Folk Club Nr. 109 im Januar 2020 – Winter!
Ja, Winter – schön wär’s! Dieses Jahr ist der Winter ein
grauer Frühling, Schnee und Eis gibt es nicht oder kaum, und die Mücken tanzen
auf der Terrasse. Tolle Aussichten für die warme Jahreszeit. Das einzig Gute:
Die Heizungsrechnung bleibt einigermaßen niedrig. Aber das Motto des Abends war
gewählt, und somit gab es natürlich auch das eine oder andere Lied zu hören,
das sich mit dieser Jahreszeit befasste.
Den Anfang machte wie immer unser Impresario John Harrison mit den Aufwärmliedern,
diesmal zusammen mit Co-Nachtwächter Christoph
Thiebes, der den Mundharmonikapart beisteuerte. „The Snow They Melt The
Soonest“ ist ein melancholisches Liebeslied aus der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts und stammt aus Northumberland, einer Grafschaft im Nordosten Englands
an der schottischen Grenze – wunderbar passend zum Thema des Abends.
„Nobody Knows You, When You‘re Down And Out” ist rund
einhundert Jahre jünger und hat eigentlich nichts mit dem Winter zu tun, aber
bei dem Text des klassischen Blues kann man schon frösteln. Johns Kommentar
war: „Man sagt, dass jeder, statistisch gesehen, über sechs Ecken mit dem
Präsidenten (vielleicht auch dem amerikanischen) verbunden ist (Ich kenne
einen, der einen kennt, der einen …), aber ebenso ist man möglicherweise auch
über sechs Ecken mit dem armen Penner im U-Bahn-Schacht verbunden. Auch im Lied
„Silver City” von Mance Lipscomb geht es um das Leben der Leute am hinteren
Ende der Wohlstandshierarchie. John mit seiner Resonator-Gitarre und Christoph
an der Mundharmonika gaben dem Lied den richtigen Sound und ernteten viel
Applaus.
Martha aus New York beglückte uns auf der Geige mit einer schönen, leicht traurigen Melodie, die ihrer Aussage zufolge auch als Filmmusik gedient habe. Sie konnte uns aber leider weder den Titel des Films noch der Melodie nennen – schade. Die Melodie gefiel aber allen, und wir hoffen, Martha bald wieder zu Gast zu haben.
Diesmal mit einem Gedicht wartete Wolfgang Schriefer auf. „Die Geburt“ von Robert Gernhardt sorgte
mit dem unerwarteten und bizarren Ende (Die Geburt des Teufels) für Lachen,
aber bei Einigen auch für Betretenheit.
Nicht nur für musikalisches sondern auch für optisches
Spektakel stehen „Lavender Blue“:
Mit drei imposanten Harfen, Hackbrett, Kontrabass und Cajon sorgten fünf Damen
und ein Herr vom Start weg für Furore: Gaby
Engel, Elena Landeck, Iris Maxstadt, Katrin Hahn, Sandra
Wierscher und Tom Meyer
starteten mit dem Instrumental „Julia Delaney“. Bei „Cruel Sisters“ gab es
stimmliche Unterstützung von Gabys Tochter und Gabys Mann, Eva und Günter. Eva
Engel sang das verwunschene Lied über die beiden Schwestern, deren eine die
andere eines Mannes wegen umbrachte, mit ihrer fantastischen Altstimme so
eindringlich, dass der buchstäbliche Schauer den Rücken hinunterlief.
„Winterträumerei“ war wieder ein Instrumental, bei dem die wundervolle
Klangfülle der Harfen für Gänsehaut sorgte. Beim „Glasgow Reel“ durfte Katrin
auf dem Hackbrett mit einem Solo glänzen. Das Publikum entließ die Truppe nicht
ohne eine Zugabe: Bei „Deck The Halls“ nahm das Publikum die Einladung zum
Mitsingen gern an. Die erste Strophe sang Steve
Perry in walisischer Sprache. Nun, nach alten Brauch geht die
Weihnachtszeit ja erst an Mariä Lichtmess, also am 2. Februar, zu Ende. Daher passte
das Lied wunderbar in die Jahreszeit und zum Thema. Das Publikum war
begeistert. Bravo, Lavender Blue, bravo Eva, Günter und Steve! Bitte beglückt
uns wieder im nächsten Jahr.
John Hay, der
getreue Gefolgsmann des Folk Clubs, hatte ein eigenes, bezauberndes Lied mit
dem Titel „A Winter Song“ mitgebracht, das eine kleine Hommage an den Folk Club
enthielt. Die Fusion der Kulturen beschwor er mit dem „Buddhist Flamenco Song“,
einem herrlichen Spaß. Vielen Dank John, für deine schönen Lieder, deinen
wunderbaren Gesang und dein gekonntes Gitarrenspiel.
Das erste Mal im Folk Club präsentierte sich Nikola Novakovic, und das mit drei
eigenen Liedern: „Not Minding That It Hurts“, „Rocky Roads To Love“ und „Canadian
Skies“ lauteten die Titel. Nikolas beeindruckende, voluminöse und sehr variable
Stimme und sein variantenreiches und virtuoses Gitarrenspiel verzückten das
Publikum. Hoffentlich ist Nikolas Auftritt nicht sein letzter im Folk Club.
