericht einzuholen, der am darauf folgenden Montag veröffentlicht wurde. Wer allerdings dafür verantwortlich war, dass in der Zeitung über 140 Gäste berichtet wurde, die der Folk Club schon gehabt haben soll, ließ sich nicht mehr herausfinden. Bei allem Respekt für den Erfolg, aber mit einer solchen Zuschauerzahl wäre der Saal des Schützenhauses denn doch etwas überfordert. Rund 100 Gäste sind es im Winter allerdings schon mehrmals gewesen. Aber auch mit rund 70 Zuschauern ist die Atmosphäre prima und haben die guten Geister der Schützenhaus-Wirtin Angelika Bürfent noch Chancen, Getränke und Speisen zu servieren.

Noch ein Wort zur Bewirtung: Ein dickes Lob für die kleine, aber feine Folk Club-Spezialkarte – und alles auch zu Graurheindorf-typischen moderaten Preisen. Schon allein deswegen lohnt es sich, am Folk Club Abend vorbeizuschauen. Alle Befragten waren begeistert. Wir sind schon gespannt, was sich Angies Küchenteam für die Juli-Session ausdenkt – mmmmh! Schaut rechtzeitig vorher in den Blog – wir werden die Köstlichkeiten ankündigen.

Jetzt aber zum Eigentlichen, der Musik!

John Harrison machte den Warm up mit einem a cappella gesungenen Lied vom Hunting Dog namens Bellman, zu dem das Publikum das Bellen und Heulen beisteuern durfte und es auch mit Begeisterung tat (Wau!).

Weiter ging’s mit zwei junge Talenten, die uns sicher noch oft beglücken werden. Jenny am Klavier und Ana an der Gitarre spielten „My Boy Builds Coffins“ von Florence and the Machine und „Nicest Thing“ von Kate Nash. Jenny begeisterte dabei mit ihrer vollen, intonationssicheren und tragenden Stimme. Vom Papa geerbt hat sie nicht nur das Stimmvolumen sondern auch den Groove, der zu den Liedern gut passte. Und auch Ana meisterte die Begleitung der nicht einfachen Stücke mit Bravour. Da haben wir bestimmt noch viel Schönes zu erwarten. Unser Haus und Hof-Harmonikaspieler Paolo Pacifico war davon ebenfalls so angetan, dass es ihn nicht mehr auf dem Sitz hielt und er das dritte Lied „You Can’t Always Get What You Want“ von den Stones aus dem Stand begleitete.

Weitere gute, alte Bekannte garantierten für Qualität: Das waren Lothar Heinrich und Gabi Tieboka, die die Bühne übernahmen und „Everybody Knows“ von O.V. Wright und das Traditional „Wayfaring Stranger“ (von Johnny Cash arrangiert) mit viel Gefühl und Enthusiasmus spielten und sangen.

Ohne Ablenkung durch die Gitarre konnte Lothar danach seiner schönen Stimme freie Fahrt beim immer wieder gern gehörten Blues „Stormy Monday“ von T-Bone Walker geben, den er zusammen mit Master John sang, der dazu die Gitarrenbegleitung beisteuerte. Paolo übernahm wieder die Harmonikagarnierung, und man kann es gar nicht oft genug wiederholen: Er ist ein Knüller.

Gabi Tieboka zusammen mit ihrer Partnerin Sabine Hellmann („Proud Merries“) erfreuten uns danach mit zwei Liedern. Eines davon handelte von der Lieblingsinsel - Welche ist nur gemeint?

Nach viel Gesang, Gitarre, Mundharmonika und Klavier nahm danach als erster Höhepunkt des Abends Julia Darwigs Saxophon-Quartett Aufstellung – und los ging’s mit einem Sound, bei dem Vielen die Spucke wegblieb. „Swing Shift“ von Lennie Niehaus, „Blue Monk“ von Thelonious Monk, „Ulla in Afrika“ von Heiner Wiberny und „Mecki Messer“ (aka „Mack the Knife“) aus der Dreigroschenoper von Kurt Weill machten so richtig Appetit auf mehr. Die Professionalität der vier Jugendlichen war atemberaubend. So etwas schreit nach Wiederholung.

