Flirten, so das Thema des März FCB – doch was ist flirten? Fast jede(r) kann es, doch nicht jeder weiß es richtig einzuschätzen – deshalb ein wissenschaftlicher Exkurs (ich zitiere die Quellen, damit mir nicht irgendwann der Titel des stellvertretenden Club Chronisten aberkannt wird – obwohl? Wäre weniger Arbeit, also Nachfolger: Ihr seid herzlichst aufgefordert mich zu entmachten und selbst schreibend tätig zu werden :-)
Ein Flirt [flœːɐ̯t] (deutsch Liebelei)[1] ist eine erotisch konnotierte Annäherung zwischen Personen. Dabei wird ein unverbindlicher Kontakt hergestellt. (Quelle: https://de.wikipeedia.org/wiki/Flirt) (schau dir das doch noch einmal an)
Beim Flirten kommen sich Menschen einander näher – manchmal nur flüchtig und für einen kurzen Augenblick, manchmal aber auch länger und intensiver. Dabei können zum Flirten ganz unterschiedliche Wege genutzt werden – zum Beispiel Blicke, Gesten, ein kurzes Gespräch oder ein Haufen Komplimente. (Quelle: https://www.liebesleben.de/fuer-alle/sexualitaet/flirten/).
Im Gegensatz zum Balzen ist flirten meist eine leise Angelegenheit, trotzdem hielt John Harrison, unser FCB Master of ceremony, die Tradition aufrecht und rief mit lautstarker Stimme und dem Satz „Laaaadiiieees and Gentlemeeeen……..“ das Publikum zur Ruhe und eröffnete auch sogleich den Reigen thematisch korrekt mit dem Gedicht „Flirt between H and W“, welches über die Bedeutungsänderung von Worten erzählt, wenn ein einsames H sich mit einem W verbindet (hence = daher; whence = woher). Das gesamte Gedicht ist weiter unten hier auf dem Blog zu lesen. Als nächstes erzählte John musikalisch – begleitet von Christoph Thiebes auf der Mundharmonika – eine Geschichte seiner zwei Freunde aus Jugendzeiten. Geoffrey (das Lied heißt „Song for Geoffrey “) hatte zu Frauen nur „platonische Verhältnisse“ und sein Freund versuchte in einem Lied zu erklären,warum dies so war – das Lied wurde in einer Folk Club Aufführung in Nordengland von Methodisten sehr falsch verstanden, weshalb John Harrison eben dort „verbannt“ wurde. Also, ich fand es gut – das Lied.
Als musikalischen Abschluss brachte John dem Publikum das Lied „Beeswing“ zum Besten. Ein Lied, welches von einer Unzahl von Musikern interpretiert wurde, es erzählt halt von dem immerwährenden Thema einer Liebe, die am Anfang tief und gründlich ist und dann in gefühlte Langeweile übergeht. Ein Partner bricht aus (hier die Frau) und erobert die Welt neu – mit allem, was dazu gehört.
Wie immer lebt der Folk Club Bonn von seiner Vielfältigkeit und deshalb kann es hier nicht zu Langeweile kommen. So veränderte sich auch schnell die musikalische Stilrichtung mit dem Auftritt der Gruppe Hans im Groove. Robert Fontani, Silke Zenzen, Michael Berhausen und eben jener namengebende Hans Firessem kamen multiinstrumental und -musikalisch daher und erfreuten das Publikum mit teils rockig, teils sanft und teils kabarettistisch dargebrachten Stücken. „Motorcycle Mama“ kennt wohl ein jeder – die Interpretation von Hans im Groove ist allerdings einzigartig. Wechselnd von männlicher zu weiblicher Stimme wurden alle Möglichkeiten der Stimmführung ausgenutzt, von melodiös bis rockig schreiend – aber immer intonationssicher. Die Quetsche vor dem Bauch, doch weiterhin stimmgewaltig sang Silke nun in dem Lied „Litte Wing“ von unterschiedlichen Vorstellungen eines Liebespaars zur Eroberung der Welt (komisch, war das bei Beeswing nicht ähnlich?). Und wieder war es die Frau, die aus dem Einerlei ausbrechen wollte und sich auf Schwingen in ihre Träume erhob und imaginäre Feen, Kobolde und andere Traumgestalten trifft. Nun folgte ein Lied über den gruppennamengebenden Hans, welcher sich als „Der Saunaboy von LSE“ eben dort so richtig austobt, bevor er wieder in die Obhut der Mutter nach Hause geht – gut, wenn das Taschengeld reicht :-). Ein echt witziges und Stimmung schaffendes Lied. Hoffentlich beehrt die Gruppe den Folk Club bald wieder.