Nach der Pause aktivierte Steve Perry das Publikum mit einem a capella gesungenen Dreikönigslied
aus Spanien „La viene la vieja“. Das Lied handelt von der spanischen Sitte,
Weihnachtsgeschenke (aguinaldo) am Dreikönigstag zu verteilen.
Günter Peters,
ebenfalls ein Folk Club Aktivist der ersten Stunde versammelte die „Oldietruppe aus Kessenich“ um sich, um
ein paar bekannte Winterlieder zu seiner Begleitung am Klavier zu singen. Das
Publikum war herzlich eingeladen, „Schneeflöckchen, weiß Röckchen“ „Winter
Wonderland“ und den „Schneewalzer“ mitzusingen.
Karin Schüler,
die für die Instrumentalbegleitung diesmal Thomas
Neuhalfen mitgebracht hatte, nahm uns auf eine musikalische „Winterreise“ durch
verschiedene Länder und Kontinente mit. Mit Frankreich und einem Lied, das
ursprünglich von Edith Piaf bekannt gemacht wurde, startete die Reise. Auf
„Dans ma rue“ folgte ein brasilianischer Bossa Nova mit dem Titel „No More
Blues“ von Antonio Jobim („Chega de saudade“ lautet der Originaltitel auf
Portugiesisch). Weiter ging’s zurück nach Deutschland mit Reinhard Meys
bezauberndem Lied „Ich glaub‘ es war ein gutes Jahr“. Neben Karins einfühlsamer
stimmlicher Interpretation der bekannten Lieder beeindruckte auch Thomas‘
Virtuosität auf der Gitarre. Thomas ist im Folk Club eigentlich eher als
Bassist (Kontrabass) bekannt. Den Abschluss ihres Sets machten die beiden mit
einem von Thomas selbst geschriebenen Lied mit dem Titel „Winter Song“, der gut
zur aktuellen Situation passte: zu warm, die Vögel singen und statt
Schneeflocken prasselt der Regen hernieder, eigentlich eher ein lausiger
Frühling – Bravo Karin und Thomas für eure Beiträge.
Hans Ihnen, der
mittlerweile zum festen Inventar des Folk Clubs zu gehören scheint, ist der
Mann für d a s Graben nach Schätzen, die irgendwo in d e m
Graben gelandet sind. Dazu gehört das Lied „Making Other Plans“ von der Mick
Fleetwood Band. Die Band wurde 2008 von Mick Fleetwood, dem ehemaligen
Schlagzeuger der legendären Band Fleetwood Mac ins Leben gerufen. Hans
begleitete sich bei dem Lied selbst am Klavier. Mit Gitarrenbegleitung ging’s
dann weiter mit einem Lied von „The Head And The Heart“ mit dem Titel „Winter
Song“. Den Titel hatten wir zwar vorhin schon einmal, aber mit einem anderen
Lied dahinter. Das von Hans gewählte zarte Lied drückt Bedauern über den
Abschied vom Sommer aus. Ein weiteres Mal lautete der Titel „Winter Song“. Diesmal
handelte es sich aber um ein Werk von John Denver, ein schwungvoller Country
Song, der den wahren, kalten Winter mit viel Schnee, Kaminfeuer und dem Warten
auf die wiederkehrende Sommersonne besingt – Viel Applaus für Hans.
Zum Abschluss des Abends beglückten uns 2Sunny alias Tatjana Schwarz
und Ralf Haupts mir drei
unsterblichen Chansons von Hildegard Knef. Tatjanas Stimme scheint wie dafür
geschaffen zu sein, die Lieder der großen Altistinnen der Unterhaltungsmusik zu
singen. „Ich bin zu müde, um Schlafen zu gehen“, „Du bist mein Salz in der
Suppe“ und „In dieser Stadt“ lauteten die Titel der Lieder, und das Publikum
wurde ganz still, um ja keine Nuance von Tatjanas und Ralfs Interpretationen zu
verpassen. Großartige Musik zum Abschluss des Abends und großer Dank an die
Beiden für ihren Beitrag.
Abschluss des Abends? Natürlich nur fast, denn den Abschluss
bildete, wie fast immer, das gemeinsam gesungene Lied vom ollen Schotten Jock
Stewart („I’m A Man You Don’t Meet Every Day“). Damit ging wieder ein Abend mit
einer gehörigen Produktion an Glückshormonen zu Ende. Euer Hofberichterstatter
ist schon ein wenig besorgt, dass hier womöglich noch das Betäubungsmittelgesetz
zur Anwendung kommt.
Auf Wiedersehen beim nächsten Folk Club am 7. Februar 2020. Dies
ist ein Jubiläums-Folk-Club, denn vor zehn Jahren, am 5. Februar 2010 startete
der Folk Club mit seinem ersten Abend in eine damals noch ungewisse Zukunft. Wie
sich die Veranstaltung entwickelt hat, kann man nur mit dem Wort „phänomenal“
umschreiben. Als besondere Gäste des Abends erwarten wir die Four Fiddlers aus Hückeswagen. Zudem
hat sich eine Vertreterin des Kulturamtes der Stadt Bonn angesagt, um den Folk
Club zu würdigen.
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