Nach der Pause kam Co-Master Barry Roshtos große Stunde. Zunächst zelebrierte er (Klavier und Gesang) zusammen mit Julia Darwig am Altsaxophon Gerry Raffertys „Baker Street“. Bei Julias Soloparts konnte man richtig schön den wohligen Schauer den Rücken runterrauschen lassen. Anschließend gab es eine musikalische Hommage an die Töchter im Teenageralter (Barry und John haben da ganz aktuell einschlägige Erfahrungen), die Herausforderung und Bereicherung zugleich sind. John gab zum Lied „Teenage Daughters“ („They’re beautiful, wild and free, Everything we wish we could be, But they’re still crazy, Oh you know, they make us crazy“) von Martina McBride seinen Beitrag auf der Mundharmonika. Als ob das noch nicht genug wäre, setzte Barry mit „Father and Son“ von Cat Stevens noch einen drauf und machte das Gefühlsfass ganz weit auf. Hier gab es zudem die erste Kostprobe von Shawn Spicers Können, der Barry mit unnachahmlichem Sound und großem Einfühlungsvermögen auf dem Sopransaxophon begleitete.

Mit Saxophonen ging es weiter, und zwar mit drei von Shawns Schülern aus der Bonner Musikschule Georg, Luc und Anton. Die drei zusammen mit Shawn am Sopransaxophon begeisterten als „Sax Attack“ mit dem Stück „Suite Hellenique“ des spanischen Saxophonisten und Komponisten Pedro Iturralde. Das viersätzige Stück bildet eine Verschmelzung von Jazz, Klassik und Folk. Immerhin lauten die Bezeichnungen der mittleren beiden Sätze „Funky“ und „Valse“, recht ungewöhnlich für ein Stück, das Griechenland zum Thema hat (erster Satz: „Kalamatianos“, letzter Satz: „Kritis“). Zwischendrin gab es noch eine kleine Lektion in Instrumentenpflege, als plötzlich bemerkt wurde, dass der Sound eines der Saxophone etwas schepperte. Shawn hatte die Ursache schnell gefunden: Ein Wischer war im Rohr stecken geblieben, der mit technischer Unterstützung der Schützenhaus-Besatzung aus dem Instrument herausgefischt werden konnte.

Nach der griechischen Suite gab es eine von den meisten unbemerkt gebliebene kleine Verlegenheit, als klar wurde, dass „Sax Attack“ sich mit „Ulla in Afrika“ das gleiche Stück ausgesucht hatten wie die Vorgängergruppe. So wurde schnell aus der Not eine Tugend, und alle sieben (zusammen mit Shawn eigentlich acht) Saxpohone spielten das tolle Stück noch mal, diesmal mit Bigband-ähnlichem Volumen.

Nach so viel Klangvolumen brauchten alle wieder etwas Ruhigeres, und das gab es mit einer kleinen Gesangseinlage von Ingrid Stachetzki, am Klavier begleitet von Günther Peters. Günther hatte das Lied „Hab oft im Kreise der Lieben“ von Adelbert (ja, Adelbert, nicht Adalbert) von Chamisso in der Vertonung von Friedrich Silcher mitgebracht, und Ingrid sang es aus dem Stand. Eine nette Abwechslung, von der wir gern mehr hören würden.

Nach ein paar Güntherschen Klavierimprovisationen übernahmen John Harrison und Paolo Pacifico die Bühne und zogen mit „Come On Into My Kitchen“ von Robert Johnson so richtig bluesmäßig vom Leder – ein Genuss, der noch gesteigert wurde durch den Spiritual „Motherless Child“ mit ansatzloser Überleitung in das der Jahreszeit gemäße „Summertime“ von George Gershwin.

Als weiterer spontaner Musiker trat dann Daniel Mennicken auf. Daniel war für den verhinderten Mario Dompke eingegesprungen. Selbst begleitet auf der Gitarre sang er „Well, Well, Well“ von Bob Dylan,“ Power of the Gospel“ von Ben Harper, „Island“ von Trent Willmon und „Before Love Came in Town“ von BB King. Auch bei diesen Stücken hielt es Paolo nicht auf dem Stuhl, und er lieferte eine geniale Mundharmonikabegleitung.

Bemerkenswert waren vor allem die leisen Stücke wie „Power of the Gospel“ und „Island“, bei denen zum brillanten Gitarrenspiel auch Daniels schöne intonationssichere Stimme ganz besonders zur Geltung kam und das Publikum so still wurde, dass man die berühmte Stecknadel hätte fallen hören können.

Den Schlusspunkt setzte diesmal nicht „Jock Stewart“ sondern ein „Blues in A“ gespielt von Barry am Klavier, John und Paolo mit Mundharmonikas („Mississippi Saxophones“), Daniel an der Gitarre, Lothar mit Gesang und Andreas Gruner, der verspätet eintraf, mit unkonventioneller Saxophonbegleitung.

Es war ein Abend proppenvoll mit toller Musik und mit Gästen (und Veranstaltern), angefüllt mit Glückshormonen, die sich auf die nächsten Sessions freuen.

Auf Wiedersehen am 1. Juli im Schützenhaus in Graurheindorf!

Detlef

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