Nicht zum ersten Mal, doch immer wieder gerne gesehen kam nun der Vollblutmusiker Winfried Bode mit 59 Bühnenjahren auf eben Selbige. Wie von einem Profi zu erwarten, hatte er natürlich auch dem Thema entsprechende Musik im Gepäck. Mit dem Joe-Dassin-Lied „Champs Élysées“ traf er nicht nur das Thema, sondern packte auch das Publikum, und so gab es einen großen Folk-Club-Chor – immerhin waren etwa 90 Personen anwesend. Winfried zeigte nun, dass er nicht nur ein hervorragender Interpret anderer Lieder und ein Animator ist, sondern auch ein verträumter Komponist und Texter sein kann. Mit „Ernte 2006“ brachte er ein ruhiges, Stimmung malendes Lied aus eigener Feder dar. Aber dann ging die Post wieder ab (ausnahmsweise ganz ohne Streik, der war ja wieder bei dem ÖPNV). „Pretty Woman“ wer kennt es nicht, und wer kann es nicht mitsingen? Einziger Wermutstropfen: Julia war nicht anwesend:-).
Nun wurde es wieder überwiegend instrumental. Bonn Choro waren wieder da. Es sah ein bisschen kleiner aus, als beim letzten Mal, was aber nur daran lag, dass diesmal der Kontrabass einem Akustikbass gewichen war, welcher den Spieler nicht überragte – überragend gespielt wurde er trotzdem. Aber Schritt für Schritt oder in diesem Fall besser Rhythmus für Rhythmus, denn rhythmisch treibend ist diese Musik immer. Da sie instrumental dargeboten wurde, lässt sich die Geschichte, die dahintersteht, schwer erzählen. Diese muss gehört werden, und so empfehle ich bei weiteren Konzerten, im Internet oder von anderen tontragenden Elementen sich die Lieder „Acariciando“ und „Bole-Bole“ unbedingt noch einmal anzuhören. Natürlich auch das letzte dargebrachte Stück “ Feira de Mangaio“ – doch sei dieses gesondert genannt, da es sich um ein Lied mit Text handelt, welcher mit einer unglaublich schönen Stimme von Katrin Kayser dargebracht wurde. Fast unaussprechlich der Titel handelt es dort sehr bodenständig vom Treiben auf einem Markt – nun, dort kommen sich bestimmt der eine oder die andere etwas näher, und es entwickelt sich auch mal ein Flirt – natürlich unverbindlich.
Immer, wenn ein Höhepunkt vorüber ist, denkt man, dass es nicht schöner werden kann. Doch jedes Mal ist man überrascht, wenn sich der nächste Höhepunkt ankündigt. Ist es doch eigentlich das Gleiche, so unterscheidet er sich plötzlich so wesentlich, dass keine Aussage mehr über schöner, noch schöner oder so getroffen werden kann. Eben noch auf der Straße, eroberten Butterfly Moon die Bühne des Folk Clubs. Als sogenannter Walk-in sind sie gekommen. Gareth Price-Baghurst und Ashleigh (Ash) Edwards, ein britisches Schauspielerpaar ist auf Europareise gegangen, um zu sehen, wie ihre Kunst als Straßenmusik ankommt. Und dies klappt so gut, dass sie in Bonn angesprochen von einer kurzhaarigen Monika wurden, doch mal beim Folk Club vorbeizuschauen (Monika, wir wollen uns bei dir bedanken, bitte melde dich:-) ). Das haben sie getan und einen fulminanten Erfolg feiern dürfen. Mit guter, präziser und passender Gitarrenbegleitung boten sich zwei Stimmen dar, die bewiesen – eine Folk Club Bühne könnte ruhig noch zehnmal so groß sein und bräuchte trotzdem keine Verstärkung. Die unverfälschte Frische und die tiefe Fülle der stimmlichen Aussage kann durch eine Verstärkung nicht besser werden. Ihr merkt schon – auch beim Schreiben bin ich wieder voll von der Darbietung gefangen – ich gebe es zu, ich habe es auch einfach, da ich die Aufnahmen des Abends zur Verfügung habe. Mit den Stücken “Northern Light“, „Shine Your Light“ und „Intertwine“ haben sie sicher nicht nur mein Herz erobert. Und, was fast noch besser ist, sie versprachen wieder zu kommen.
Nun kam Sam Robb auf die Bühne. Sam hat bereits den Abend vorher im Kater 26 ein wunderbares Konzert gegeben. Trotzdem war es für ihn nicht einfach, nach diesen multiplen Höhepunkten des Abends als Hauptgast des Folkclubs sich zu beweisen. Doch, um es vorweg zu sagen, es ist ihm gelungen. Ja er hat bewiesen, dass genau das Konzept des Folk Clubs – die Vielseitigkeit – gut umgesetzt werden kann. Sam ist ein Musiker der ohne große Aufregung seine Lieder präsentiert. Mit jedem Ton kann die Nähe zu einem Bob Dylan gespürt werden, ohne, dass dieser nachgemacht wird. Mit einem eigenen Stil interpretiert Sam eigene Lieder und covert andere auf seine ganz spezielle Art. Mit dem Song „I know I Left You“ fing Sam an und zeigte dem Publikum den Weg, den er eingeschlagen hat. Strumming Gitarre mit Melodie und Picking Einlagen, Gesang dem Stil angepasst mit überschaubarem Stimmumfang, aber intonationssicher – so präsentiert er sich auch in seinem eigenen Song „ Starting A Revoultion From My Bedroom“. Danach machte er sich auf den Weg zum Boss. Mit „The River“ von Bruce Springsteen wagte sich Sam an die ganz Großen und zeigte, dass er genau dazu auch in der Lage ist. Gitarre, Mundharmonika und Gesang – alles zusammen in den richtigen Ausdruck verpackt – so soll es sein .Sam kam in der zweiten Hälfte des Folk Clubs wieder, und ich erlaube mir die Berichterstattung hierzu vorzuziehen. Mit „Fill Up My Heart“ griff er das Thema Flirt des Abends auf und beschrieb – wie der Titel schon sagt – mit welchen Mitteln, Gedanken oder Handlungen ein Herz in Liebe angesprochen wird. Auf einer Indienreise beobachtete Sam an einem schönen, sonnigen Tag viele Drachenflieger in der Luft und ohne, dass er es provozierte, entstand durch diese Beobachtung in seinen Gedanken ein Lied. „I Feel Like I Can Reach The Sky“ drückt das Glück aus, dass er bei dieser Beobachtung empfunden hat. Zurück in die Vergangenheit, die aber auch in der Gegenwart und Zukunft aktuell bleibt. Mit „Working Man Blues“ von Bob Dylan wird das Thema der hart arbeitenden Arbeiterschicht angesprochen, die trotzdem nie durch ihrer Hände Arbeit in einen gehoben Stand aufsteigen kann. Kleine Anekdote am Rand. Mit „Workingman’s Blues“ von Bob Dylan wird das Thema der hart arbeitenden Arbeiterschicht angesprochen, die trotzdem nie durch ihrer Hände Arbeit in einen gehoben Stand aufsteigen kann. Kleine Anekdote am Rand. Das Lied heißt eigentlich Workingman’s Blues Part II, weil Part I von Merle Haggard geschrieben wurde. Bob Dylan holte sich von diesem die Genehmigung ein, sein Lied ebenso zu nennen – unter der, nicht ganz ernsten Bedingung, dass Merle Haggard ein Lied schreiben durfte mit dem Titel „Blowing In The Wind Part II“. Applaus für Sam Robb, den wir sicher wiedersehen werden.
Nun aber wieder in der Reihenefolge der Auftritte. Die zweite Folk- Club- Hälfte eröffnete unser langjähriger Bekannter ELPI auch als Lothar Prünte bekannt. Lothar steht seit einigen Monaten auf der Künstlerliste, wurde jedoch immer wieder von den kleinen Monstern Virus und Baktus an einem Auftritt gehindert. Nun setzte er sich aber durch und beglückte uns trotz einer stimmlichen Unpässlichkeit mit seinen Interpretationen. Und die hatten es wie immer in sich. Mit „All right Now“ eröffnete er seinen Floor Spot und ihr könnt euch sicher denken, dass seine stimmliche Unpässlichkeit locker vom Publikum kompensiert wurde. Clever gemacht Lothar. „I’m Not In Love“ erzählt die Flirting Geschichte aus Pennälersicht. Ich liebe dich, ach nein doch nicht, oder vielleicht doch :-). Ok, hier zeigte sich, dass Lothars normale Stimme eine wesentlich bessere Ausdrucksweise vollbringen kann, aber ich finde es toll, sowohl dass, als auch wie Lothar sich aufgerafft hat und in den Folk Club gekommen ist. Mit dem Stück „I Love You“ der Climax Blues Band gab Lothar im wahrsten Sinn des Wortes sein Letztes – danach war er kaum noch fähig zu sprechen. Auch, weil dieses Stück weniger bekannt ist und somit die Last der Interpretation ausschließlich bei ihm lag. Sein Auftritt war toll, und ich freue mich schon auf das nächste Mal, wenn die Stimme wieder voll da ist – vielleicht mal wieder mit einer Tina-Tuner-Imitation???
Es wurde weiter gecovert – diesmal vierstimmig. Wie bereits der Name ausdrückt, interpretieren die 4Tunes (Manfred Weber, Martin Riedel, Jutta Frenken, Ulrike Warendorf ) ihre ausgewählten Stücke vierstimmig choral. Mit Gitarrenbegleitung wurden die Hauptmerkmale der Lieder in Solostimme dargebracht, um dann in Refrain oder Strophe in Mehrstimmigkeit überzugehen. Auf diese Weise wurde das Publikum mit mitsingfähigen bekannten Liedern animiert. „Lady In Black“, wer könnte hier nicht mitsingen. „Smooth Operator“ auch bei diesem Lied bedarf es kaum eines Kommentars. Und zum Abschluss dann noch „Forever Young“ ein Dylan-Song, der von so vielen Künstlern interpretiert wurde, dass sich die 4Tunes nun in eine illustre Reihe aufgenommen fühlen dürfen.
Thomas Monnerjahn – im Folk Club mit unterschiedlichen Stilen bekannt, von Klassik allein über Jazz-, Rag mit Werner Krotz-Vogel (die beiden haben sich im Folk Club kennengelernt) – kam heute mit einer Barbekanntschaft auf die Bühne (sind wir wieder beim Thema Flirt, aber soweit ich es verstanden habe, war diese Bekanntschaft nicht erotisch konnotiert, sondern musikalisch begründet – gilt das als Flirt?). Eric Linfoot ist genauso ein begeisterter Gypsy-Jazz-Gitarrist wie Thomas, und so taten sie sich zu unserer Freude zusammen. Mit den Stücken „Minor Swing“, „La Gitane“ und „Lulu Swing“ zeigten beide ihre Virtuositäten auf den Instrumenten. Mit abwechselnder rhythmischer Begleitung zu, teilweise in atemberaubender Geschwindigkeit gespielten, Soloparts begeisterten sie nicht nur mich, sondern jede und jeden Einzelne(n) im Saal. Und das bei einer menschlichen Bodenständigkeit, die im Künstlerumkreis ihresgleichen sucht – weitere Worte fehlen mir.
Ich weiß nicht, was mich geritten hat, nach diesen sich aneinanderreihenden Höhepunkten des Abends selbst noch auf die Bühne zu gehen – hatte ich es doch zu Beginn des Abends noch kategorisch abgelehnt. Aber da ich sehr glücklich darüber war, in Silke eine frühere Mitmusikerin wieder getroffen zu haben, wollte ich ihr doch kurz aufzeigen, wohin sich meine musikalischen Wurzeln gestreckt haben. Mit einer Annette (so nennt sich die Darbietung eines einzelnen Liedes im Folk Club), nämlich dem Lied „Augenblick der Liebe“ aus eigener Feder, griff ich das Thema des Abends auf und erntete sogar Höflichkeitsapplaus – da mir Ashleigh Edwards nach dem Konzert aber sagte, dass sie das Lied schön fand, will ich gerne glauben, dass es doch etwas mehr als Höflichkeit war.
Zum Schluss, wie immer, wurde noch dem Patron des Folk Clubs „Jock Stewart“ gehuldigt. Und alle MusikerInnen des Abends kamen mit ihrem oder ohne Instrument auf die Bühne, um gemeinsam mit dem Publikum sich in eine fröhliche und glückliche Ausklingstimmung zu versetzen.
Lest jetzt bitte auch noch diesen letzten Satz – der nächste Folk Club ist am 5. April, und da haben wir wieder einmal Simon Wahl zu Gast. Kommen ist also ein Muss, deshalb
out of the bedroom
Euer Mario